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Grundlage für Forschung und Lehre. Experten für Wissenschaftsmanagement schreiben etwa Projektanträge, um Drittmittel einzuwerben oder koordinieren einen Studiengang. Viele Teilnehmer an den entsprechenden Fortbildungen sind in der Forschung tätig und wollen für den Fall vorsorgen, dass sie keine Professur bekommen.

© Britta Pedersen picture alliance / dpa

Weiterbildung: Wie man Wissenschaft managt

Universitäten und Forschungsinstitute brauchen zunehmend Experten, die sich um Marketing und Organisation kümmern. Für wen sich eine Fortbildung lohnt

Sie hatte zur Geschichte von Forschungsreisen und früher Mechanik publiziert, war aber auch zuständig für die Projektkoordination einer online-Datenbank und für Public Relations: Mehr als zehn Jahre war Simone Rieger am Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte in Berlin beschäftigt, als sie sich 2012 dazu entschied, noch einmal zu studieren. Das berufsbegleitende Masterprogramm „Wissenschaftsmarketing“ an der Technischen Universität Berlin sollte es sein. Dass ihr befristeter Vertrag nicht noch ein weiteres Mal verlängert werden würde, war bereits abzusehen. „An der Schnittstelle von Forschung und Verwaltung hatte ich als wissenschaftliche Mitarbeiterin bereits lange gearbeitet“, sagt sie, „nun wollte ich meine bisher erworbenen Kenntnisse weiter fundieren und durch einen Studienabschluss zertifizieren.“ Als Magistra der Philosophie und Linguistik war sie in Sachen Management, PR und Verwaltung schließlich Quereinsteigerin.

Wie Simone Rieger geht es vielen, die nach dem Studium der Wissenschaft treu bleiben. Zwar sind Stellen für wissenschaftliche Mitarbeiter meist auf die Wahrnehmung von Forschungsaufgaben ausgerichtet, doch fast immer wird erwartet, dass parallel Koordinations- und Verwaltungsaufgaben übernommen werden. Nur die wenigsten sind nach ihrem Studium darauf vorbereitet, viele müssen in ihre neue Rolle erst hineinwachsen. Vom Schreiben von Projektanträgen, um Drittmittel einzuwerben, bis hin zur Unterstützung bei der Koordination eines Studiengangs reichen die Aufgaben.

Das nötige Kleingeld für die Wissenschaft organisieren.
Das nötige Kleingeld für die Wissenschaft organisieren.

© picture alliance / dpa

Wenn die Bedeutung von Drittmitteln in der jüngeren Vergangenheit auch stark zugenommen hat: Was man heute Wissenschaftsmanagement nennt, gibt es im Grunde, seit es Universitäten gibt. Neu ist vielmehr die Professionalisierung auf dem Gebiet. „Als eigenständiges Berufsfeld neben der klassischen Verwaltung hat sich das Wissenschaftsmanagement erst in den letzten Jahren herauskristallisiert“, sagt Michael Hölscher, Professor für Hochschul- und Wissenschaftsmanagement an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer.

Die Gründe hierfür sind vielschichtig. So hat die Konkurrenz im Wissenschaftsbetrieb – Stichwort Exzellenzinitiative – ebenso zugenommen wie die Studierendenzahlen. Auch die „Rolle der Bildung für die ökonomische Wettbewerbsfähigkeit in der globalisierten Welt“ werde immer stärker betont, erklärt Hölscher.

Angestoßen durch diese Entwicklungen entstanden zahlreiche Weiterbildungsprogramme im Bereich des Wissenschaftsmanagements: 2003 startete der MBA-Studiengang „Hochschul- und Wissenschaftsmanagement“ an der Hochschule Osnabrück, 2004 wurde in Oldenburg das MBA-Programm „Bildungs- und Wissenschaftsmanagement" ins Leben gerufen. Seit 2007 bietet die Helmholtz-Akademie für Führungskräfte mit Sitz in Berlin Weiterbildungsprogramme für ihre eigenen Beschäftigten an, seit 2009 stehen die Kurse auch für Externe offen. Und an der Universität Speyer können Interessierte seit 2012 einen Master of Public Administration in „Wissenschaftsmanagement“ studieren, zuvor gab es dort bereits ähnliche Weiterbildungsprogramme.

Simone Rieger fiel die Entscheidung für den Studiengang „Wissenschaftsmarketing“, der seit 2005 an der Technischen Universität Berlin angeboten wird, leicht: An der der TU hatte sie bereits ihr Magisterstudium abgeschlossen, Berlin war seit Langem ihr Lebensmittelpunkt. Zwar sind fast alle berufsbegleitenden Masterprogramme im Bereich Wissenschaftsmanagement als Fernstudiengänge konzipiert, doch in der Regel gibt es alle zwei Wochen Präsenzphasen, meist freitags und samstags. Bei Studiengebühren zwischen 6000 und 14 000 Euro ist nicht nur die Zeit eine knappe Ressource, wer die Möglichkeit hat, vermeidet das Pendeln auch aus finanziellen Gründen.

