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Wirtschaft: "Wenn unsere Mannschaft verliert, nutzt alles nichts"

TAGESSPIEGEL: Wer hat bei Hertha das Sagen: der Präsident Müller oder die Ufa?MÜLLER: Wir sind ein Team, das die Kompetenzen untereinander aufteilt und jeder in dem Bereich das Sagen hat, für den er die größte Kompetenz mitbringt.

TAGESSPIEGEL: Wer hat bei Hertha das Sagen: der Präsident Müller oder die Ufa?

MÜLLER: Wir sind ein Team, das die Kompetenzen untereinander aufteilt und jeder in dem Bereich das Sagen hat, für den er die größte Kompetenz mitbringt.Die Ufa hat zweifelsohne in den vergangenen drei Jahren einen sehr wichtigen Part übernommen.Ohne die Ufa wäre Hertha sicherlich ins Amateurlager zurückgefallen.Und vergessen Sie nicht: Die Ufa hat sich zu einem Zeitpunkt engagiert, als noch nicht absehbar war, daß die Hertha-Story eine Erfolgsgeschichte werden würde.

TAGESSPIEGEL: Nach dem Kooperationsvertrag fließen 60 Prozent der Einnahmen an die Hertha und 40 Prozent an die Ufa.Wann hat die Ufa ihr investiertes Kapital wieder hereingeholt?

MÜLLER: Das sehen die Ufa und wir unterschiedlich.Aber insgesamt kann ich schon sagen: Für unseren Partner Ufa ist das ein rentierliches Engagement geworden.Das muß auch so sein.Wenn ein Wirtschaftsunternehmen investiert und dabei gewisse Risiken eingeht, muß es eine vernünftige Rendite erzielen können.Ich finde, das ist eine wichtige Botschaft - generell für die Bundesliga.

TAGESSPIEGEL: Die Fußballclubs dürfen sich seit kurzem in Kapitalgesellschaften umwandeln.Stehen die Medienunternehmen Schlange, um Gesellschafter zu werden und sich so die lukrativen Fernsehrechte zu sichern?

MÜLLER: Der Deutsche Fußball-Bund hat mit seiner Weichenstellung im vergangenen Oktober etwas nachvollzogen, was international längst üblich ist.Allerdings hat er eine Einschränkung gemacht, die ich für sehr wichtig halte.50 plus x Anteile müssen beim Verein bleiben.Das ist richtig so, denn die Vereine haben auch eine wichtige gesellschaftspolitische Aufgabe - im Breitensport und für die Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen.

TAGESSPIEGEL: Wird die Ufa Gesellschafterin bei Hertha?

MÜLLER: Ja.Sonst hätte ja auch das Engagement in den vergangenen drei Jahren keinen Sinn gemacht.Eines liegt auf der Hand: Derjenige, der am meisten von Vermarktung versteht, das sind doch die Medienfirmen.Insofern ist eine Ehe zwischen Fußballvereinen und Medienunternehmen grundsätzlich eine sinnvolle Verbindung.Aber es gibt natürlich Fußballclubs wie Bayern München oder Dortmund, die das auch in eigener Regie ganz gut geschafft haben.Nur: Die hatten auch 20 Jahre Zeit, so etwas aufzubauen, und Hertha kommt quasi aus dem Nichts.

TAGESSPIEGEL: Wer außer den Medienunternehmen will Gesellschafter eines Fußballclubs werden?

MÜLLER: Ich bin überzeugt davon, daß es in wenigen Jahren keinen Fußballverein in der ersten und zweiten Bundesliga geben wird, an dem nicht andere Unternehmen beteiligt sind.Das müssen nicht unbedingt nur Medienfirmen sein, sondern auch Unternehmen, die etwas von dem Mediengeschäft verstehen und die mit der Botschaft Fußball eine eigene Botschaft verbinden wollen.Nehmen Sie den VFL Wolfsburg und Volkswagen.Die VW-Leute investieren viel Geld in den Verein - mit Erfolg.

TAGESSPIEGEL: Wenn die Ufa als Gesellschafterin bei der Hertha mitmischt, werden Hertha-Spiele dann künftig nur noch auf RTL oder anderen Ufa-Sendern ausgestrahlt?

MÜLLER: Nein.Wir wollen möglichst viele Menschen erreichen.Eine der großen Stärken von Hertha ist unser enormes Hinterland.Gerade die Menschen in den neuen Bundesländern gieren nach dem Bundesliga-Fußball, und diese Freude kann doch derzeit nur in Berlin bedient werden.

TAGESSPIEGEL: Und Hansa Rostock?

MÜLLER: Hat eine ungünstige geographische Randlage.Bei unseren Heimspielen kommt inzwischen die Hälfte der Besucher aus den neuen Bundesländern.Das ist ein Stück deutsch-deutsche Begegnung.Auch unser Partner, die Ufa, ist daran interessiert, die Marke Hertha BSC bundesweit, ja europaweit zu vermarkten.

TAGESSPIEGEL: Dazu müssen Sie mindestens einen Uefa-Cup-Platz schaffen.

