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Globales Dorf. Das Weltwirtschaftsforum in Davos erwartet 2500 Teilnehmer.

© AFP

Weltwirtschaftsforum: Burnout in Davos

Der Anschlag am Moskauer Flughafen wirkt sich auch auf das Weltwirtschaftsforum in Davos aus. Eigentlich wollte Russlands Präsident Dmitri Medwedew am Mittwoch die Eröffnungsansprache halten, sagte aber umgehend ab.

Berlin - Wer den Part übernimmt, blieb zunächst unklar. Im vorletzten Jahr hatte Amtsvorgänger Wladimir Putin, der russische Ministerpräsident, die Eröffnungsrede gehalten. Damals sprach er schon ein Thema an, dass diesmal größtes Gewicht bekommen dürfte: die Zukunft des globalen Währungssystems. „Übertriebene Abhängigkeit von einer Reservewährung ist gefährlich für die Weltwirtschaft“, warnte Putin mit Blick auf den Dollar.

Ähnlich dürfte sich am Donnerstag Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy äußern, der in diesem Jahr den Vorsitz der G 20, also der größten Industrie- und Schwellenländer, innehat und eine Reform des internationalen Währungssystems auf die Agenda setzt. Bei dem heiklen Thema soll Deutschland Vorschläge erarbeiten und so mit in die Verantwortung genommen werden. Letztlich geht es darum, ob die Leitwährung Dollar gegenüber Euro oder chinesischem Yuan an Bedeutung verlieren soll. So trifft es sich gut, dass US-Finanzminister Timothy Geithner ebenfalls anreist: als einziger Minister des Obama-Kabinetts.

Die Deutschen sind da weniger zurückhaltend. So stark wie diesmal war die Bundesregierung noch nie in Davos vertreten. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist nach einjähriger Abwesenheit wieder dabei und hält am Freitag eine Rede. Aber auch ein Großteil ihres Kabinetts hat sich angesagt: Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) ebenso wie Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), ferner Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) und Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU). In verschiedenen Flugzeugen reisen sie nach Zürich, von da per Hubschrauber Richtung Zauberberg. Allerdings sind die meisten nur wenige Stunden des fünftägigen Treffens vor Ort.

Die Bundesregierung ist in Rekordstärke unterwegs, aber auch China und Indien sind so stark vertreten wie noch nie. „Gemeinsame Normen für eine neue Realität“ lautet das Motto des 41. Weltwirtschaftsforums. Die neue Realität – damit ist vor allem der Aufstieg der großen Schwellenländer gemeint. Die Macht habe sich von West nach Ost und von Nord nach Süd verlagert, die Welt befinde sich in einem „neuen Zeitalter der Post-Globalisierung“, sagt der 72-jährige Gründer des Forums, der Deutsche Klaus Schwab. Ein „globaler Burnout“ zeichne sich ab, und viele Entscheider handelten nicht mehr „proaktiv, sondern reaktiv wie eine Feuerwehr“, meint Schwab.

Die deutschen Minister sitzen auf diversen Podien, nutzen aber Davos vor allem für Kontakte. So trifft sich Brüderle unter anderem mit Amtskollegen aus Indien, Brasilien, Kanada und Malaysia. Leyen, die das erste Mal dabei ist, lädt für Samstagnachmittag, wenn die meisten der 2500 Teilnehmer schon auf dem Heimweg sind, zu einem Get-Together: Rund „zwei Dutzend deutschsprachige Spitzenmanager“ hätten die Einladung angenommen, berichtet ihr Ministerium.

Dass solche Termine Brisanz haben können, weiß Guttenberg nur zu gut: Vor einem Jahr war Brüderle bitter aufgestoßen, dass der Freiherr auftrat, als wäre er noch Wirtschaftsminister, und ein großes Frühstück für wichtige Manager gab. Das hält Guttenberg jedoch nicht davon ab, seine Einladung auch diesmal auszusprechen: für Samstagmorgen – da ist Brüderle schon abgereist. Moritz Döbler

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