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Jeden Euro zwei Mal umdrehen. Man kann sich vom Arbeitgeber unterstützen lassen, Förderprogramme oder Bildungskredite in Anspruch nehmen, um eine Fortbildung zu finanzieren. Oder man verlässt sich die Eltern und auf sein Erspartes. Foto: dpa

© picture alliance / dpa

Weiterbildung: Das nötige Kleingeld

Seminargebühren, Anfahrt, Unterbringung und Verdienstausfall – wer eine Weiterbildung machen will, hat hohe Ausgaben. Es gibt zwar viele Finanzierungsmöglichkeiten. Die richtigen zu finden, ist aber nicht immer einfach. Fünf Berufstätige berichten.

Lebenslanges Lernen und berufliche Weiterbildung sind wichtig. Bei manchen Arbeitgebern – etwa in der Pflegebranche oder in der Ergotherapie – sind Fortbildungen sogar Pflicht. Doch wie soll man einen der oft sehr teuren Kurse bezahlen? Besonders für Freiberufler und Kleinunternehmer, die gleichzeitig zu den Kosten auch noch unbezahlt Arbeitszeit verlieren, sind hohe Seminargebühren, zu denen oftmals noch Anreise- oder Übernachtungskosten oder Prüfungsgebühren kommen, eine Hürde. Unterstützungsmöglichkeiten durch den Arbeitgeber, Förderprogramme, Bildungskredite oder sogar Crowdfunding im Internet – es gibt viele Finanzierungsmöglichkeiten. Die richtige zu finden, ist aber nicht immer einfach, weil es je nach Alter, Branche und Bundesland unterschiedliche Töpfe gibt. An dieser Stelle berichten, fünf Berufstätigen, die kürzlich eine Weiterbildung abgeschlossen haben und teilweise schon bei der nächsten sind, wie sie das finanziert haben.

LOHNFORTZAHLUNG IM URLAUBSFALL

Mit viel Selbstbewusstsein hat sich Romina Menke 2012 ein viermonatiges Auslandssemester in Spanien finanziert. Etwa 2600 Euro kostete das Zusatzprogramm zu ihrem Bachelorstudium an der FOM Hochschule für Ökonomie und Management, das die 27-Jährige neben ihrer Arbeit als Sachbearbeiterin für den Kunststoff- und Stahlverarbeiter PUK-Werke KG in Berlin absolvierte. Menke erwartete hohe Zusatzkosten, allein für ihr etwa acht Quadratmeter großes Zimmer im spanischen Murcia zahlte sie 350 Euro Miete. Dazu liefen ihre monatlichen Fixkosten in Berlin weiter. Insgesamt kam sie auf 8000 Euro für den Auslandsaufenthalt. „Ich möchte das unbedingt machen, aber ich brauche mein monatliches Gehalt“, sagte sie also ihrem Chef – und war mit der Taktik erfolgreich:. Vier Monate lang wurden ihr weiter 1600 Euro pro Monat bezahlt, im Gegenzug verbrauchte sie ihren Bildungsurlaub und vier Urlaubswochen. Leider funktioniere es nicht immer so gut, sagt Menke. Derzeit schließt sie einen Master in Sales Management an und zahlt 400 Euro Studiengebühren pro Monat plus Immatrikulationsgebühren. Sie hat einen mittlerweile neuen Vorgesetzten und diesen ebenfalls um um Unterstützung dabei gebeten – ohne Erfolg. Die Weiterbildung kann sie aber mittlerweile von ihrem laufenden Einkommen bezahlen. Sie wurde kürzlich befördert.

MIT ERSPARTEM UND FAMILIENHILFE

Tobias Schwab hat seine zweisemestrige Weiterbildung in Sozialkompetenz auch mit Blick auf die Kosten früh organisiert und dadurch viel gespart: Für die Fahrtkosten zur Hochschule Fulda hat er in seinem Kalender immer die Tage markiert, an denen die günstigsten Bahntickets in den Online-Verkauf gehen und so fast immer den niedrigsten Sparpreis für 58 Euro bezahlt. Gewohnt hat der heute 32-jährige Berliner in Fulda in einer kleinen Pension oder mit einer Studienkollegin in einer Privatunterkunft. Getränke und Kekse wurden von der Hochschule Fulda gestellt, so blieben nur die Kosten für das Abendessen zu berechnen. Auf 200 Euro kam Schwab pro Präsenztermin, zusätzlich zu den 1500 Euro Studiengebühr pro Semester. Insgesamt kam er auf gut 5000 Euro für die Weiterbildung. Schwab arbeitet als Büroleiter einer Bundestagsabgeordneten und lebt in Berlin ohne Auto und mit günstiger Miete, sagt er. So hatte er einiges auf der hohen Kante, womit er Weiterbildung teilweise finanzieren konnte. Was noch fehlte, gaben seine Eltern hinzu. Unverhofft gab es nach der Weiterbildung noch eine Finanzspritze vom Finanzamt: Weil er die Weiterbildungskosten bei der Einkommenssteuererklärung abschrieb, bekam er ein Drittel der Ausgaben zurück.

