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Wirtschaft: Warum Ökofleisch sauteuer ist

Schnitzel aus Bio-Betrieben kosten 86 Prozent mehr als normales Fleisch

Berlin. Schwein ist Schwein. Als Schnitzel auf dem Teller unterscheidet sich Ökoschwein nicht vom Stück Fleisch aus konventioneller Produktion – zumindest nicht erkennbar für Verbraucher. Trotzdem kostet das Kilo Ökoschwein 13 Euro im Supermarkt, anderes Schweinefleisch liegt bei sieben Euro pro Kilo. Schuld seien Bundesregierung und Agrar-Lobbyisten, sagt Thilo Bode, Geschäftsführer der Verbraucherorganisation Foodwatch. Normales Fleisch werde nicht zu „echten“ Preisen verkauft, weil die von Landwirten verursachten Umweltschäden nicht eingerechnet würden. Deshalb müsse die Allgemeinheit dafür zahlen. Die Umweltschäden beziffert Foodwatch auf 50 Euro pro Schwein. Die Organisation bezieht sich auf eine Studie, die das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) am Mittwoch in Berlin vorgelegt hat. Würden die Umweltschäden berücksichtigt, wäre das Kilo konventionelles Schweinefleisch 2,30 Euro teurer. Bei sauberer produziertem Ökofleisch käme ein Umweltaufschlag von zwei Cent pro Kilo dazu. Die eingerechneten Umweltkosten ließen zwar die Differenz zwischen Ökofleisch und anderem Schwein schrumpfen – nicht aber den Ökopreis an sich.

Richtig teuer wird ökologisch produziertes Fleisch erst auf dem Weg zur Verkaufstheke. Beim Schwein, das direkt beim Landwirt gekauft wird, ist die Differenz noch nicht so groß: 1,43 Euro kostet das nichtökologische Kilo, 2,26 Euro das ökologische. Dass der Preisunterschied wächst, liegt laut IÖW daran, dass ökologisch gehaltene Tiere eine Minderheit in deutschen Ställen sind. 10,45 Millionen Mastschweine warten in Massenställen auf den Termin beim Schlachter; nur 61400 Ökoschweine stehen in deutschen Landwirtschaftsbetrieben, mit Streu, Auslauf und auf doppelt so viel Platz. Ökobauern, die etwa in Bayern pro Woche höchstens ein paar hundert Schweine zur Schlachtbank führen, können kaum auf Mengenrabatte hoffen. Im Gegenteil: Wenn ökologisch herangezogene Tiere ihr Leben lassen, dürfen sie das nur getrennt von anderen Tieren und exakt dokumentiert. Das macht Arbeit und etwa fünf Cent mehr pro Kilo Ökosau auf der Rechnung aus.

Insgesamt sorgen Kleinmengenzuschläge und die Tatsache, dass nur „Edelteile“ wie Lende oder Schulter überhaupt als „öko“ verkauft werden dürfen, für Mehrkosten beim Vertrieb von vier Euro pro Kilogramm – mehr als eine komplette Sau beim Erzeuger kostet. Bode fordert: „Supermärkte sollten ihre Vertriebswege endlich für ökologische Produkte öffnen.“

Die relativ komfortable Situation für die Tiere in ökologisch geführten Betrieben sorgt außerdem laut IÖW für teure Ökoschnitzel: Es müssen anderthalb bis doppelt so viele Arbeitskräfte bezahlt werden, die die Schweine mit teurerem Futter und zudem länger versorgen.

Ragna Sieckmann

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