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Wendelin Wiedeking, Porsche: Der Durchstarter

Porsche-Chef Wendelin Wiedeking ist 2008 auf dem Weg zur VW-Übernahme vorangekommen – und dabei reicher und rücksichtsloser geworden.

Auch ein Porsche muss mal bremsen. Im Herbst 2008 sah es für den Zuffenhausener Sportwagenbauer sogar nach einer Vollbremsung aus: zwischen August und November verkaufte Porsche gut 25 000 Autos - 18,7 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. So etwas nennt man einen Nachfrageeinbruch. Umsatz und Gewinn sanken ebenfalls. Die Finanz- und Autokrise zeigte Wirkung. Und 2009? Eine Prognose will Porsche für das kommende Krisenjahr nicht abgeben.

Doch Vorstandschef Wendelin Wiedeking lässt sich so schnell nicht bremsen. Das vergangene Jahr war ein gutes Jahr - für ihn persönlich und für Porsche. Denn nicht der Absatz zähle, sondern das, was unter dem Strich übrig bleibe, sagt der Porsche-Chef. "Und da sind wir nach wie vor unangefochten die Nummer eins." Für Wiedeking blieben knapp 100 Millionen Euro Jahresgehalt. Und Porsche verdiente im Geschäftsjahr 2007/2008 - bereinigt um Sondererträge - noch eine zweistellige Umsatzrendite. Das schafft in der Autoindustrie sonst niemand. Und kein Unternehmen von Rang fährt wie Porsche mehr Gewinn (8,6 Milliarden Euro) als Umsatz (7,5 Milliarden Euro) ein. Letzteres verdankt der Hersteller nicht dem Autogeschäft, sondern seinem dicken Paket an VW-Aktien und den Jonglierkünsten von Finanzchef Holger Härter.

Wiedeking und Härter waren 2008 das Dreamteam der Autoindustrie - einer Industrie, die ihre besten Zeiten vorerst hinter sich hat. Mitten in der schlimmsten Absatzkrise ist der kleine Nischenanbieter Porsche dabei, Europas größten Autokonzern Volkswagen zu übernehmen. Zwar wird es wohl nicht der geplante Durchmarsch nach Wolfsburg. Der im März gefasste Beschluss im Aufsichtsrat, den VW-Anteil auf mehr als 50 Prozent aufzustocken, wird 2008 nicht mehr realisiert. Doch Wiedeking und Härter sind selbstbewusst unterwegs. 50 und dann 75 Prozent sollen es im Laufe des kommenden Jahres werden. Das Ziel, bei VW künftig das Sagen zu haben, bleibt in Sichtweite. "Ein Schachspiel kann schon mal länger dauern", sagte Wiedeking Ende November. Dafür sorgte 2008 auch Angela Merkel. Die Bundeskanzlerin machte sich vehement für das VW-Gesetz stark, das dem Land Niedersachsen eine Sperrminorität bei VW einräumt - und damit den Einfluss von Porsche begrenzt. 40.000 VWler gingen dafür in diesem Jahr in Wolfsburg auf die Straße. Doch die Novelle des Gesetzes wird vor dem Europäischen Gerichtshof landen und - glaubt man Experten - keinen Bestand haben. Wiedeking wird ein paar Spielzüge Geduld haben müssen.

Wiedeking polarisiert und macht sich Feinde

Der 56-Jährige, der seit 1992 bei Porsche arbeitet, hat gute Chancen, 2009 der Automanager zu sein, der die richtigen Spielzüge im Kopf hat - und ausführt. Dass er seine Strategie bislang im Verborgenen ausgeheckt hat, zahlt sich aus. Was passiert, wenn Porsche offen spielt, zeigte sich im Oktober. Die Ankündigung, bei VW einen Beherrschungsvertrag anzustreben, lässt den Kurs der VW-Aktie am 27. Oktober kräftig steigen und am Tag darauf explodieren - auf mehr als 1000 Euro. Spekulanten, die auf sinkende VW-Kurse spekuliert hatten, wurden auf dem falschen Fuß erwischt. Die Turbulenzen machen Porsche und den VW-Vorstand reich, andere stürzen sie in den Ruin. Finanzchef Härter muss sich später in Interviews gegen den Vorwurf wehren, Porsche habe Kursmanipulation betrieben. Anwaltskanzleien sollen Schadenersatzklagen gegen Porsche vorbereiten.

Wendelin Wiedeking ficht das nicht an. Mitte Oktober bekennt er vor Mittelständlern: Die Finanzkrise bestätige "sämtliche gängigen Vorurteile über den von reiner Profitgier getriebenen, sogenannten Raubtierkapitalismus". Dass er selbst eines dieser Raubtiere sein könnte, macht Wiedeking nicht nachdenklich. In Umfragen, die Managern einen dramatischen Ansehensverlust bescheinigen, schneidet der Porsche-Chef vergleichsweise gut ab. Ebenso bei der Belegschaft, deren Interessen von Betriebsratschef Uwe Hück vertreten werden - einem Vertrauten Wiedekings. 2008 verdienten sich die 15 000 Porsche-Mitarbeiter eine Sonderprämie in Höhe von je 6000 Euro.

Und dennoch fährt Wiedeking ein hohes Risiko, denn er polarisiert und hat sich Feinde gemacht. Als einen solchen würde sich Porsche-Enkel und VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch öffentlich nie bezeichnen. De facto ist Piëch - zusammen mit dem VW-Betriebsrat - aber wohl der größte Bremser, wenn es um die Machtausdehnung der Zuffenhausener geht. 2008 schaffte Wiedeking auch an dieser Front eine Art Burgfrieden, gemeinsam mit Porsche-Aufsichtsratschef Wolfgang Porsche. Nachdem Piëch im September im Bündnis mit der VW-Arbeitnehmerbank einen Aufstand gegen Porsche geprobt hatte, wies der Porsche-Clan den VW-Mächtigen in die Schranken. Selbst Piëchs zurückhaltender Vetter Wolfgang Porsche brach sein Schweigen. Piëch, der schweigsame Patriarch, ist seit Monaten von der Bildfläche verschwunden. Wiedeking bleibt der Stärkere.

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