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Anton Schlecker und seine Tochter Meike auf dem Weg zum Landgericht in Stuttgart.

© Marijan Murat/dpa

Wegen Bankrotts und anderer Straftaten: Staatsanwaltschaft will die Schleckers in Gefängnis schicken

Der einstige Drogeriekönig Anton Schlecker und seine Kinder sollen für mehrere Jahre in Haft, fordern die Ankläger. Das Urteil fällt nächsten Montag.

Ginge es nach der Staatsanwaltschaft, werden Anton Schlecker und seine Kinder Lars und Meike Weihnachten im Gefängnis verbringen. Für drei Jahre soll der einstige Drogeriekönig in Haft, für zwei Jahre und zehn Monate sein Sohn Lars, für zwei Jahre und acht Monate seine Tochter Meike. Nur Ehefrau Christa, die bei Prozessauftakt im März dieses Jahres noch mit vor Gericht gestanden hatte, bleibt verschont. Sie hatte sich im Mai bereit erklärt, 60.000 Euro an gemeinnützige Organisationen zu zahlen. Das entspricht der Summe, die sie im Juni 2012 von zwei Firmen aus dem Schlecker-Imperium für einen Beratervertrag bekommen hatte – obwohl Schlecker zu diesem Zeitpunkt längst pleite war. Das Verfahren gegen Christa Schlecker wurde eingestellt.

Worum es in dem Prozess geht

Dem Rest der Familie ist es anders ergangen. In seinem Plädoyer ging der Stuttgarter Staatsanwalt Thomas Böttger am Montag hart mit Anton Schlecker ins Gericht. „Warum macht man so etwas?“, fragte er empört. „Im Februar 2011 war die Krise für alle spürbar, und dennoch erhöht Anton Schlecker absichtlich die Kosten für sein Unternehmen.“
Warum macht man so etwas? Darum geht es in dem Prozess. Nicht um die Pleite an sich, die 50 000 Beschäftigte um ihre Arbeitsplätze und die „Schlecker-Frauen“ in die Politik und ins Fernsehen brachte. Nicht um die Frage, ob der Zusammenbruch von Europas größter Drogeriekette mit 14.000 Filialen im Jahr 2012 vermeidbar gewesen wäre.

Staatsanwaltschaft: 16 Millionen Euro wurden verschoben

Was Anton Schlecker und seinen Kindern vor dem Landgericht Stuttgart zum Verhängnis werden könnte, sind Millionen, die der Firmenchef vor der Pleite an Kinder und Enkel weitergegeben hat. Auf gut 16 Millionen Euro beziffert die Staatsanwaltschalt die Summe der Transaktionen. Die Vorwürfe: Schlecker habe der Logistikfirma LDG seiner Kinder, die für die Verteilung von Shampoos, Zahnpasta und anderen Drogerieartikeln an die Filialen zuständig war, überhöhte Stundensätze gezahlt. Statt der branchenüblichen 18 Euro seien es bis zu 30 Euro gewesen. Kurz vor der Insolvenz habe Schlecker zudem der LDG Grundstücke für sieben Millionen Euro übertragen. Die Kinder hätten sich den Kaufpreis aus dem Vermögen ihrer Firma zurück geholt und die LDG damit in die Insolvenz getrieben. Das Geld zahlten Meike und Lars allerdings 2013 im Rahmen eines Vergleichs an den Insolvenzverwalter zurück.

48.000 Euro für einen Luxusurlaub

Die Liste der Ankläger ist aber noch länger: Auf ihr stehen 48.000 Euro für einen Urlaub der Schlecker-Kinder auf Antigua und 800.000 Euro für die vier Enkelkinder, Geld, das Schlecker nach Meinung der Staatsanwaltschaft den Gläubigern entzogen hat. Privates ist bei Schlecker keine Privatsache, weil er sein Imperium wie ein Kioskbesitzer als eingetragener Kaufmann geführt hat. Eine klare Trennung zwischen Geschäfts- und Betriebsvermögen gibt es da nicht.

Die Anklage lautet: Schwerer Bankrott

Schwerer Bankrott wird dem 73-Jährigen vorgeworfen, die Kinder müssen sich wegen Bankrotts, Beihilfe zum Bankrott, Insolvenzverschleppung und Untreue verantworten. Spätestens 2010 hätte Schlecker als erfahrener Kaufmann und quasi allein herrschender Firmenchef Bescheid gewusst, meinen die Ankläger. In dem Unternehmen sei es ab 2009 nur noch darum gegangen, „Löcher zu stopfen und sich von einer Liquiditätslücke zur nächsten zu handeln“. Schon 2009, also drei Jahre vor der Pleite, habe es „massive Liquiditätslücken“ gegeben. Anton Schlecker weist das zurück.

"Ich habe das nicht kommen sehen", sagt Schlecker

„Ich habe die Pleite nicht kommen sehen“, hatte der Unternehmer zu Beginn des Prozesses betont. „Ich bin davon ausgegangen, dass ich die Forderungen der Gläubiger immer erfüllen kann“. Schleckers Verteidiger Norbert Scharf hält das Vorgehen der Staatsanwaltschaft für überzogen. Er sprach am Montag von einem minder schweren Fall und verwies darauf, dass Schlecker noch vor gut einer Woche weitere vier Millionen Euro an den Insolvenzverwalter gezahlt habe, die in die Insolvenzmasse fließen.

Ab zwei Jahren ist eine Bewährung nicht möglich

Die Staatsanwaltschaft erkennt diese „Schadenswiedergutmachung“ durchaus an. Auch das hohe Alter des Angeklagten halten die Ankläger Schlecker zugute. Gleiches gelte für die Eingriffe in seine Privatsphäre durch die Medienberichte. Dennoch steht am Ende des monatelangen Prozesses die Forderung nach einer mehrjährigen Haftstrafe – wegen der Höhe der beiseite geschafften Beiträge. Was der Familie letztlich blüht, entscheidet sich am kommenden Montag. Dann will das Gericht sein Urteil verkünden. Schlecker und seine Kinder können nur hoffen, dass sie glimpflicher davon kommen als es die Staatsanwaltschaft will. Denn würde sich das Gericht den Anklägern anschließen, wäre es nicht möglich, die Strafe zur Bewährung auszusetzen. Das ginge nur bei einem Strafmaß von maximal zwei Jahren. Bei drei Jahren Freiheitstrafe würde am Gefängnis kein Weg vorbei führen.

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