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VW: Volkert und Hartz brechen ihr Schweigen

Jahrelang waren sie die Säulen für das "System VW" - den engen Zusammenhalt von Betriebsrat, Gewerkschaft und Vorstand. Zehntausende Arbeitsplätze konnten sie mit innovativen Tarifmodellen gemeinsam retten.

Hannover (05.07.2005, 21:07 Uhr) - Jetzt werden sie im Strudel der Schmiergeldaffäre um den Ex-Skoda-Personalvorstand Helmuth Schuster auch gemeinsam mitgerissen. Der in der vorigen Woche überraschend zurückgetretene einflussreiche Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats, Klaus Volkert, und sein Partner in der Unternehmensspitze, Personalvorstand Peter Hartz meldeten sich am Dienstag nach tagelangem Schweigen erstmals zu Wort.

Zu ausufernd waren inzwischen offenbar die Spekulationen und Gerüchte um den Wolfsburger Autobauer geworden - und täglich wuchs die Gefahr eines immer größeren Imageschadens. Autoexperten wie Professor Ferdinand Dudenhoeffer von der Fachhochschule Gelsenkirchen nannten den internen Schaden am Dienstag bereits «unermesslich». Die Mitarbeiter seien tief enttäuscht.

Und obwohl die Belegschaft Volkert am vergangenen Donnerstag bei seiner Rücktrittserklärung auf der Betriebsversammlung noch mit anhaltendem Beifall für seinen Einsatz gedankt hatte, zeigten sich viele Anfang dieser Woche unzufrieden. Vor den Werkstoren in Wolfsburg kritisierten die Arbeiter jetzt die enge Verbindung zwischen Arbeitnehmervertretern und Unternehmensführung. Von «Schlipsträgern», die sich kaum noch unterscheiden, war die Rede.

Sehr schwer sind die Vorwürfe, die Hartz und den Vorstand treffen. Sie veranlassten ihn, sein Schweigen seit den Anti-Hartz-Demos im vergangenen Sommer zu brechen. «Ich weise die Verunglimpfungen aufs Schärfste zurück», sagte Hartz auf dpa-Anfrage. Die Vermutung, dass das Unternehmen Betriebsräte gekauft haben solle, sei «absurd». Niemand im Vorstand hätte solche Vorgänge gebilligt.

Die «Süddeutsche Zeitung» hatte unter Berufung auf Firmen-Insider berichtet, dass der Vorstand dem Betriebsrat über Jahre hinweg unter anderem teure Lustreisen genehmigt habe. Eigenbelege über Summen bis zu 30 000 Euro seien vom Vorstand abgesegnet worden. Auch Treffen mit Prostituierten seien finanziert worden. Im Gegenzug seien Betriebsräte oft bereit gewesen, auf Vorstandslinie zu argumentieren.

Mit dem Beginn der Affäre - den Beschuldigungen gegen Schuster, die schließlich Staatsanwälte auf den Plan gerufen und zu Ermittlungen wegen Betrug und Untreue geführt hatten, haben diese Vorwürfe nicht unmittelbar etwas zu tun. Hartz und Volkert aber kannten Schuster gut, arbeiteten in den 90er Jahren eng mit ihm zusammen.

Und als die Spekulationen immer weitere Kreise schlugen, meldete sich auch Volkert zu Wort. Bestürzt äußerte er sich, er sei verleumdet und möglicherweise auch getäuscht worden. Er habe mit Verstrickungen in unsaubere Geschäfte und in das Geflecht von Tarnfirmen nichts zu tun.

«Mich mit solchen Vorgängen auch nur im Entferntesten in Verbindung zu bringen, ist eine infame Verleumdung», erklärte Volkert. Zugleich gesteht er aber ein, dem Drängen Schusters nachgegeben und deshalb an einem jetzt umstrittenen Projekt mitgewirkt zu haben. In seine Taschen sei aber kein Geld geflossen, versichert der seit Tagen abgetauchte Gewerkschafter über seinen Anwalt. Schuster soll Firmengelder auf Privatkonten umgeleitet haben.

Der am Abend frisch gekürte Volkert-Nachfolger Bernd Osterloh sieht in der Debatte noch andere Interessen am Werk: Es gebe Kräfte, die versuchten, die Arbeitnehmervertretung zu schwächen, weil ihnen die Stärke von Betriebsrat und IG Metall «schon lange ein Dorn im Auge ist», schrieb der 48-Jährige in einem Brief an die Belegschaft.

Zu diesen gehört auch die CDU/FDP-Landesregierung in Hannover. Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) legt am Dienstag nochmal nach und verlangte lückenlose Aufklärung. Nach Ansicht von Branchenexperten auf dem Frankfurter Parkett würde eine Schwächung der Betriebsräte aber sicher auch dem Management nützen - allen voran dem neuen VW-Markenvorstand Wolfgang Bernhard, der mit dem erklärten Willen angetreten ist, den Sparkurs bei VW zu verschärfen. (Von Eva Tasche, dpa)

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