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Wirtschaft: Was drin ist

Verbraucherschützer klagen über irreführende Werbung bei Lebensmitteln.

Berlin - Weidemilch, das klingt nach glücklichen Kühen, die draußen frisches Gras fressen, statt eng zusammengepfercht im Stall zu stehen. Einige Lebensmittelhersteller bieten ein solches Produkt an, klare Regeln dafür, ab wann eine Milch sich so nennen darf, gibt es aber nicht. So definiert ein Hersteller, dass Weidemilch von Kühen kommt, die an mindestens 120 Tagen im Jahr für je sechs Stunden Weideausgang haben, ein anderer gibt nur an, dass die Milch aus norddeutschen Grünlandregionen stammt.

Verbraucherschützer klagen über solch verwirrende oder unklare Kennzeichnung von Lebensmitteln und fordern mehr Transparenz und Regulierung. „Die plakativen Werbeaussagen auf den Verpackungen halten einem Realitätscheck oft nicht stand“, sagte Gerd Billen, Vorstand des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (VZBV), der am Mittwoch in Berlin die Studie „Trends in der Lebensmittelvermarktung“ vorstellte. Sie ist Teil der begleitenden Forschung zum Online-Portal Lebensmittelklarheit.de. Dort können sich Verbraucher über Lebensmittel beschweren, bei denen sie sich vom Hersteller getäuscht fühlen. Die Wissenschaftler, die die Werbeversprechen der Hersteller untersucht haben, sehen den Wettbewerb im Lebensmittelmarkt wegen mangelnder Transparenz gefährdet. „Verbraucher können nicht in vertretbarer Zeit herausfinden, wer tatsächlich gute Qualität bietet und wer sie nur verspricht“, klagte Billen. Somit werde der Preis zum einzig relevanten Merkmal für die Kaufentscheidung. „Dadurch haben es Qualitätshersteller schwerer, die ihre Produkte zu einem höheren Preis anbieten“, sagt Anke Zühlsdorf vom Institut Agrifood Consulting, die die Studie verfasst hat. Als Folge drohten „ein ruinöses Preis- und schlussendliches Qualitätsdumping“, fürchten die Verbraucherschützer.

Der VZBV fordert daher von der Bundesregierung eine „aktive Lebensmittelpolitik“. Es sei nötig, mehr staatliche oder unabhängig geprüfte Siegel ähnlich dem Biolabel zu schaffen, zum Beispiel für regionale Herkunft und faire Tierhaltung. Das Bundesverbraucherministerium erklärte, bundesweit sei bereits eine Initiative zur besseren Kennzeichnung regionaler Lebensmittel gestartet worden. Der VZBV setzt sich auch dafür ein, dass die Vorschriften für die Gestaltung von Etiketten verschärft werden. „Wir brauchen ein zweites Preisschild, das die Qualitätseigenschaften der Produkte sichtbar macht“, sagte Billen und verwies als Beispiel auf die neu eingeführten Produktinformationsblätter für Finanzprodukte. Zudem sollten die Regeln für Produktbezeichnungen überarbeitet werden. „Es ist nicht sinnvoll, dass ein Bier, das Alkohol enthält, sich alkoholfrei nennen darf“, sagte Hartmut König, Projektleiter des Portals Lebensmittelklarheit.de. Jahel Mielke

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