WEITERBILDUNG ZUR ABFINDUNG

Für Mechthild Heini kam die Weiterbildungsfinanzierung mit einem Abschied. Als sich 2012 bei ihrem damaligen Arbeitgeber, einem Berliner Energieversorger, Stellenabbau ankündigte, verhandelte der Betriebsrat zusätzlich zur Abfindung ein Weiterbildungsbudget für die Angestellten, die das Unternehmen verlassen mussten. Für Mechthild Heini hieß es sich beruflich umzuorientieren: Erst belegte die heute 53-Jährige während sie noch angestellt war auf eigene Kosten einen Kurs zur Seniorenassistenz, der 1200 Euro kostete. Drei anknüpfende, vertiefende Weiterbildungen konnte sie dann ihrem ehemaligen Arbeitgeber in Rechnung stellen: eine Ausbildung zur Gedächtnistrainerin für 1200 Euro, demnächst eine Weiterbildung „Selbstständig im Alter“ an zwei Wochenenden in Leipzig für 800 Euro. Die Anfahrt bezahlt sie selbst, als Unterkunft gönnt sie sich ein Zimmer in einem Mittelklasse-Hotel nahe der Uni. Auch einen zweimonatigen Existenzgründerkurs hat Heini noch vom alten Arbeitgeber bezahlt bekommen. Nun ist sie dabei, sich als freiberufliche Seniorenassistentin in Charlottenburg zu etablieren.

BAFÖG PLUS NEBENJOB

Um beruflich neu zu starten, nimmt Sylvester Liberra gerade finanziell einige Einbußen in Kauf: Nach seiner Tätigkeit in der Sicherheitsbranche hat der 29-Jährige an der privaten Berufsschule Forum Berufsbildung in Kreuzberg eine Ausbildung zum Sport- und Fitnesskaufmann begonnen. 195 Euro kostet ihn das pro Monat - enthalten ist darin auch die Vorbereitung und Prüfung für eine B-Lizenz als Fitnesstrainer, die er bereits absolviert hat. Als Auszubildender hat er jetzt etwa die Hälfte seines früheren Einkommens zur Verfügung: 530 Euro pro Monat bekommt er über BAföG. Neben der Azubi-Arbeit im einem Friedrichshainer Fitnessstudio jobbt er noch 15 Stunden pro Woche im Laden eines Sportartikelherstellers. Mehr als 450 Euro darf er aber nicht dazu verdienen. „Es ist eine große Umstellung: Man geht nicht mal eben eine Kleinigkeit essen oder ins Kino“, sagt Liberra. Für viele Ermäßigungen, die sonst für Berufsschüler gelten, etwa für die BVG-Monatskarte, in Schwimmhallen oder Museen, ist er schon zu alt. Liberra fährt deshalb fast nur noch Fahrrad. Wenn am Ende des Monats doch etwas übrig bleibt, legt er es zur Seite für die nächste Weiterbildung. Er interessiert sich für eine Ausbildung zum Yoga-Trainer im Ausland. Die kostet aber rund 3500 Euro.

PER RATENZAHLUNG

Dass sie die 2400 Euro für die Weiterbildung zur Tierverhaltenstherapie in Raten zahlen konnte, hat Sabine Becker bei der Finanzierung entlastet. Die heute 59-Jährige hatte Ende 2012 einen einjährigen Kurs an der Alice Salomon Hochschule begonnen und sich im Vorfeld um eine Förderung für Berufstätige über 50 bei der Agentur für Arbeit bemüht. In einem Zeitungsartikel hatte sie gelesen, dass das möglich ist. „So ein bisschen vergleichbar mit einer Odyssee“ beschreibt Becker wie sie sich fühlte, während sie versuchte, den Zuschuss zu beantragen, der die Hälfte der Kosten gedeckt hätte. Schließlich fand sie heraus, dass sie nicht anspruchsberechtigt war, weil der Lehrgang, den sie ausgesucht hatte, nicht als Weiterbildung bei der Agentur für Arbeit zertifiziert war. Also finanzierte Becker den Kurs mit dem Erlös aus dem Verkauf ihres Autos und schränkte sich bei Freizeitausgaben ein. Vom Arbeitgeber, einem sozialpädiatrischen Zentrum in freier Trägerschaft, gab es keine finanzielle Unterstützung – obwohl die Mitarbeiter im Zuge des Qualitätsmanagements zur Weiterbildung verpflichtet sind. Immerhin durfte sie die Weiterbildungstage als Mehrarbeit gutschreiben und später Ausgleichstage nehmen.

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