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Wirtschaft: Wenn schon, dann Österreich

Die Alpenrepublik wirbt erfolgreich um deutsche Firmen

Berlin. Viele deutsche Unternehmen würden am liebsten ins Ausland abwandern. Laut einer aktuellen Studie des Deutschen Industrie- und Handelskammertages sagt das jedes vierte. Den Großteil davon will Österreich für sich gewinnen – und ist dabei sehr erfolgreich. Allein in den ersten fünf Monaten 2003 habe es 850 Betriebsgründungen deutscher Unternehmen in Österreich gegeben, heißt es bei der offiziellen Ansiedlungsgesellschaft Austrian Business Agency (ABA). Die ABA selber hat im ersten Halbjahr einen sprunghaften Anstieg der Anfragen deutscher Firmen auf rund 600 registriert – nach 310 im vergangenen Jahr.

Die meisten großen deutschen Konzerne sind bereits da. Einige weiten ihr Engagement sogar aus. BMW investiert zurzeit 500 Millionen Euro in die Erweiterung seiner Motorenproduktion in Steyr, Infineon 300 Millionen Euro in sein Chipwerk in Villach.

Am Donnerstag warb auch der österreichische Wirtschaftsminister Martin Bartenstein in Berlin um Umzügler. Auf einer Pressekonferenz sagte er, bei Deutschland sehr ähnlichen Standortvorteilen habe sein Land wesentlich weniger Standortnachteile. Die Steuerbelastung sei für Unternehmen niedriger. In Deutschland liegt der kombinierte Satz von Gewerbe- und Köperschaftsteuer bei 41 bis 43 Prozent. In Österreich gibt es keine Gewerbesteuer (siehe Lexikon, Seite 18). Die Körperschaftsteuer liegt bei 34 Prozent und soll sinken. Österreicher würden mehr arbeiten, sagte Bartenstein. Im Durchschnitt komme ein deutscher Arbeitnehmer auf 1557 Arbeitsstunden im Jahr – ein österreichischer auf 1720 Stunden. „In Österreich ist der Arbeitsmarkt schon jetzt flexibler, als er in Deutschland nach der Umsetzung von Hartz sein wird“, sagte Bartenstein.

Aber im Gegensatz zum Wiener Bürgermeister Michael Häupl, der vor kurzem Berliner Unternehmen noch den möglichst kompletten Umzug nahe gelegt hatte, warb Bartenstein ein wenig verschämt. Er würde sich mit Ablegern begnügen, die von Österreich aus die Märkte in Osteuropa und auf dem Balkan bearbeiten. „Wir wollen unseren Beitrag leisten, damit es mit Deutschland wieder aufwärts geht“, sagte er. Aber – schob er nach – die Unternehmen, die wegen der schlechten Lage aus Deutschland wegwollten, seien eingeladen, „zu uns zu kommen“.

Ein schwaches Deutschland sei schlecht für Österreich, sagte Bartenstein. Die Außenwirtschaft Österreichs sei stark mit dem Nachbarn verflochten. Zwei Drittel der ausländischen Touristen seien Deutsche. Ein Beitrag österreichischer Unternehmen zum deutschen Aufschwung ist aber kaum zu erwarten. Die investieren lieber in Osteuropa – laut Bartenstein mittlerweile etwa 13 Milliarden Euro. Für Deutschland hatten sie nur 6,2 Millarden Euro übrig.

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