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Wirtschaft: Weltwirtschaftsforum Davos: Das globale Dorf setzt Akzente

So hat sich Klaus Schwab die Zukunft von "seinem" Davos nicht vorgestellt. Vermummte haben es auf das Weltwirtschaftsforum 2001 abgesehen.

So hat sich Klaus Schwab die Zukunft von "seinem" Davos nicht vorgestellt. Vermummte haben es auf das Weltwirtschaftsforum 2001 abgesehen. Perfekt vernetzt rüsten die Globalisierungsgegner auf. Lautstärker noch als im letzten Jahr. Nach Seattle und Prag scheint nun Davos an der Reihe zu sein. Der Bündner Luftkurort droht zum Schauplatz plakativer Protestkundgebungen zu werden - gegen die Dominanz des Profit, gegen den falschen Mythos von Davos. Das trifft den erfolgreichsten Event-Manager der Business-Community, den Vater von Davos, Klaus Schwab, gleich doppelt. Umweltschützer und Vertreter der so genannten Zivilgesellschaft hatte der in Schwaben aufgewachsene Ökonom schon zu einer Zeit auf seiner Gästeliste, als das traditionelle Management bewusst auf Distanz zu den kritischen Geistern ging. Davos soll jedem offen stehen. Auch Nichtregierungs- und Gewerkschaftsorganisationen, die den "Ungeist von Seattle" bannen können. Eigens hat der 62-jährige Wirtschaftsprofessor aus Genf außerdem sein World Economic Forum (WEF), das im Februar 1971 zum ersten Mal als "Erstes Europäisches Management Forum" stattfand, in eine Stiftung eingebracht - um zu demonstrieren, dass es ihm nicht um Geschäfte geht, sondern in erster Linie um Gemeinnützigkeit. Ein Mann, von dem man sagt, dass er Profit stets mit sozialem Gewissen verknüpft wissen will. Eines Tages möchte er einen Nobelpreis für soziales Unternehmertum vergeben.

"The business to business ist not only business", erklärt der Marketingfachmann Schwab. Das heißt nichts anderes, als dass man Geschäfte auch auf angenehme Art abwickeln kann. Sein "Konferenzkonzern", der nicht nur "Davos", sondern elf weitere Tagungen weltweit ausrichtet und in 1-A-Lage am Genfer Nobelvorort Cologny residiert, soll "den Status der Welt verbessern". Die Schwab-Connection machts möglich.

Immerhin: In drei Jahrzehnten entwickelte sich aus einem europäischen Manager-Symposium ein globales Treffen, dessen Teilnehmerliste sich wie ein Who is Who der Global Player aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft liest. Vorbei die Zeiten, da Manager und Nachwuchskräfte im kleinen Zirkel betriebswirtschaftliche Fragen und europäische Finanzpolitik erörterten. Statt einst 450 Teilnehmer zählt die Gästeliste inzwischen über 3000 Personen; die Themenpalette ist kosmopolitisch, Davos ein Ideen-Marktplatz - wo weder Literaturnobelpreisträger noch Stardirigenten fehlen. Die Exklusivität hat ihren Preis: 9000 Franken kostet die Teilnahme, 20 000 Franken Jahresbeitrag muss ein Forumsmitglied berappen.

Für manchen ist das Provokation; zumindest aber hat der "Davos Man" - ein Begriff, den der Politikwissenschaftler Samuel Huntington prägte - ein Imageproblem. In den Augen von US-Ökonom Paul Krugman wirkt das "Szenario am Zauberberg" wie "eine Essenz all dessen, was die Menschen an der Neuen Weltordnung so hassen". Die Institution Davos beschreibt der US-Soziologe Richard Sennett in seinem Buch "Der flexible Mensch" als Ort, an dem sich die globale Elite, der flexible "Homo Davosiensis", ein Stell-Dich-Ein gibt. Davos - "eine Heimstätte der Macht, wo selbst Ex-Kommunisten das Loblied des freien Marktes singen".

Tatsächlich meinen alle Großen der Welt, dabei sein zu müssen - als Mitglied einer globalen Verantwortungsgemeinschaft. UN-Generalsekretär Kofi Annan nutzte das Schweizer Forum für eine erste Reise nach Europa, um sich seinem Publikum vorzustellen. Und Bill Clinton wollte seine Amtszeit offenbar nicht beenden, ohne dem Treffen in Davos - als erster US-Präsident - seine Aufwartung gemacht zu haben. Wenige Stunden nur, in denen er eine flammende Rede für den Freihandel hielt. Doch er nutzte die Gunst der Stunde, um PLO-Chef Jassir Arafat unter vier Augen zu sprechen - der wahre Geist von Davos verbirgt sich hinter den Kulissen.

Kritikern zum Trotz: Davos bewegt. Ohne Schlussdokumente oder verbindliche Richtlinien. Das globale Dorf setzt Akzente, besetzt Themen. Vor allem aber hinterlassen die zahlreiche Begegnungen auch Spuren - zum Beispiel für den Friedensprozess im Nahen Osten. In Davos schüttelten sich zum ersten Mal Jassir Arafat und Shimon Peres die Hand, Nelson Mandela und Frederik de Klerk - und Helmut Kohl und der damalige DDR-Ministerpräsident Hans Modrow. Ex-Außenminister Hans-Dietrich Genscher appellierte in einer legendären Rede, die Politik Michael Gorbatschows zu unterstützen. Und Südafrikas Präsident Nelson Mandela verabschiedete sich von der politischen Bühne mit bewegenden Worten zur Zukunft des vergessenen Kontinents.

Martina Ohm

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