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Und dann ab nach unten. CO2-Speichertanks in der drei Jahre alten Vattenfall-Testanlage beim Kraftwerk Schwarze Pumpe. Foto: p-a/dpa

© picture-alliance/ dpa

Wirtschaft: Wenig Zukunft für die Kohle

Ein Gesetz über das Abscheiden und Speichern von CO2 bleibt im föderalen Geflecht hängen

Berlin - Schleswig-holsteinische Bauern und ein Politiker aus Bayern haben eines der technologisch ambitioniertesten Klimaprojekte Deutschlands gestoppt. Vor der entscheidenden Bundesratssitzung am heutigen Freitag gab es in der Energiebranche zuletzt keinen Zweifel mehr: Das vom Bundestag beschlossene Gesetz über die Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid (CO2) kommt nicht durch die Länderkammer. Da aber auch Bundestag und -regierung keine Lust mehr haben auf die komplizierte Materie, wird der Vermittlungsausschuss voraussichtlich nicht angerufen.

Das Gesetzesvorhaben ist damit für diese Legislatur erledigt – und damit auch der Plan von Vattenfall, für rund 1,5 Milliarden Euro eine Demonstrationsanlage für CCS im brandenburgischen Jänschwalde zu bauen. Damit verschlechtern sich die Zukunftsaussichten für die Braunkohle aus der Lausitz erheblich.

CCS steht für Carbon Capture Storage, also die Abscheidung des CO2 und anschließende unterirdische Speicherung. Beim Braunkohlekraftwerk Schwarze Pumpe südlich von Cottbus betreibt Vattenfall seit Jahren eine sogenannte Pilotanlage zur Erprobung des Abscheidungsverfahrens. Der schwedische Staatskonzern und dessen deutsche Tochter setzen seit Jahren auf CCS, um der sehr profitablen aber klimaschädlichen Braunkohle eine Perspektive zu verschaffen. Für den Bau einer Demonstrationsanlage in Jänschwalde hatte Vattenfall schon eine EU-Förderung von 180 Millionen Euro zugesagt bekommen und es gab gute Aussichten für weitere 300 Millionen Euro. Doch nun scheitert das alles an der Speicherung. Vattenfall wollte in Birkholz-Beeskow (Oder-Spree) und Neutrebbin (Märkisch-Oderland) das in Jänschwalde gewonnene CO2 lagern, stieß aber auf erhebliche Widerstände. Ähnlich wie RWE vor zweieinhalb Jahren.

Der Essener Konzern, der tief im Westen Braunkohle abbaut und verfeuert, erkundete damals Speichermöglichkeiten hoch im Norden. Die schleswig-holsteinischen Bauern waren verärgert und machten Druck auf ihren Landesvater Peter Harry Carstensen. Der aber stand kurz vor der Landtagswahl und intervenierte bei seiner Parteikollegin Angela Merkel in Berlin. Die war sich mit dem damaligen Koalitionspartner SPD gerade einig geworden über das CCS-Gesetz, ohne das es hierzulande keine Speicherung geben kann. Als sich aber auch noch der damalige CSU-Landesgruppenleiter Peter Ramsauer neben Carstensen stellte – angeblich hatte der Energiekonzern Eon zwecks Erkundung möglicher CCS-Speicher eine Schneise durch Ramsauers Wald geschlagen – zog Merkel das Gesetz zurück. Auf Wiedervorlage in der schwarz-gelben Koalition.

Der zweite Anlauf endet jetzt im Gestrüpp des Föderalismus. Aus verschiedenen Gründen lehnen verschiedene Bundesländer den vorliegenden Gesetzentwurf ab. Brandenburg, mit Abstand der stärkste Befürworter des CCS-Gesetzes, möchte auf keinen Fall einen Alleingang wagen – schon gar nicht gegen den Widerstand der eigenen Bevölkerung. Dieser Alleingang droht aber, denn in dem Gesetz steht eine Klausel – auf Druck von Niedersachsen und Schleswig-Holstein, beides Länder mit möglichen Speichern –, die es den Ländern erlaubt, die Speicherung auf ihrem Gebiet zu verhindern. Andere Länder (zum Beispiel Sachsen-Anhalt) wollen den Haftungszeitraum für die Unternehmen verlängern, die das CO2 speichern. Kurzum: „Da kommt nix raus“, sagte ein Kenner der Materie am Donnerstag mit Blick auf die Bundesratssitzung am Freitag. Für die ostdeutsche Braunkohle muss das nicht das Ende sein: Holländer, Briten und Norweger wollen CO2 in ehemaligen Gas- und Öllagerstätten speichern. Gegen eine Gebühr vielleicht auch CO2 aus der Lausitz.

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