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Wirtschaft: Wechsel der Autoversicherung kann sich lohnen

Versicherer können ganz schön neugierig sein.Vor allem Autoversicherer.

Versicherer können ganz schön neugierig sein.Vor allem Autoversicherer.Die Zeiten, in denen allein wichtig war, was für einen Wagen Sie fahren, in welcher Stadt Sie wohnen und wie lange Sie schon unfallfrei unterwegs sind, sind lange vorüber.Heute wollen die Vertreter mehr wissen: das Geschlecht etwa, den Beruf, aber auch ob man verheiratet ist oder ledig, wieviele Kilometer man im Jahr üblicherweise per Pkw zurücklegt, ob man sein Auto stets allein steuert und wo das gute Stück am Ende des Tages geparkt wird.All das zahlt sich aus.In Prozenten bei Haftpflicht- und Kaskoversicherung.Denn nirgendwo sonst kämpfen die Versicherer so hart um ihre Kunden.Mit immer neuen Rabatten, immer neuen Tarifen wollen die Versicherungsgesellschaften die "guten Risiken" für sich werben.Frauen, Garagenbesitzer und Wenigfahrer stoßen allerorts auf Sonderangebote.

Jetzt ist das Rennen wieder eröffnet.Wer seine Haftpflicht- oder Kaskopolice kündigen will, muß sich sputen.Denn wollen Sie Ihrem Versicherer den Rücken kehren, müssen Sie vier Wochen vor Hauptfälligkeit des Vertrages (meist 1.Januar) kündigen.Ihre Kündigung sollte daher spätestens am 30.November auf dem Tisch der Versicherungsgesellschaft liegen.Denn sonst verlängert sich der Vertrag automatisch für ein weiteres Jahr.Wer den Termin verpaßt, aber dennoch aussteigen will, muß darauf hoffen, daß der Versicherer zwischenzeitlich die Beiträge erhöht.Denn auch dann kann man den Vertrag mit einer Frist von vier Wochen - außerordentlich - kündigen.

Um gute Kunden anzulocken, gehen die Versicherer unter ihre Schmerzgrenze.Seitdem die Tarife nicht mehr der Versicherungsaufsicht zur Genehmigung vorgelegt werden müssen, herrscht auf dem Markt die blanke Anarchie.Im eigentlichen Versicherungsgeschäft schreiben die Unternehmen tiefrote Zahlen.Zwischen 2,5 und drei Mrd.DM Miese erwartet die Versicherungswirtschaft in diesem Jahr aus der Autoversicherung.Eine dramatische Verschlechterung gemessen an dem Fehlbetrag von 300 Mill.DM im vergangenen Jahr.Nur indem sie Rückstellungen hineinbuttern, schaffen die Firmen es, unterm Strich ausgeglichene Bilanzen vorzulegen."Der Konkurrenzkampf tobt so lange, bis die Reserven der ersten Gesellschaften aufgezehrt sind", befürchtet Stefan Eichhorn von der HUK Coburg.Eine Sorge, die man beim Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen teilt.Helmut Müller, Chef der Aufsichtsbehörde, wird nicht müde, vor ernsten Schieflagen zu warnen.Konkurse in der Assekuranz hat Deutschland bislang nicht gekannt - doch das kann sich ändern.

Denn die Großen ziehen die Schraube immer weiter an.Mit einem Überraschungscoup wirbelte die Allianz kürzlich die Branche mächtig durcheinander.Was bislang nur Beamten vergönnt war, sollte nun auch Autoverkäufern, Fußbodenlegern, Bankangestellten oder Telefonisten vergönnt sein - Vorzugstarife qua Berufs.107 Berufsgruppen können sich bei den Münchnern seit dem 1.Oktober zum Sonderpreis haftpflicht- und kaskoversichern.Ersparnisse bis zu 15 Prozent winken Kesselwärtern, Polsterern oder Bankangestellten.Berufsgruppen, die sich nach Allianz-Statistiken in der Vergangenheit als besonnene Autofahrer erwiesen haben.Die Zeche zahlt der Rest: "Normalen" Versicherten schneiten Beitragserhöhungen von drei Prozent ins Haus.

Während die Konkurrenz noch Zeter und Mordio schrie, zogen andere nach.Vorzugstarife für Berufsgruppen gibt es jetzt auch bei der VHV und der HUK Coburg.Schon zum 1.April hatten die Franken den neuen Tarif D eingeführt - für Beschäftigte privatisierter Staatsunternehmen wie Telekom oder Post.Die durften zum selben Preis fahren wie Beamte, die den günstigen Tarif B nutzen können.Als Reaktion auf die Allianz-Offensive zog der Branchenzweite nach.Tarif D gibt es jetzt auch für andere: Ingenieure, Architekten, Rechtsanwälte und Steuerberater, aber auch für Angestellte von Krankenhäusern, Privatschulen und Versicherungskaufleuten im Innen(!)dienst.Warum diese und keine anderen bevorzugt werden, ergibt sich auch hier aus den internen Schadenstatistiken.

Warum die Versicherer so erbittert gegeneinander antreten, liegt auf der Hand: Die Autoversicherung ist die klassische Einstiegspolice.Ein Auto hat jeder, eine Versicherung braucht jeder.Hat man den Haftpflichtabschluß gemacht, hoffen die Versicherer, dem Kunden weitere, lukrativere Policen verkaufen zu können.Dafür nimmt man auch rote Zahlen in Kauf.

Doch wie sollen die so Umworbenen überhaupt von ihrem Glück erfahren? Rabatte für Eigenheimbesitzer, für Eltern kleiner Kinder oder für langjährige Ehepaare - der Durchblick fällt schwer, und die Zeit drängt.Hinzu kommen noch Regional- und Typklassen, die sich auf die Prämie auswirken.Was tun? "Rufen Sie gezielt einige Versicherer an und vergleichen Sie selbst", rät Peter Gauly vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft.Und wer schon dabei ist, sollte sich auch gleich nach den Konditionen für Auto-Schutzbriefe erkundigen.Denn auch diese sind einen Monat vor Fälligkeit kündbar.Sehr zum Ärger des ADAC lockt die Assekuranz hier mit Niedrigpreisen.

Verbraucherschützer raten dagegen von der Recherche auf eigene Faust ab.Sie empfehlen ihre Computerberatungen.So bietet etwa die Stiftung Warentest für 20 DM eine Computeraktion zur Autoversicherung an (Coupon per Faxabruf: 01805/88 76 82 01).Eine knappe Woche dauert es, bis die Auswertung kommt.Die Tester scheinen mit ihrem Angebot den Nerv der genervten Kunden getroffen zu haben: 200 bis 300 Anfragen treffen pro Tag am Lützowplatz ein.

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