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Wirtschaft: Was für Flaschen

Christopher Ziedler wundert sich über ein EU-Verbot für Olivenöl in Restaurants.

Bei vielen stellt sich das Urlaubsgefühl schon ein, wenn in der Trattoria um die Ecke der Brotkorb, eine überdimensionale Pfeffermühle und eine kleine Karaffe grünlich schimmernden Olivenöls auf den Tisch gestellt werden. Ob sich die Europäische Union ausgerechnet dadurch beliebter macht, dass sie nun ebendieses offen servierte Olivenöl aus Restaurants verbannen will?

Am 1. Januar nächsten Jahres ist es nach einer erst jetzt bekannt gewordenen Entscheidung vom Dienstag so weit. Da trafen sich in Brüssel Vertreter aller 27 Mitgliedstaaten und stimmten einem Vorschlag der EU-Kommission zu. Die nötige Mehrheit, um das Vorhaben sofort zu beschließen, wurde zwar knapp verfehlt – doch stimmten auch nur Deutsche, Niederländer, Dänen, Bulgaren und Finnen gegen das Vorhaben. Bei dieser Konstellation obliegt es der Brüsseler Behörde, die Bestimmung in Kraft zu setzen, was sie auch zu tun gedenkt. „Das sind gute Nachrichten für Verbraucher“, sagt ein Sprecher.

Argumentiert wird mit der Qualität und dem Ruf des europäischen Olivenöls, das immerhin 70 Prozent des Weltmarktes ausmacht. Die Hersteller – rund zwei Millionen Kleinbauern, aber natürlich auch eine stattliche Anzahl von Großbetrieben – beschweren sich schon lange, dass ihr hochwertiges Produkt mit Billigware vermengt wird. Schon in den neunziger Jahren erkrankten viele Spanier, nachdem sie schlechtes Olivenöl konsumiert hatten. Deshalb soll jetzt nur noch Qualitätsware auf den Tisch kommen – per Gesetz.

Die neuen Gefäße können weiter aus Glas sein, brauchen aber ein Etikett. Der Restaurantbesucher weiß dann – auch wenn er sich das möglicherweise bisher nie gefragt hat –, was genau in der Flasche ist. Die kann nämlich auch nicht nachgefüllt werden, weil sie mit einem „Schutzsystem“ ausgerüstet wird. Das ist nach Lesart der Erfinder auch hygienischer, weil bei den kleinen Mengen an Olivenöl, die ein einzelner Gast konsumiert, im Normalfall dieselbe offene Karaffe auf dem Tisch bleibt.

Eine angefangene Einwegkaraffe dagegen wird, obwohl erlaubt, eventuell nicht erneut aufgetischt. Und das, wo doch „2014 zum ,Europäischen Jahr gegen die Lebensmittelverschwendung’ ausgerufen“ werden soll, wie der Sprecher des Bundesverbraucherministeriums lästert. „Auch der mit der Neuregelung verbundene zusätzliche Anfall von Verpackungsmüll ist kritisch zu sehen“, teilte Ilse Aigners Sprecher weiter mit, die EU-Kommission solle sich bitte „noch einmal kritisch mit der Notwendigkeit dieser Verordnung auseinandersetzen“.

In den Verhandlungen soll auch, so ein EU-Diplomat, „die Absurdität“ dieses Eingriffs eine Rolle gespielt haben, der das Zeug hat, in eine Reihe mit der berühmten Gurkenkrümmungsverordnung gestellt zu werden. Sie gilt, obwohl inzwischen wieder abgeschafft, noch immer als das Symbol Brüsseler Regelungswut. Den Vergleich mit der Gurke freilich lehnt ein Kommissionsmitarbeiter, der am Olivenöl-Aktionsplan gearbeitet hat, ab: „Das gehört nicht zusammen – außer im Salat.“

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