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Wirtschaft: Was ist der faire Preis für den Dax?

Der Kurssturz um mehr als drei Prozent an der deutschen Börse hat die Marktteilnehmer am Donnerstag aufgeschreckt. Die Fragen, die immer wieder gestellt werden, lauten: Wie weit wird der Deutsche Aktienindex (Dax) schlimmstenfalls noch fallen?

Der Kurssturz um mehr als drei Prozent an der deutschen Börse hat die Marktteilnehmer am Donnerstag aufgeschreckt. Die Fragen, die immer wieder gestellt werden, lauten: Wie weit wird der Deutsche Aktienindex (Dax) schlimmstenfalls noch fallen? Oder: Gibt es einen fairen Wert für den Dax? Sind die deutschen Aktien über oder unterbewertet?

Fast jeder Börsianer hat für seine Berechnungen ein eigenes Modell. Deshalb ist die Bandbreite, die für einen fairen Dax angegeben wird, außerordentlich hoch. Norbert Kretlow, Analyst bei der Frankfurter Independent Research, sagt: „Wir sehen den fairen Wert des Dax bei 4800 Punkten und dies ist auch unser Ziel für dieses Jahr. Aber man kann auch anders rechnen", sagt er. Voraussetzung sei, dass sich die wirtschaftliche Erholung fortsetze. Kretlow verweist auf das Kurs-Gewinn-Verhältnis (siehe Lexikon, Seite 18) – also den Wert, der sich ergibt, wenn man den gegenwärtigen Kurs einer Aktie durch den erwarteten Gewinn für beispielsweise das Jahr 2004 teilt. „Das liegt bei rund 18 und damit haben wir noch keine signifikante Überbewertung der Aktien.“

Das kann man aber auch anders sehen: Wenn man berücksichtigt, dass das Kurs-Gewinn-Verhältnis der Dax-Werte auf dem Höhepunkt des Börsenbooms gerade mal knapp über 30 lag. Dazu kommt, dass der Gewinn pro Aktie seit dieser Zeit dramatisch gesunken ist – weil viele Unternehmen in ihrer Geldnot Kapitalerhöhungen und Wandelanleihen auf dem Markt unterbrachten. Da müssten die Unternehmen in diesem und im kommenden Jahr schon ziemlich gut verdienen, um noch dicke Zuschläge auf die jetzigen Kurse zu rechtfertigen.

Stefan Keitel, Chefstratege der Crédit Suisse in Deutschland sieht den fairen Wert des Dax bei 4000 bis 4500 Punkten. Nur das technische Bild habe sich in den vergangenen Wochen eingetrübt, „die makroökonomischen und fundamentalen Daten sind noch in Ordnung, auch wenn es zunächst einmal bis auf 3600 bis 3800 Punkte herabgehen könnte.“

Hans Jacob, Chef der Vermögensverwaltung beim Berliner Privatbankhaus Löbbecke ist weniger zuversichtlich. Jacobs sieht den Dax bis auf 3300 Punkte, schlimmstenfalls sogar auf 3250 Zähler einbrechen. Und wo liegt der faire Wert? Jacob rechnet vor: Nimmt man das Kurs-Gewinn-Verhältnis für 2004, so sei der Dax gegenüber dem langjährigen Durchschnitt um 20 Prozent überbewertet. Nehme man die Dividendenrendite der vergangenen zehn Jahre, so sei er derzeit ebenfalls zu hoch. Nur im Vergleich zu festverzinslichen Wertpapieren könnte er noch zulegen. Jacobs hält sich an die Formel der großen amerikanischen Pensionsfonds. Die finden Aktien günstig, wenn das KGV bei 10, die Dividendenrendite bei 4,6 Prozent liegt. Derzeit liegt das KGV darüber, die Dividendenrendite aber mit rund zwei Prozent darunter, sagt Jacob.

Ein (theoretisches) Horrorszenario malt Trudbert Merkel, Analyst bei der Dekabank. Theoretisch wäre die 200er Tageslinie die Begrenzung nach unten, sagt er. Diese verläuft bei 2640 Punkten. Doch das sei wirklich nur theoretisch. Wahrscheinlicher sei ein Rückgang auf etwa 3800 Zähler und bei seinem fairen Wert habe der Dax sogar noch Steigerungspotenzial. dr

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