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Wirtschaft: Wenn der Aufschwung prickelt

Sekt ist ein Konjunkturbarometer. Weil die Wirtschaft gut läuft, erwarten auch Hersteller gute Geschäfte

Berlin - Wenn Paris Hilton auf das neue Jahr anstößt, müsste es eigentlich kräftig scheppern. Nicht, weil die High-Society-Lady möglicherweise einigen Autofahrern den Kopf verdreht, sondern weil sie gerade für einen neuen Prosecco aus der Dose wirbt. Die fehlende akustische Eleganz beim Zuprosten soll durch erhöhten Genuss ausgeglichen werden, verspricht der Hersteller von Rich-Prosecco auf seiner Internetseite. „Es moussiert sehr schön beim Schlürfen, wenn der Prosecco kühl und frisch über den Alu-Rand perlt und auf der Zunge zergeht.“ Na dann, Prosit Neujahr.

Auch wenn die goldene Dose, die seit Dezember auf dem deutschen Markt ist, auf den großen Durchbruch wohl noch ein wenig warten muss – in Flaschen verkauft sich Sekt zur Jahreswende in diesem Jahr außergewöhnlich gut. Und das liegt auch am Wirtschaftsaufschwung.

„Sekt ist ein Konjunkturbarometer“, sagt Ralf-Peter Müller, Geschäftsführer des Verbandes Deutscher Sektkellereien dem Tagesspiegel. „Wenn es einen Grund mehr zum Anstoßen gibt, dann tun die Leute das.“ Darum werden auch die Hersteller der Proseccos, Spumantes und Jahrgangssekte, die in den vergangenen Jahren leichte Umsatzeinbußen schlucken mussten, wieder Grund zum Freude haben. „Wir werden in diesem Jahr auf jeden Fall besser abschneiden als im Vorjahr“, sagt Müller. Die detaillierten Zahlen will er Ende Januar vorlegen.

Für die Kellereien ist der Dezember mit Weihnachten und Silvester der wichtigste Monat des Jahres, mit einem Umsatzanteil von 20 Prozent. 35 bis 40 Millionen Flaschen Sekt werden zu Silvester getrunken, sagt Verbandschef Müller, rund 41,5 Millionen Flaschen sind es im gesamten Jahr. Auch wenn die Hälfte inzwischen im Ausland verkauft wird, sind die Deutschen noch immer „Sekt-Weltmeister“. Rund vier Liter des perlenden Getränks fließen durchschnittlich pro Jahr durch deutsche Kehlen.

Einer, der davon profitiert, ist Henkell & Söhnlein, der zweitgrößte deutsche Sekthersteller nach Rotkäppchen- Mumm. Unternehmenssprecher Jan Rock umschreibt das mit dem kurzen Satz: „Je mehr Premium, desto mehr Dezember“, der allerdings für schlichte Konsumenten etwas erklärungsbedürftig ist. Er meint damit, dass Verbraucher zum Jahresende traditionell gern zu Premiumsekt greifen und dabei auch bereit sind, ein paar Euro mehr auszugeben. Henkell verkauft zum Beispiel von seinem Riesling-Sekt „Fürst von Metternich“, bei dem die Flasche im Geschäft 7,99 Euro kostet, „klar über 40 Prozent“ im Dezember. Ein Drittel davon landet als Geschenk unterm Weihnachtsbaum.

Mit seiner alkoholfreien Variante seines „Söhnlein Brillant“ hat Henkell weniger Erfolg. Anders als beim Bier, wo der Umsatzanteil autofahrerfreundlicher Marken zunimmt, gibt es beim Sekt-Pendant nur wenig Zuwachs. „Ich gehe davon aus, dass es ein Nischensegment bleiben wird“, sagt Verbandsvertreter Müller.

Henkell kann sich damit trösten, dass ein anderes Wässerchen kräftig wächst: Wodka. Seit 1921 produziert Henkell die Marke Gorbatschow in Berlin. Kein Alkoholprodukt legt im deutschen Einzelhandel so stark zu wie Wodka. Marktführer Diageo (Smirnoff) hat allein im letzten Jahr 15 Prozent mehr verkauft. Wodka profitiere davon, dass Longdrinks und Cocktails gerade „sehr im Kommen sind“, sagt Angelika Wiesgen-Pick vom Bundesverband der Spirituosenindustrie. Wodka ist eine beliebte Basis für Mixgetränke. Übrigens auch in Kombination mit Sekt. Der Vorteil: Dem Longdrink ist es egal, ob der Sekt aus der Dose kommt. Und beim Anstoßen klingt’s einfach besser.

Maren Peters

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