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Wirtschaft: Warten auf die Party

Der Einzelhandel erwartet ein Umsatzplus im zweiten Halbjahr. Die höhere Mehrwertsteuer hat weniger geschadet als befürchtet

Berlin - Die deutschen Einzelhändler gehen davon aus, dass der wirtschaftliche Aufschwung die Kauflaune der Deutschen merklich beleben wird. Deshalb erwarten sie in den kommenden Monaten deutliche Umsatzsteigerungen. „Wir rechnen damit, dass es im zweiten Halbjahr positive Impulse für den Einzelhandel geben wird“, sagte Josef Sanktjohanser, Präsident des Hauptverbands des Deutschen Einzelhandels (HDE), am Donnerstag in Berlin. „Die Konsumfähigkeit der Bürger nimmt zu.“ Viele hätten nun wieder etwas mehr Geld zur Verfügung. „Die Sorge um den eigenen Arbeitsplatz nimmt von Monat zu Monat ab.“

Die Lage im Einzelhandel verbessert sich allerdings erst allmählich. In den ersten vier Monaten 2007 verbuchte die Branche ein leichtes Umsatzplus von 0,5 Prozent – preisbereinigt ergebe dies sogar ein Minus von 0,5 Prozent, sagte Sanktjohanser bei der Jahrespressekonferenz des HDE. Auch Mai und Juni seien nicht besonders gut gelaufen. Trotzdem steht der Handel damit deutlich besser da, als zu Beginn des Jahres erwartet. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer auf 19 Prozent im Januar hat den Deutschen die Kauflust offenbar kaum verdorben. „Ein markanter Umsatzrückgang, wie von einigen ursprünglich befürchtet, ist nicht feststellbar“, sagte Sanktjohanser. Möbelhäuser sowie Uhren- und Schmuckhändler hätten zwar größere Einbrüche beklagt. Bei Kleidung, Parfum und Elektronik erzielten die Händler in den ersten Monaten des Jahres aber ein dickes Umsatzplus. Von einer „Kaufparty“, wie sie Konsumforscher vorhergesagt hätten, sei allerdings auch noch nichts zu spüren.

Im zweiten Halbjahr soll es dagegen bergauf gehen. Der bei seinen Prognosen gewohnt vorsichtige HDE rechnet mit einem Umsatzplus von 1,5 Prozent. So werde auch für das Gesamtjahr noch ein Zuwachs von einem Prozent erwartet, sagte Verbandspräsident Sanktjohanser. Auch bei der Beschäftigungsentwicklung gibt es in der krisengeschüttelten Branche erste Hoffnungszeichen. Nachdem die Zahl der Mitarbeiter in den vergangenen sechs Jahren um rund 140 000 auf 2,7 Millionen geschrumpft ist, soll sie nun zumindest konstant bleiben. „Der Beschäftigungsrückgang ist gestoppt“, sagte Sanktjohanser. Dennoch könne es vielleicht eine weitere Verschiebung von Voll- zu Teilzeitbeschäftigten geben.

Für 2008 erhofft sich der HDE einen Durchbruch beim Umsatzwachstum. Es drohten allerdings Risiken von Seiten der Politik. Vor allem von der geplanten Unternehmenssteuerreform erwarten die Einzelhändler deutliche Nachteile.

Mit starken Preiserhöhungen bei Lebensmitteln rechnet der HDE wegen des harten Wettbewerbs in der Branche dagegen nicht. „Ich glaube nicht an eine Preiswelle“, sagte Sanktjohanser. Das gelte auch für landwirtschaftliche Produkte. Zuletzt hatte der Verband der deutschen Fruchtsaftindustrie mit einer Warnung vor steigenden Apfelsaftpreisen für Aufsehen gesorgt. „Wir können die Verbraucher beruhigen“, sagte der scheidende HDE-Hauptgeschäftsführer Holger Wenzel am Donnerstag. Die Ankündigungen seien übertrieben. Wenzel geht Ende dieser Woche nach 14 Jahren als Hauptgeschäftsführer in den Ruhestand. Ihm folgt Stefan Genth als neuer Hauptgeschäftsführer. Stefan Kaiser

Stefan Kaiser

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