Mit rund 10 000 Euro für das gesamte Studium liegt die Technische Universität im Durchschnitt. Auffälligster Unterschied zu den anderen Unis ist der Verzicht der TU auf das Wort „Management“ im Titel ihres Studiengangs. Michaela Kirchner, Studienleiterin des Programms „Wissenschaftsmarketing“ sagt, dies hänge damit zusammen, dass an der TU der Fokus auf der Ausbildung von individuellen Führungskompetenzen liege. Hiermit wolle man sich auch von anderen, eher betriebswirtschaftlich oder verwaltungswissenschaftlich orientierten Programmen abgrenzen.

Die Studiengänge sind praxisnah

In acht Modulen lernen die Studierenden an der TU die Basics von Projektmanagement, Marketing und Veranstaltungsorganisation. Die Grundlagen der Akquirierung von Finanzmitteln für wissenschaftliche Projekte dürfen natürlich ebenso wenig fehlen, wie das Erlernen der wichtigsten Instrumente der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Besonderen Wert legt man in Berlin – wie an den anderen Universitäten auch – auf die Praxisnähe des Studiengangs. Ein Großteil der Dozenten arbeitet in Forschungsinstituten, an Universitäten oder in der Politik. In viertägigen Präsenzphasen geben die Praktiker eine Einführung ins jeweilige Themengebiet, anschließend vertiefen die Studierenden die Inhalte über die Online-Lernplattform Moodle, zum Beispiel durch das Bearbeiten von Transferaufgaben.

Die beruflichen und biografischen Hintergründe der Teilnehmer des Programms seien durchaus heterogen, erklärt Wolfgang Merten, der sich die Leitung des Studiengangs zusammen mit Michaela Kirchner teilt. Jüngere Teilnehmer, die sich früh für eine Karriere im Wissenschaftsmanagement entschieden hätten, seien ebenso unter den Studierenden zu finden wie jene, die bereits seit vielen Jahren in wissenschaftlichen Institutionen arbeiteten und den Master vor allem wegen der unmittelbar anwendbaren Inhalte studieren. Eine größere Gruppe machten in der Forschung tätige Teilnehmer aus – viele bereits promoviert –, die der klassischen akademischen Laufbahn misstrauten, an deren Ende oft doch keine Professur steht. Ihre Motivation sei es, so Merten, sich eine zweite Karriereoption aufzubauen.

Es ist nicht schwer, nach dem Abschluss eine Stelle zu finden

Belastbare Zahlen zum Erfolg der Alumni des Studiengangs auf dem Arbeitsmarkt, etwa in Form einer Absolventenstudie, gebe es zwar nicht, sagt Merten. Ihm seien jedoch keine Alumni bekannt, die nach dem Studium Probleme gehabt hätten, eine passende Stelle zu finden. Ohnehin würden viele den Studiengang auch als Chance nutzen, um in ihrem bisherigen Job aufzusteigen. Absolventen des Programms, erklärt Merten nicht ohne Stolz, seien heute tätig in Max-Planck-, Fraunhofer- und Leibniz-Instituten, in Universitäten, Unternehmen und Agenturen. Auch Mittlerorganisationen wie der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) oder Ministerien zählen zu den Arbeitgebern der Alumni. Den klassischen MBA-Programmen nicht unähnlich, bietet der Studiengang den Teilnehmern eine gute Basis, um das eigene berufliche Netzwerk auszubauen.

Die Situation auf dem Arbeitsmarkt für Absolventen der neuen Studiengänge schätzt auch Hölscher von der Universität Speyer grundsätzlich positiv ein. Insgesamt sei „davon auszugehen, dass sich in den nächsten Jahren die Anzahl der Stellen im Wissenschaftsmanagement weiter erhöhen wird.“

Ebenfalls erhöhen wird sich auch das Angebot auf dem Weiterbildungsmarkt. Im Sommersemester 2016 soll an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster der Studiengang „Hochschul- und Wissenschaftsmanagement“ starten – ein Master of Arts. Auch an der TU Berlin plant man mittelfristig einen weiteren Ausbau des Angebots, nachdem erst vor kurzem ein neuer Zertifikatskurs „Wissenschaftsmanagement“ ins Leben gerufen wurde. Ob es durch die verschiedenen neuen Angebote langfristig zu einer Übersättigung des Markts kommen könnte, wie es von Experten mittlerweile bei den klassischen MBA-Programmen konstatiert wird, bleibt abzuwarten.

Für Simone Rieger jedenfalls hat sich der Abschluss des Studiengangs „Wissenschaftsmarketing“ an der TU bezahlt gemacht. In Kürze wird sie eine neue Stelle als Forschungsreferentin im Bereich Wissenschaftsmanagement und Kommunikation antreten. Sie ist sich sicher, dass ihr der Masterabschluss zusätzliche Pluspunkte bei ihrem neuen Arbeitgeber gebracht hat.

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