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Verpatzter Start. Anshu Jain ist seit knapp zwei Monaten neben Jürgen Fitschen Vorstandschef der Deutschen Bank. Foto: Reuters

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Wirtschaft: „Wachstum ist ein Muss“

Deutsche-Bank-Chefs Jain und Fitschen werden von der Krise eingeholt – Rendite und Erlöse brechen ein.

Berlin - Es läuft nicht gut für Anshu Jain. Der Chef der Deutschen Bank ist knapp zwei Monate im Amt, da muss er sich schon als Krisenmanager beweisen. Der neue Mann an der Spitze der größten deutschen Bank wird von der Schuldenkrise eingeholt – und von seiner Vergangenheit. Das Investmentbanking, dessen Chef er viele Jahre war, ist im zweiten Quartal eingebrochen. Jain muss sparen und 1900 Mitarbeiter entlassen. Außerdem rückt der Libor-Skandal, in den Jains frühere Abteilung verwickelt war, die Deutsche Bank ins Visier der Justiz.

Etwas Trost konnte am Dienstag nur die Börse spenden: Die Aktie der Deutschen Bank stieg zeitweise um 4,5 Prozent. Sparen kommt am Aktienmarkt immer gut an. Zudem steht eine befürchtete Kapitalerhöhung nicht auf der Tagesordnung. Am Abend lag das Kursplus nur noch bei 0,1 Prozent.

„Einfach gesagt: Unsere Kostenbasis ist zu hoch“, sagte Jain in einer Telefonkonferenz mit Analysten, an der auch Co- Chef Jürgen Fitschen teilnahm. Beide wollen insgesamt rund drei Milliarden Euro sparen, allein von den Personalmaßnahmen erhoffen sie sich 350 Millionen Euro. Doch kurzfristig kosten die Entlassungen – allein 1500 im Investmentbanking – erst einmal Geld. Betroffen sind vor allem Mitarbeiter in London und New York.

„Die Deutsche Bank hat lange mit dem Stellenabbau im Investmentbanking gezögert, der Schritt ist konsequent“, sagte Martin Faust, Professor für Bankbetriebslehre an der Frankfurt School of Finance & Management, dem Tagesspiegel. Die Geschäftssparte werde gestutzt. „Das ist von den Regulierern auch durchaus gewollt und eine Nebenwirkung der Politik.“

Obwohl die Deutsche Bank im zweiten Quartal noch 661 Millionen Euro verdiente, klemmt es derzeit an vielen Stellen. Vor einem Jahr waren es noch 1,2 Milliarden Euro gewesen. Insbesondere das Kapitalmarktgeschäft bereitet Sorgen, denn hier herrscht schon seit mehreren Quartalen Flaute. Weder der Handel noch das Beratungsgeschäft bei Fusionen, Übernahmen und Börsengängen laufen. Die Erträge brechen auch in der Vermögensverwaltung ein, die unter Mittelabflüssen institutioneller Kunden leidet. Die Sparte wird gerade radikal umgebaut.

„Die europäische Staatsschuldenkrise belastet weiterhin das Investorenvertrauen und die Kundenaktivitäten über alle Geschäftsbereiche hinweg“, erklärten die beiden Chefs. Dass alle Geschäftsbereiche profitabel sind, reicht nicht. „Wachstum ist ein Muss“, sagte Jain. Von seinen Renditezielen ist die Bank aber weit entfernt: Die Eigenkapitalrendite vor Steuern halbierte sich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum auf 6,8 Prozent.

Es ist das erste Quartalsergebnis unter der neuen Doppelspitze. Das Investmentbanking verdiente vor Steuern nur noch 357 Millionen Euro – 1,3 Milliarden Euro weniger als im ersten Quartal 2012 und knapp 700 Millionen Euro weniger als im zweiten Quartal 2011. Was unvorstellbar schien, ist eingetreten: Die Deutsche Bank verdient im einst ungeliebten Privatkundengeschäft mehr als im Investmentbanking, vor Steuern 398 Millionen Euro.

Im Skandal um Zinsmanipulationen sieht die Bank kein Fehlverhalten von Top-Managern. „Nach aktuellem Stand der Untersuchungen war kein amtierendes oder früheres Mitglied des Vorstands auf irgendeine unangemessene Weise in die untersuchten Vorgänge um Referenzzinssätze verwickelt“, erklärte der neue Aufsichtsratschef Paul Achleitner in einem Brief an die Belegschaft. Allerdings hätten einzelne Mitarbeiter gegen Standards der Bank verstoßen. Nach Ansicht von Banken-Experte Faust birgt die Affäre „erhebliche Risiken“ für die Bank. „Der Aufsichtsrat wird aber alles tun, um Anshu Jain zu halten“, sagte Faust. „Ein Rücktritt wäre fatal und würde wieder enorme Unruhe in die Bank bringen.“

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