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Wirtschaft: Wenn das Bratwürstchen zum Zankapfel wird

Häufiger Anlaß nachbarlicher Streitigkeiten ist die Grillparty auf dem heimischen Balkon.Nicht nur die Lärmbelästigung, sondern auch die unvermeidlichen Gerüche sind ist ein häufiges Thema vor Gericht.

Häufiger Anlaß nachbarlicher Streitigkeiten ist die Grillparty auf dem heimischen Balkon.Nicht nur die Lärmbelästigung, sondern auch die unvermeidlichen Gerüche sind ist ein häufiges Thema vor Gericht.Mit einer besonderen Variante der Prozeßführung hatte sich ein Bonner Amtsrichter zu befassen.

Die Mieter einer Dachwohnung in einem Mehrfamilienhaus minderten die Miete wegen der Belästigungen durch die Grillfeste anderer Mieter, anstatt den üblichen Weg einer Unterlassungsklage gegen die Störer zu beschreiten.Juristisches Argument: Ein mangelfreier Gebrauch der Mietsache sei nicht möglich.Man könne die Fenster nicht nach Belieben öffnen, weil der Gestank brennender Holzkohle, beißender Qualm sowie Fett- und Bratendünste in die Wohnung eindringen würden.

Auf die Gegenklage wegen des Mietrückstandes hatten die Dachgeschoßbewohner sehnsüchtig gewartet: Endlich konnten sie ihren Anspruch vor Gericht anmelden, von den Belästigungen durch die Grillfeste auf den Balkonen der Mitmieter auf Dauer verschont zu bleiben.Unverblümt bezeichnete der Rechtsanwalt der beklagten Mieter genau dies als das eigentliche Ziel des Prozeßverfahrens.

Der Amtsrichter sprach deutliche Worte: Zugegebenermaßen kann das Grillen auf Balkonen in Mehrfamilienhäusern für die Mitmieter sehr lästig sein.Andererseits ist das Grillen im Freien mittlerweile längst als sozialübliche Freizeitgestaltung allgemein anerkannt.Es kann daher selbst in großstädtischen Wohngebieten nicht gänzlich untersagt werden.Das allgemeine zivilrechtliche Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme ist - so der Amtsrichter - nicht nur von einer Seite aus zu betrachten.

Fazit: Die ins Visier genommenen Grillfreunde sind grundsätzlich gehalten, Belästigungen ihrer Mitmieter zu vermeiden.Gelegentliches Grillen, und zwar ungeachtet der damit notwendigerweise einhergehenden Belästigungen durch Rauchgasentwicklung und so weiter, ist jedoch als sozialüblich hinzunehmen.Vermieter von Mehrfamilienhäusern müssen darauf hinwirken, daß auf Terrassen oder Balkonen nur einmal im Monat gegrillt und dies durch Rauchgase beeinträchtigten Mietern 48 Stunden vorher mitgeteilt wird (Az: AG Bonn 6 C 545 / 96).

Wer sich von diesem Urteil bestärkt fühlt, vor Gericht zu ziehen, sollte beachten, daß Gerichtsurteile Einzelfallentscheidungen sind.Insbesondere amtsgerichtliche Urteile sind nicht selten von der persönlichen Auffassung des Richters geprägt.Demnach ist durchaus denkbar, daß andere Amtsgerichte häufigeres Grillen für zulässig erachten und wieder andere ein generelles Grillverbot aussprechen.

Letztlich sind nämlich verfassungsrechtlich garantierte Rechtsgüter nach richterlicher Überzeugung abzuwägen: Grillfreunden gewährt Artikel 2 des Grundgesetzes das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit.Auf dieselbe Vorschrift können sich aber auch die belästigten Mitmieter berufen, weil die Ausübung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch entgegenstehende Rechte Dritter eingeschränkt wird.

KARL M.WILHELM

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