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Das Weltwirtschaftsforum findet vom 20. bis 23. Januar in dem Schweizer Luxusort statt.

© dpa

Weltwirtschaftsforum: Geld verdienen und die Welt verbessern

Politiker und Firmenbosse zieht es wieder in die Schweizer Berge: Sie debattieren über den Zustand der Welt - und machen Geschäfte in Hinterzimmern.

Bill Clinton betritt die Bar im Steigenberger Grandhotel Belvédère in Davos. An einem Tisch plaudert Google-Gründer Sergej Brin mit dem Musiker Bono und der Schauspielerin Angelina Jolie. Die Hollywood-Schöne sieht Clinton, lässt ihre beiden Tischherren sitzen und wendet sich schnurstracks dem Ex-Präsidenten der USA zu. Eine Anekdote aus dem Jahr 2005, aufgeschrieben in der Schweizer „Aargauer  Zeitung“, die das Treiben auf dem jährlichen Weltwirtschaftsforum (WEF) prägnant zusammenfasst: Größen aus Business und Politik und ein paar Showstars treffen sich flüchtig, auf engstem Raum, und wechseln ständig Gesprächspartner und -Themen.

Ein offiziell anerkanntes Entscheidungsorgan ist das WEF jedoch nicht. Dennoch erfahren viele den vielbeschworenen „Geist von Davos“ – das Gefühl, zu den wirklich Wichtigen dieser Erde zu gehören. Am Mittwoch ist es wieder soweit: Vier Tage lange tummeln sich in dem Luxus-Städtchen hoch in den Schweizer Bergen 2.500 Menschen, die sich auch noch dazu verschrieben haben, den „Zustand der Welt zu verbessern“. So lautet der ambitiöse Leitspruch des Forums. Der 77-jährige WEF-Gründer Klaus Schwab bittet inzwischen zum 46. Mal zu seinem großen Schaulaufen. Und wie immer in den vergangenen Jahren gleicht Davos einer Alpenfestung – schwer bewacht von privaten Sicherheitskräften, Polizei und Armee.

Mehr als 40 Staats- und Regierungschefs reisen an. Bundeskanzlerin Merkel fehlt

Man will unter sich bleiben. Da der Zustand der Welt immer schlechter zu werden scheint, müssen sich die Teilnehmer mit Lösungen für die Krisen befassen: Konflikte, Terrorismus, Flüchtlinge, Klimawandel, das lahme Wirtschaftswachstum. Im Jahr 2016 sei die Menschheit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für alle diese „Risiken“ ausgesetzt, unkt Forums-Chef Schwab. Mehr als 40 Staats- und Regierungschefs werden rund um das klobige Kongresszentrum ihre Sicht der Dinge erklären: Von Bundespräsident Joachim Gauck über Britenpremier David Cameron und Südafrikas Staatschef Jacob Zuma bis hin zu Israels Premier Benjamin Netanjahu. Zudem wollen sich Dutzende Minister auf den Weg nach Graubünden machen. Aus Berlin etwa Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel. Und US-Außenminister John Kerry gibt sich die Ehre.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hingegen galt schon vor Beginn des Forums als die große Abwesende. Nachdem die Kanzlerin in den vergangenen Jahren immer einen großen Auftritt in Davos genießen konnte, verzichtet sie 2016 auf den Trip in die Schweiz. „In diesem Jahr kommen nur einige ganz große Führungspersönlichkeiten aus der Weltpolitik nach Davos“, sagt die Korrespondentin des Svenska Dagbladet, Gunilla von Hall. Die schwedische Journalistin, die regelmäßig über „Davos“ berichtet, betont jedoch: „Wenn der Rummel hier erst einmal losgeht, dann sind die Abwesenden schnell vergessen.“

Sheryl Sandberg und Jack Ma suchen auch: Rendite

Damit die Wirtschaft nicht zu kurz kommt, will WEF-Gründer Schwab auf dem diesjährigen Treffen diskutieren, „wie wir die Herausforderungen der vierten industriellen Revolution meistern“. Der ruhelose deutsche Professor versteht unter dieser Revolution das Verschmelzen der digitalen, physikalischen und biologischen Welten. Schwab ist überzeugt: In vielen Branchen, etwa dem Mediensektor, wird kein Stein auf dem anderen stehen bleiben. Um die bereits angebrochene vierte Revolution besser zu begreifen, hat Schwab eine ganze Heerschar von Hochkarätern aus der Businesswelt eingeladen: Angeführt wird die Truppe vom reichsten Mann der Welt: Microsoft-Gründer Bill Gates. Kommen sollen auch der chinesische Internetmilliardär Jack Ma, Sheryl Sandberg von Facebook, Computerkönig Michael Dell und Top-Manager der größten Banken, Versicherungen und traditioneller Industrieunternehmen.

Dass die Bosse nicht nur den „Zustand der Welt“ sondern auch die Rendite ihrer Firmen verbessern wollen, versteht sich von selbst. Und so dealen und kungeln sie in den Hinterzimmern der Nobelherbergen. Für die meisten Teilnehmer bedeutet der „Geist von Davos“ eben in erster Linie Business – etwa für den früheren General-Electric-CEO Jack Welch. Der Ex-Direktor des Belvédère, Ernst Wyrsch, berichtet über eine Episode mit Welch in der „Handelszeitung“: Der GE-Boss wollte sich sofort mit einem asiatischen Politiker treffen – das Belvédère war aber bis aufs letzte Bett voll. Der Direktor fand eine Lösung: „Ich gab ihnen dann den letzten Raum, den ich noch hatte: Mein Büro."

Jan Dirk Herbermann

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