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Wirtschaft: Wechsel bei Siemens – Kleinfeld löst von Pierer ab

Einer der wenigen politischen Manager Deutschlands tritt ab und will den Chefposten im Aufsichtsrat übernehmen

München - Siemens hat die Nachfolge von Konzernchef Heinrich von Pierer geregelt und den Generationenwechsel im Konzern eingeläutet. Ende Januar 2005 solle Klaus Kleinfeld von Pierer an der Spitze des Konzerns ablösen, teilte Siemens am Mittwoch überraschend in München mit. Mit von Pierer verlässt einer der dienstältesten deutschen Spitzenmanager, die Bühne. Der 63-jährige gilt auch als einer der wenigen politisch denkenden Manager in Deutschland.

Bereits Anfang August soll der 46-Jährige Kleinfeld, der derzeit den wichtigen Konzernbereich Information und Kommunikation leitet, zum Stellvertreter von Pierers aufsteigen. Von Pierers Vertrag, der Ende September ausläuft, soll um vier Monate bis zum 27. Januar verlängert werden. Die Hauptversammlung an diesem Tag soll von Pierer zum Vorsitzenden des Aufsichtsrats zu ernennen.

Zudem ist vorgesehen, dass die Vorstände der Netzwerksparte ICN und der Mobilfunksparte ICM, Thomas Ganswindt und Rudi Lamprecht, zum Oktober 2004 in den neunköpfigen Siemens-Zentralvorstand aufrücken. Den Personalbeschlüssen muss der Aufsichtsrat auf seiner Sitzung am 28. Juli noch zustimmen.

Der Wechsel an der Konzernspitze und im Vorstand ist zugleich ein Generationenwechsel. Doch nicht nur das Personalkarussell dreht sich bei Siemens. Darüber hinaus soll der Konzern mit seinen 13 Geschäftseinheiten auch kräftig umstrukturiert werden: Die Bereiche ICN und ICM werden unter neuer Führung zusammengefasst. Zukünftig wird es dann zwölf statt 13 Konzerneinheiten geben.

Bisher war in Branchenkreisen angenommen worden, dass der seit zwölf Jahren amtierende Konzernchef seine Amtszeit um zwei weitere Jahre bis 2006 verlängert. „Die Entscheidung hat vor allem mit dem nötigen Wechsel an der Aufsichtsratsspitze zu tun“, sagte ein Siemens-Sprecher dem Tagesspiegel. Hintergrund sei, dass der amtierende Aufsichtsratschef Karl-Hermann Baumann im Juli 2005 70 Jahre alt werde und der Vorsitzende dieses Gremiums diese Altersgrenze laut interner Siemens-Regelung nicht überschreiten soll. Allerdings ist inzwischen umstritten, ob Vorstandschef immer noch automatisch in den Aufsichtsrat wechseln oder gar dessen Vorsitz übernehmen sollen.

Nach Angaben des Sprechers ist jetzt für von Pierer der „Zustand erreicht, wo die weitere Strategie und Marschrichtung des Konzerns feststeht und er sein Haus gut bestellt übergeben kann.“ Im Herbst 2003 hatte Siemens das neue Strategieprogramm „Siemens Management System“ gestartet, um wettbewerbsfähiger zu werden und Innovationen voranzutreiben. Kleinfeld, den von Pierer nach Ansicht von Unternehmenskreisen „gründlich auf die neue Führungsaufgabe vorbereitet hat“, entwickelte in den vergangenen Jahren alle Strategieprogramme des Konzerns mit. Außerdem trimmte er das kriselnde US-Geschäft des Technologiekonzerns ab 2001 erfolgreich auf Ertrag. Erst Mitte vergangenen Jahres war Kleinfeld – zusammen mit dem ebenfalls als Nachfolgefavoriten geltenden Johannes Feldmayer – in den Zentralvorstand berufen worden. „Kleinfeld war aber schon seit längerer Zeit der Adjutant von Pierers“, heißt es.

Im Zentralvorstand wird Kleinfeld seine Verantwortung für die Bereiche Information und Kommunikation an ICN-Chef Ganswindt abgeben. Lamprecht soll künftig die Regionen Afrika, Naher und Mittlerer Osten und GUS übernehmen. Nach der Zusammenlegung der Netzwerk- und Mobilfunksparte soll der derzeitige ICM-Bereichsvorstand Lothar Pauly diesen Großbereich übernehmen. Die Zusammenlegung der zuletzt kriselnden Telekommunikations-Sparten ist eine der weit reichendsten strategischen Veränderungen des Konzerns in den vergangenen Jahren. „Wir sehen, dass die Technologiekonzepte von schnurlosen und Festnetztelefonen immer mehr zusammenwachsen“, begründete ein Siemens-Sprecher den Schritt. Die beiden Siemens-Bereiche hatten in den vergangenen Wochen wegen der Auseinandersetung um Lohnkürzungen und Arbeitszeiten für Aufsehen gesorgt.

Nicole Adolph

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