zum Hauptinhalt
Schreckschusspistolen wie diese kommen hierzulande immer öfter zum Einsatz.

© dpa

Waffenhandel: Goldene Zeiten für Waffenhändler

Fachgeschäfte für Schusswaffen registrieren seit Ende 2015 eine stark gestiegene Nachfrage. Jeder Anschlag bringt neue Kunden – auch immer mehr Frauen.

An der Ladentür im Erdgeschoss deutet wenig darauf hin, dass man hier, direkt an der Berliner Friedrichstraße, eines der größten Sortimente an Schusswaffen der Hauptstadt finden kann – samt Büchsenmacherei, einer Fachwerkstatt. Beim Eintritt in die Filiale der Kette Frankonia wähnt man sich zunächst im Trachtengeschäft: Lodenjanker, Dirndl, sogar Bierkrüge gibt es. In den Regalen im Obergeschoss wird das Angebot handfester: Dort gibt es Feldstecher, Zielfernrohre, ganz hinten in Glasvitrinen Pistolen von Walther, Glock, Sig Sauer. An der Wand hängt als Angebot eine Repetierbüchse des Herstellers Merkel für „nur noch“ 2999 Euro. Fragen zur Geschäftsentwicklung beantwortet Frankonia nur ungern und oberflächlich: Das Unternehmen aus dem unterfränkischen Rottendorf betreibt 28 Filialen sowie vier Schießanlagen und beschäftigt rund 600 Mitarbeiter. Das Geschäft laufe „allgemein gut“, sagt eine Firmensprecherin, auch weil sich die weibliche Hälfte der Menschheit zunehmend für Jagd und Schießsport interessiere. Erstmals in der bald 100-jährigen Geschichte habe man sogar eine Frau auf dem Cover des Katalogs abgebildet.

Für Waffenhändler Petsche war 2016 das beste Geschäftsjahr

Bei kleinen Konkurrenten in der Region ist man schon auskunftsfreudiger. 2016 sei für ihn das mit Abstand beste Jahr für sein 1991 eröffnetes Geschäft gewesen, berichtet Tilo Petsche von Waffen Wieland in Oranienburg nördlich von Berlin. Drei Erklärungen hat er dafür: Erstens sei das Sicherheitsbedürfnis der Bürger offensichtlich gestiegen – generell und speziell nach den Anschlägen von Paris im November 2015 und den Übergriffen junger muslimischer Männer auf Frauen in der Kölner Silvesternacht vor gut einem Jahr. In den Wochen darauf sei bei ihm die Nachfrage nach Schreckschuss- und Gaspistolen extrem stark angestiegen. Um solche Waffen außerhalb der Wohnung tragen zu dürfen, benötigt man allerdings einen Kleinen Waffenschein.

Wachsender Wohlstand und Niedrigzinsen sind Treiber der Entwicklung

Zweitens: Der steigende Wohlstand im Berliner Speckgürtel. Den Eigenheimbesitzern gehe es zunehmend besser, sie würden von Diebstählen in der Nachbarschaft hören und wollten sich wappnen, um einen auf frischer Tat ertappten Einbrecher mit Reizgas zu stoppen. Den dritten Grund fürs gute Geschäft liefere Mario Draghi, meint Petsche. Der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB) sorge mit seiner Politik dafür, dass das Ersparte auf dem Bankkonto nichts abwirft. Wer Geld schon in ein Auto und eine neue Küche investiert habe, kaufe sich dann auch mal eine Qualitätswaffe. „Oft habe ich hier Kunden, die interessieren sich für eine Pistole um die 500 Euro und gehen dann eine halbe Stunde später mit einer für 2500 Euro raus“, berichtet der Händler. Das Telefon stehe kaum noch still. Petsche braucht ein paar Tage Urlaub.

Die Umsätze von Büchsenmachern steigen

Beim Verband Deutscher Büchsenmacher und Waffenfachhändler (VDB) bestätigt man den Trend: Es gab extrem starke Absätze Ende 2015 und Anfang 2016, zwischenzeitlich hätten die sich aber normalisiert, erklärt VDB-Sprecher Ingo Meinhard. Nach den islamistisch motivierten Anschlägen in Ansbach und Würzburg im Juni sowie dem Terroranschlag an der Gedächtniskirche im Dezember hätten die Verkäufe – zumindest regional – wieder angezogen. Die Händler mögen sich nicht recht freuen über das Konjunkturpaket der Islamisten. Lieber sähen sie, dass Schützenvereine, die seit Jahren rückläufige Mitgliederzahlen vermelden, noch mehr für die Attraktivität des Sports und den Nachwuchs tun. Auch sieht nicht nur die Polizeigewerkschaft mit Sorge, dass immer mehr Bürger Schreckschusswaffen tragen, die man leicht mit „echten“ Waffen verwechseln kann. Aber wie und warum wehren gegen gutes Geschäft? Die Büchsenmacher-Azubis würden jedenfalls alle übernommen, verrät die Sprecherin der Kette Frankonia. Der Beruf wird nur an zwei Fachschulen in Deutschland gelehrt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false