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Welthandel: Gipfeltreffen beginnt mit Protesten

Begleitet von Ausschreitungen gewalttätiger Demonstranten hat der WTO-Gipfel am Dienstag in Hongkong begonnen. Bei dem Gipfel geht es bis zum Sonntag um den Abbau milliardenschwerer Zölle und Subventionen.

Hongkong - An dem Treffen nehmen Minister aus den 149 Mitgliedstaaten der Welthandelsorganisation (WTO) teil. Mit einem Durchbruch bei der seit 2001 laufenden Doha-Entwicklungsrunderunde wird aber nicht gerechnet. WTO-Generaldirektor Pascal Lamy warnte: «Einfache Lösungen gibt es nicht.»

Die mit Helmen, Schilden und Schlagstöcken ausgerüstete Polizei setzte nach einem Gerangel mit Demonstranten Reizgas ein. Fünf Menschen wurden leicht verletzt und fünf Protestler festgenommen. Auslöser waren offensichtlich Mitglieder einer radikalen koreanischen Bauernbewegung, die zum abgesperrten Kongresszentrum vordringen wollten. Einige Dutzend Koreaner in Schwimmwesten sprangen ins Wasser und versuchten vergeblich, den nur wenige hundert Meter entfernten Tagungsort zu erreichen.

Insgesamt demonstrierten mehrere tausend Menschen friedlich in den Straßen der Millionenmetropole. Auch im Plenarsaal des Kongresszentrums hielten einige WTO-Kritiker Transparente hoch und skandierten Protestparolen. Globalisierungskritiker und Umweltschützer befürchten, dass Zollsenkungen und Handelserleichterungen vor allem den armen Ländern und der Umwelt schaden. Lamy sagte: «Mir ist klar, dass die WTO nicht zu den populärsten Organisationen der Welt gehört.» UN-Generalsekretär Kofi Annan appellierte in einer verlesenen Erklärung, nicht die Hoffnungen von Millionen von Menschen zu enttäuschen, die der Armut entfliehen wollten.

Kritik an der EU-Landwirtschaft

Zu Gipfelbeginn geriet die Europäische Union (EU) wegen ihrer abgeschotteten und hoch subventionierten Landwirtschaft unter Beschuss. Die von Brasilien und Indien angeführte Gruppe der G-20-Schwellenländer forderte ein Ende aller Agrar-Exportsubventionen in fünf Jahren. Die EU hat bisher dafür kein Datum angekündigt. Der indische Handels- und Industrieminister Kamal Nath: «Die Exportsubventionen müssen unzweideutig beseitigt werden.»

Der Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium Bernd Paffenbach, der bis zum Eintreffen von Minister Michael Glos (CSU) am Donnerstag die deutsche Delegation führt, sagte, es sei nicht gerechtfertigt, der EU den Schwarzen Peter zuzuschieben. Als einziger WTO-Akteur habe die EU ein konkretes Zollsenkungsangebot gemacht. Bundesagrarminister Horst Seehofer (CSU), der zusammen mit Glos nach Hongkong reist, forderte im Deutschlandfunk Bewegung von Brasilien, Indien und den USA.

Der US-Handelsbeauftragte Rob Portman kritisierte die EU-Attacken gegen die US-Nahrungsmittelhilfe. In der Tat geißelte EU-Handelskommissar Peter Mandelson diese kostenlose Unterstützung für arme Länder. «Eine radikale Reform der US-Nahrungsmittelhilfe ist ein unverzichtbarer Bestandteil dieser Handelsrunde». Lamy zeigte sich zuversichtlich, dass sich die beiden größten Handelsblöcke hier einigen können. Dies könnte ein Schlüssel sein für eine mögliche Abschaffung aller Exportsubventionen.

Mandelson setzte sich besonders für die ganz armen Länder ein. Nach dem Vorbild der EU sollen USA und Japan ihren Markt ohne jegliche Zölle und Quoten für die Ausfuhren der Armen öffnen. Ein Kompromiss auf diesem Feld scheint bereits in Hongkong möglich.

Wegen Blockaden bei der Landwirtschaft, Industriegütern und Dienstleistungen wird mit dem Abschluss der Doha-Entwicklungsrunde erst 2006 oder Anfang 2007 gerechnet. Lamy will in Hongkong nach eigenen Worten «55 bis 66 Prozent» des Doha-Fahrplans erledigen. (tso/dpa)

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