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Wirtschaft: Wandelanleihen - der Name ist Programm

Die Finanzingenieure und -manager in den Zentralen der Banken müssen schon verrückte Leute sein.Mal knausern sie mit den Zinsen, die sie auf ihre Anleihen zahlen, so herum, daß man als Anleger nur den Kopf schütteln kann.

Die Finanzingenieure und -manager in den Zentralen der Banken müssen schon verrückte Leute sein.Mal knausern sie mit den Zinsen, die sie auf ihre Anleihen zahlen, so herum, daß man als Anleger nur den Kopf schütteln kann.Dann wieder werfen sie das Geld quasi zum Fenster raus.Die Deutsche Bank zum Beispiel hat vor drei Jahren eine Anleihe emittiert, die sich gerade mit einem Prozent verzinst.

Das Papier, das sie im Januar aufgelegt hat, bringt dagegen eine laufende Verzinsung von satten zwöf Prozent.Erfahrene Rentenanleger runzeln da die Stirn.Zwölf Prozent, ein Prozent - das ist jeweils deutlich mehr beziehungsweise weniger als ein Schuldner von Format der Deutschen Bank üblicherweise zahlen muß.

Des Rätsels Lösung: Die beiden Papiere sind sogenannte Wandelanleihen.Bei dieser Art von Schuldverschreibung ist der Name Programm.Sie können zu bestimmten Zeitpunkten in Aktien getauscht werden.Je nach Ausgestaltung des Papiers steht dieses Recht mal dem Schuldner oder mal dem Gläubiger zu.Experten unterscheiden deshalb zwei Arten von Wandelanleihen: sogenannte Convertibel Bonds und Equity-linked-Notes.Bei den Convertibel Bonds kann der Gläubiger seine Anleihe - nach Ablauf einer Sperrfrist - jederzeit bis zur Fälligkeit in Aktien wandeln.Typisch dabei ist, daß das Unternehmen, in dessen Aktien gewandelt wird, gleichzeitig auch der Anleiheschuldner ist.

Von der Wandlungsmöglichkeit macht der Käufer natürlich nur dann Gebrauch, wenn die Aktien, die er im Gegenzug erhält, mehr wert sind als er ursprünglich für die Anleihe bezahlt hat.Entscheidend dafür ist das Bezugsverhältnis.Es wird bei der Emission festgelegt und folgendermaßen errechnet: Nominalwert der Anleihe dividiert durch den Bezugspreis der Aktien.Ein Umtauschverhältnis von eins zu vier bedeutet demnach: Für jede Schuldverschreibung im Nennwert von 1000 DM erhält der Gläubiger vier Aktien.Das entspricht einem Bezugskurs von 250 DM.Spätestens da zeigt sich dann, daß die Banker doch nicht so verrückt sind.

Denn der Preis der Aktien wird in der Regel 20 bis 30 Prozent über dem aktuellen Börsenkurs festgelegt.Und damit die Sache für sie vollends zum Geschäft wird, lassen sich die Anleihekonstrukteure das Umtauschrecht zusätzlich bezahlen: in Form von Mickerzinsen für die Anleihe.

Das ist bei Anleihen mit Aktienandienungsrecht, wie Equity-linked-Notes etwas umständlich im Deutschen heißen, ganz anders.Zinssätze von zehn, zwölf oder gar 14 Prozent sind hier die Regel.Fast jedes Bankhaus hat solche Papiere mittlerweile aufgelegt.Selbstverständlich verschenken die Geldhäuser auch hier kein Geld.Die Differenz zu marktüblich verzinsten Anleihen ist der Preis für ein Wahlrecht, das der Anleihekäufer - um beim Beispiel zu bleiben - der Deutschen Bank einräumt.Die kann sich am Ende der Laufzeit - in diesem Fall im Januar 2000 - entscheiden, ob sie dem Gläubiger den Nennwert von 5000 Euro oder 79 Volkswagen-Aktien liefert.Klar, daß auch hier der aktuelle Börsenkurs der VW-Anteile der entscheidende Faktor ist.

Liegt der Kurs unter 63,29 Euro liefert die Deutsche Bank Aktien statt Geld, denn 5000 geteilt durch 79 macht gerade 63,29.Erhält der Schuldner die Aktien, ist das für ihn zunächst kein Drama.

Er kann die Papiere schließlich sofort an der Börse verkaufen und ihm bleibt als Trost der ordentliche Zinsgewinn.Kritisch wird es aber, wenn die Aktien von Volkswagen am Fälligkeitstag unter 57,90 Euro stehen.In diesem Falle nämlich ist der Verlust beim sofortigen Verkauf größer als der Mehrertrag der Anleihe.

PETER HEIN

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