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Bitte lächeln. Bei der Werbung für Kim gehen die USA auf Nummer sicher.

© AFP

Weltbankpräsident: Der Kandidat und das Prinzip

Eigentlich besetzen traditionell die USA die Spitze der Weltbank. Aber diesmal gibt es eine Gegenkandidatin und ziemlich viele Diskussionen.

Für jemanden, der den Job scheinbar sicher hat, muss sich Jim Yong Kim ganz schön anstrengen. Acht Länder bereiste der US-Kandidat für die Weltbank-Präsidentschaft in knapp zwei Wochen, um Regierungschefs und Finanzminister rund um den Globus von sich zu überzeugen.

Bereits am heutigen Montag wählen in Washington die 25 Mitglieder des Exekutivgremiums der Entwicklungshilfe-Gruppe den Nachfolger des scheidenden Robert Zoellick. Der Amerikaner Kim ist klarer Favorit – schließlich bekommen die Europäer dafür den Vorsitz beim Internationalen Währungsfonds (IWF). So will es die Tradition.

Doch diesmal könnte alles anders kommen. Immer weniger Staaten akzeptieren die sechs Jahrzehnte alten Absprachen, nach denen die USA und Europa die weltweit einflussreichen Finanzeinrichtungen wie nach Gutsherrenart unter sich aufteilen. Aufstrebende Länder haben die Praxis ebenso satt wie die ärmsten Staaten, die ihren Bedürfnissen mehr Gehör verschaffen wollen. „Der Weltbank-Job soll nur nach Fähigkeiten allein vergeben werden“, kommentierte die „New York Times“ jüngst. Der US-Pass genüge nicht mehr als Auswahlkriterium für Weltbankchefs.

Die Kritik richtet sich nicht gegen Kim als Person. Zwar gab es Verwunderung über die Entscheidung von US-Präsident Barack Obama, einen Medizin-Professor statt eines Finanzexperten für die Spitze der Bank zu nominieren. Aber viele halten den Ansatz auch für originell. „Der Leiter der Weltbank sollte ein umfassendes Verständnis über die Rolle der Entwicklungshilfe in der Welt haben“, meinte Obama. Kims Lebenslauf stützt diesen Anspruch: Der gebürtige Südkoreaner ist Sohn von Einwanderern und leitet derzeit das renommierte Dartmouth College im Staat New Hampshire. Dort habe er Pionierarbeit für die internationale Verbreitung kostengünstiger, hochwertiger Gesundheitsversorgung geleistet, teilte das Weiße Haus mit. Kim war Mitbegründer der humanitären Einrichtung „Partners in Health“, die sich seit 25 Jahren für die medizinische Behandlung von Armen in der Welt einsetzt. Zudem war der Arzt einst Direktor der Aids- und HIV-Abteilung bei der Weltgesundheitsorganisation WHO.

Was vielen sauer aufstößt ist vielmehr, dass Kims Mitbewerber von Anfang an kaum Chancen zugeschrieben wurden. Erstmals in der Geschichte der Weltbank gibt es nämlich nicht nur den einen US-Kandidaten. Auch die nigerianische Finanzministerin Ngozi Okonjo-Iweala ist im Rennen, und auch der frühere kolumbianische Finanzminister José Antonio Ocampo hatte um Stimmen gekämpft. Er gab inzwischen entmutigt auf, aber Okonjo-Iweala insistiert weiter, am besten auf den Job zu passen. „Ich weiß, was es bedeutet, zum Fluss zu laufen, um Wasser zu holen. Was es bedeutet, wenn Menschen arm sind und nicht genügend zum Essen haben“, sagte die 57-Jährige, die Abschlüsse der Elite-Universitäten Harvard und Massachusetts Institute of Technology vorweisen kann, bei einer ihrer Vorstellungsrunden. Nicht zuletzt kennt die Afrikanerin die Weltbank nach Jahren in hohen Positionen in- und auswendig. Sie gilt als die „perfekte Insiderin“, meint die „Washington Post“. „Sie würde Dinge von Anfang an zum Laufen bringen“, schrieben Dutzende Ex-Manager der Weltbank in einem offenen Brief und forderten ihre Wahl.

Doch für eine Revolution bei der Besetzung des Chefsessels scheint die Zeit noch nicht gekommen. Nicht nur halten die USA und Europa die klare Mehrheit der Weltbank-Anteile und damit der Stimmen, sondern auch andere Länder deuten ihre Unterstützung für Kim an. Er sei „ein Profi von internationalem Format, der mit der praktischen Arbeit vertraut ist und Führungsposten in großen internationalen Organisationen innehatte“, sagte der russische Finanzminister Anton Siluanow. Ähnlich sehen das Schwellenländer wie Brasilien und Indien.

Um nicht dennoch eine Pleite zu erleben, gehen die USA bei der Werbung für ihren Kandidaten Kim auf Nummer sicher. Am Donnerstag nutzte Außenministerin Hillary Clinton das Treffen mit ihren Kollegen der großen Industrienationen und Russland (G8), um den 52-Jährigen noch einmal zu loben. „Ich glaube, er ist eine exzellente Wahl“, schärfte sie den anderen Chefdiplomaten ein. (dpa)

Marco Mierke[Washington]

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