MÜLLER: Ohne den sportlichen Erfolg läuft gar nichts.Wir können tolle Modelle entwerfen, aber wenn unsere Mannschaft als Verlierer vom Platz geht, nutzt das alles nichts.

TAGESSPIEGEL: Aber der sportliche Erfolg wird wahrscheinlicher, wenn Sie auf der Bank nicht elf, sondern 30 Top-Spieler haben.Und die können Sie nur dann bezahlen, wenn Sie gut verdienen.Das ist doch eine Spirale zu Lasten der kleinen Clubs.

MÜLLER: Die Großen sind nicht immer die Erfolgreichsten, auch sie müssen sich ihren Erfolg jeden Tag neu verdienen.Der Schnelle frißt den Langsamen und nicht der Große den Kleinen.

TAGESSPIEGEL: Aber der MSV Duisburg wird niemals Bayern München fressen.

MÜLLER: Aber Duisburg hat doch etwas sehr Wichtiges - eine tolle Jugendarbeit.Damit hat der Verein seine Zukunft gut vorbereitet.Natürlich weiß ich auch, daß ein bestimmtes sportliches Niveau gerade im internationalen Fußball auch mit der Finanzkraft eines Vereins zusammenhängt.Aber nicht ausschließlich.Die Jugendarbeit ist ebenfalls wichtig und auch die professionelle Arbeit im Vorstand des Vereins.

TAGESSPIEGEL: Wird Walter Müller demnächst hauptberuflicher Hertha-Chef?

MÜLLER: Nein, auch wenn wir für die Lizenzabteilung eine Kapitalgesellschaft gründen, werde ich als Präsident weiterhin ehrenamtlich arbeiten.Hertha BSC ist mehr als nur der Profifußball.Der Alt-Verein wird weiter existieren, und seine gesellschafts- und sozialpolitische Bedeutung wird sogar noch zunehmen.Und wenn sich unsere Mitglieder in der Tischtennis-, Box- oder Kegelabteilung nach Feierabend im Verein engagieren, können sie erwarten, daß ihr Präsident mit gutem Beispiel vorangeht.Außerdem gibt es eine klare Rangfolge in meinem Leben, und da spielt Mercedes eine Hauptrolle.Ich bin gelernter Automann, der ein großes Herz für den Fußball hat.Den Profibereich bei Hertha werden eigene Manager leiten.

TAGESSPIEGEL: Wird es noch in diesem Jahr die Hertha GmbH geben?

MÜLLER: Wir arbeiten an diesem Thema.Aber wir wollen die Sache nicht übereilen.Wir brauchen eine breite Zustimmung aus dem Verein, aber daß wir eine Lösung noch in diesem Jahr finden, ist sehr realistisch.

TAGESSPIEGEL: Wann gehen Sie an die Börse?

MÜLLER: Vorerst nicht.Mittelfristig, auf die nächsten fünf Jahre gesehen, muß man den Börsengang aber im Auge haben und den richtigen Zeitpunkt finden.Und dafür ist natürlich der sportliche Erfolg ganz wichtig.Wir wollen in den nächsten vier Jahren unseren Umsatz von 50 auf 100 Mill.DM im Jahr verdoppeln.Und wir müssen in den kommenden vier, fünf Jahren solide Arbeit leisten und den Menschen klarmachen, daß die alte Dame Hertha aus den Skandalen herausgekommen ist und daß es sich lohnt, in uns zu investieren - nicht nur aus emotionalen, sondern auch aus rationalen Überlegungen.

TAGESSPIEGEL: Wie wichtig sind für Sie eigentlich noch die zahlenden Zuschauer, wo Sie doch inzwischen jede Menge anderer Geldquellen haben?

MÜLLER: Die Eintrittsgelder unserer Zuschauer im Olympia-Stadion sind ein großer Posten.Der Umbau des Stadions liegt mir daher sehr am Herzen.Sie wissen, daß derzeit nach Betreibern für das Reichssportfeld gesucht wird.Dabei ist es für uns existentiell wichtig, daß wir auch für die neue Arena die Voll-Vermarktung übernehmen.In Berlin läuft derzeit eine abenteuerliche Diskussion darüber, wie man die Fußball-Besucher zur Kasse bitten kann, damit sie den Bau des Stadions finanzieren.Doch wenn die Preise zu sehr in die Höhe geschraubt werden, entscheidet man sich bewußt gegen die sportliche Zukunft von Hertha BSC.

TAGESSPIEGEL: Warum?

MÜLLER: Hertha muß von dem Zuspruch der Zuschauer und von den künftigen Vermarktungsmöglichkeiten voll profitieren.Nehmen Sie mal den internationalen Sport.Wenn man den Etat von München mit unserem vergleicht, ist klar, wo der Unterschied liegt.Eine gute Mannschaft zu haben, ist das eine, aber einen Kader zu haben, der sowohl Bundesliga als auch europäisch spielen kann, ist ganz klar eine Frage des Etats.

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