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Wirtschaft: Weltbörsen in der Krise: Sind Aktien langfristig noch sicher?

Gelten die alten Börsenweisheiten noch? Nach einem Jahr Dauerabsturz an den Börsen stellen sich viele Anleger heute diese Frage.

Gelten die alten Börsenweisheiten noch? Nach einem Jahr Dauerabsturz an den Börsen stellen sich viele Anleger heute diese Frage. Sind Aktien langfristig wirklich die beste Kapitalanlage? Bisher haben viele Kleinanleger eine erstaunliche Ausdauer bewiesen und ihre Papiere nicht verkauft. Aber ist ihre Hoffnung überhaupt berechtigt, dass sich die Kurse bald wieder erholt haben und ihre Verluste wieder verschwunden sein werden? Das gilt sicher nicht für diejenigen, die ihr Geld in so manchen Neuen-Markt-Wert gesteckt haben. Die Aktien der Gigabell-Aktionäre zum Beispiel sind unwiderruflich vom Kurszettel verschwunden. Und so manchem Telekom-Aktionär dämmert, dass er auf absehbare Zeit einen Kurs von 100 Euro nicht wieder erwarten kann.

Schaut man sich die Entwicklung der meisten Aktienmärkte im vergangenen Jahrhundert an, so haben eher die Optimisten Recht. Wer Anfang der 50er Jahre deutsche Aktien gekauft hat, hat damit bis heute etwa sieben Mal mehr verdient als mit deutschen Staatsanleihen. Ähnlich erging es auch amerikanischen Anlegern. Das Problem ist der Zeitraum, der betrachtet wird. Sicher, auf lange Sicht, also über einen Zeitraum von 30 oder 40 Jahren, sind Aktien bisher eine unschlagbar gute Anlage gewesen. Doch über die Rendite entschied immer auch der Einstiegszeitpunkt. Wer Anfang der 60er Jahre deutsche Aktien kaufte, musste mehr als 20 Jahre darauf warten, bis sich seine Verluste ausgeglichen hatten. Im Prinzip gilt das für die Börsencrashs 1929 und 1987 ebenfalls. Es dauerte Jahre, bis die Kurse das alte Niveau erreichten. Wer also kurz vor den Einbrüchen kaufte, musste einen sehr langen Atem beweisen, wenn er seine Papiere nicht mit großen Verlusten wieder abstoßen wollte. Besonders schlecht erging es japanischen Anlegern. Lag der Nikkei in Tokio 1990 noch bei etwa 40 000 Punkten, ging es seitdem abwärts. Heute steht der Index bei 13 000.

Langfristig ist relativ. Was "langfristig" bedeutet, das muss jeder für sich selber festlegen. Denn es gilt der Satz des Ökonomen John Maynard Keynes: "Langfristig sind wir alle tot." Ein junger Mensch, der eine gute Rendite für sein Erspartes sucht, braucht das Geld vielleicht schon sehr bald, wenn er eine Familie gründet und ein Haus baut. In jedem Fall wird er kaum zehn Jahre darauf verzichten können. Auch Rentner planen meist nicht in Zeitspannen von über 20 Jahren. Je nach Börsenzyklus kann das auch schief gehen. Deshalb sollte man sich kurz- und mittelfristig nie nur auf Aktien verlassen.

Doch bieten Staatsanleihen und Immobilien wirklich eine Alternative? Kaufte jemand in den 70er Jahren britische Festverzinsliche, machte er ein schlechtes Geschäft. Bundespapiere bieten heute auch keinen großen Anreiz. Angesichts fallender nomineller Zinsen wird die Rendite durch die Inflation auf gut zwei Prozent gedrückt. Daneben sind Immobilien auch nur so lange ein sicherer Anleger-Hafen, bis der Verkauf nötig wird. Ist die allgemeine wirtschaftliche Lage schlecht - oder schrumpft wie derzeit die Bevölkerung -, dann geht auch der Bedarf an Immobilien zurück. Die Preise fallen.

Für den Abgesang auf die Aktie ist es also zu früh. Keine Anlageart kann garantieren, zu jeder Zeit die beste und sicherste zu sein. Dabei geben Börsenweisheiten zwar ein paar Regeln an die Hand, aber die Entscheidung nehmen sie dem Anleger nicht ab. Aktien sollten bei der Auswahl der Geldanlage nicht außer Acht gelassen werden. Aber: Schlafen legen sollte man sich danach nicht. Wacht man zum falschen Zeitpunkt auf, könnte es eine böse Überraschung geben.

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