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Wachstumsprognose: Die Finanzkrise zehrt das Wachstum auf

Weniger Wachstum als erwartet: Anleger flüchten in Rohstoffe, und der Ölpreis stieg über 100 Dollar.

Berlin - Die Wachstumsprognose der Bundesregierung von 1,7 Prozent für das laufende Jahr erweist sich als sehr optimistisch. Die EU-Kommission und das Münchener Ifo-Institut senkten am Donnerstag ihre Prognosen für 2008 auf jeweils 1,6 Prozent. Die EU war vorher von 2,1 Prozent, das Ifo-Institut von 1,8 Prozent ausgegangen. Im vergangenen Jahr hatte die deutsche Wirtschaft um 2,5 Prozent zugelegt.

„Der Aufschwung wird wegen der anhaltenden Finanzkrise und des schwächeren internationalen Umfelds an Kraft verlieren“, begründete die Kommission ihren vorsichtigen Ausblick. Zudem leide die Kaufkraft der Deutschen unter steigenden Lebensmittel- und Ölpreisen. Die Verbraucherpreise werden nach Einschätzung von EU-Wirtschaftskommissar Joaquín Almunia in diesem Jahr im Schnitt um 2,3 Prozent steigen. Das sind 0,3 Prozentpunkte mehr als bislang erwartet und 0,1 Punkte mehr als im vergangenen Jahr, als die Inflation auf den höchsten Stand seit 1994 kletterte. Die Europäische Zentralbank empfiehlt maximal zwei Prozent. Entspannung erwartet die Kommission erst zum Jahresende.

Deutschland steht mit seinen Wachstumsaussichten aber nicht alleine da. Die Kommission senkte auch ihre Schätzung für die EU und die Euro-Zone um je 0,4 Punkte. In den 15 Ländern des Euro-Raums soll das Bruttoinlandsprodukt noch um 1,8 Prozent zulegen, in den 27 EU-Ländern um zwei Prozent.

Ifo-Chef Hans-Werner Sinn nannte als Grund für die Korrektur seiner Prognose die jüngste Entwicklung der US-Wirtschaft. Diese befinde sich in einem Abschwung, was auf die Weltkonjunktur entsprechend ausstrahle. Ob den USA eine Rezession drohe, sei noch unklar. Wegen der Steuersenkung werde sie „noch knapp an einer Rezession vorbeischlittern“. Vor diesem Hintergrund befürwortet das Ifo-Institut auch das US-Konjunkturprogramm.

Die US-Notenbank Fed hatte am Mittwochabend ihre Wachstumsprognose für die weltgrößte Volkswirtschaft gesenkt. Sie geht nun nicht mehr von einer Spanne von 1,8 bis 2,5 Prozent aus, sondern von 1,3 bis 2,0 Prozent. Der Pessimismus der Fed macht Zinssenkungen in den USA wahrscheinlicher. Nach Einschätzung von HSBC-Analystin Antje Hansen sind sie „so gut wie sicher“. Der Euro erholte sich am Donnerstag von seinen Kursrückgängen am Vortag.

Für Deutschland besteht nach Ansicht von Ifo-Chef Sinn aufgrund der jetzigen Wirtschaftslage noch keine Notwendigkeit für ein Konjunkturprogramm. „Derzeit ist das nicht notwendig, sonst verschießt man sein Pulver vorzeitig“, sagte er. Die Politik sollte sich aber vorbereiten.

Die Folgen der pessimistischeren US-Prognosen waren bereits Donnerstagnacht auf dem Rohstoffmarkt zu beobachten. Weil Anleger aus dem schwachen Dollar und in inflationsfeste Investments flüchteten, stieg der Ölpreis auf ein Rekordhoch von 101,32 Dollar. In den vergangenen Tagen war der Preis bereits stark gestiegen, auch die Preise für Gold und Silber zogen an. Im Tagesverlauf gab der Ölpreis aber wieder deutlich nach auf 98,08 Dollar pro Barrel (159 Liter). mot

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