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Wirtschaft: Weniger Korruption bei der Bahn

Justiz deckt 355 Fälle auf / Unternehmen: Baubranche soll konsequenter gegen Bestechung vorgehen

Berlin - Die Deutsche Bahn hat der Bauwirtschaft vorgeworfen, nicht entschieden genug gegen Korruption vorzugehen. „Wir stünden besser da, wenn in der Baubranche konsequenter damit umgegangen würde“, sagte Jürgen Marx, Korruptionsbeauftragter des Konzerns, am Mittwoch in Berlin. Seit 2001 hätten Staatsanwälte im ganzen Land 355 Verfahren gegen Bahn-Mitarbeiter eingeleitet, sagte er bei der Vorstellung des neuen Korruptionsberichts des Staatskonzerns. Seit Anfang 2003 waren es 101 Fälle – mit abnehmender Tendenz.

Die Bauindustrie wies die Kritik der Bahn zurück. Man sei das Thema auf vielen Ebenen angegangen, auch gemeinsam mit der Bahn, sagte Heiko Stiepelmann, der Sprecher des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie. Allerdings seien „Beschaffungsmärkte wie bei der Bahn oft anfällig für Korruption“, räumte Stiepelmann ein.

Den durch Korruption entstandenen Schaden kann die Bahn nicht exakt beziffern. Schätzungsweise liege er bei fünf bis 15 Prozent der jeweiligen Auftragssumme, sagte Korruptionsexperte Marx – das entspreche oft einem zweistelligen Millionenbereich. Die Bahn ist größter Investor im Land und gilt deshalb als anfällig für Bestechung. Seit etwa vier Jahren versucht der Konzern, die Korruption auszuschalten. Helfen sollen dabei zwei externe Ombudsleute.

Dennoch kommt es immer wieder zu spektakulären Fällen. Erst Ende September gab es Razzien im Zusammenhang mit dem Neubau der Strecke Köln-Aachen. Dort sollen Bahn-Mitarbeiter Scheinrechnungen von Unternehmen gegengezeichnet haben, obwohl die darin aufgeführten Leistungen nie erbracht worden sind. Die Straftätern arbeiteten trickreich, berichtete Edgar Joussen, einer der Ombudsleute. Sie wüssten, dass die Bestechung eines Bahn-Einkäufers zu offensichtlich sei. Statt dessen gebe es etwa „Absprachen über technische Standards, die dann nur noch wenige Firmen erfüllen können“. Daneben häuften sich Marx zufolge Fälle von Preisabsprachen zu Lasten der Bahn. „Das sind Strukturen organisierter Kriminalität“, sagte Joussen. Wer ertappt werde, müsse mit Entlassung rechnen. Bislang habe dies mehr als 100 Bahn-Beschäftigte getroffen.

Die Bahn hat auch externe Firmen im Visier. Korrupte Unternehmen müssten damit rechnen, bis zu sieben Jahre lang keine Aufträge mehr zu bekommen. „Wir haben 25 bis 30 Unternehmen auf der Sperrliste“, sagte Marx. Die Bauindustrie kritisierte die Bahn für diese Praxis. Unternehmen würden auf „reinen Verdacht hin“ auf diese Liste gesetzt, kritisierte Branchensprecher Stiepelmann. „Das ist verfassungswidrig und führt in einigen Firmen zu enormen Problemen“, sagte er. Es sei nicht rechtens, dass einige „bis an den Rand der Insolvenz“ keine Aufträge bekämen, ohne dass es für ihre Schuld stichhaltige Beweise gäbe.

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