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Wirtschaft: Wer schwächelt, wird geschluckt

Die Finanzkrise erzwingt die Neuordnung der deutschen Landesbanken – doch vermutlich erst nach den Landtagswahlen

Berlin - Wer bisher nicht wusste, was Landesbanken so machen, dem wurde es im Jahr 2007 klar: das Geld der Steuerzahler verzocken. Diesen Eindruck konnte zumindest gewinnen, wer die Skandale um SachsenLB und WestLB verfolgte. Die eine (SachsenLB) verspielte Milliardensummen mit riskanten Wertpapieren aus dem amerikanischen Hypothekenmarkt, die andere (WestLB) wettete in großem Stil auf Aktienkurse, die ihre Händler dann womöglich selbst zu beeinflussen versuchten. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Hinter den Skandalen steckt das gleiche Problem. Die Landesbanken haben zwar Geld, sie wissen aber nicht, wie sie es einsetzen sollen. Ihre Möglichkeiten, es auf solidem Wege zu mehren, sind begrenzt (siehe Kasten). Seit langem fordern deshalb Experten eine Konsolidierung. Die Landesbanken sollen sich zu schlagkräftigen Einheiten zusammenschließen. „Betriebswirtschaftlich reicht eine Landesbank vollkommen aus“, sagt etwa Bankenexperte Wolfgang Gerke, Präsident des Bayerischen Finanz-Zentrums.

Solche Rufe fanden bislang wenig Gehör. Trotz kleinerer Zusammenschlüsse aus vergangenen Jahren gab es zuletzt immer noch acht Blöcke unter den elf deutschen Landesbanken. Doch nun sorgt ausgerechnet die internationale Finanzkrise dafür, dass die Landesbanken Ernst machen müssen – aus reiner Not. Mit der SachsenLB hat es bereits eine Bank erwischt. Sie war so schwer in Schieflage, dass sie Hilfe von außen brauchte. Dazu war die Landesbank-Baden-Württemberg (LBBW) bereit. Sie ist die größte Landesbank – und die hungrigste. Ihr Chef Siegfried Jaschinski will so viele Landesbanken wie möglich unter seinem Dach versammeln und daraus eine Großbank formen, die es mit der Deutschen Bank aufnehmen kann.

Auch die WestLB hatte Jaschinski schon ins Auge gefasst. Die Düsseldorfer Bank ist ein angeschlagener Riese – durch Skandale geschwächt und deshalb eigentlich leichte Beute. Doch Jaschinski hatte seine Rechnung ohne die Politik gemacht. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) wollte „seine“ Bank nicht als Filiale der Baden- Württemberger sehen. Stattdessen schmiedete er mit dem hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) den Plan, die WestLB mit der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) zusammenzulegen – als „Partner auf Augenhöhe“. In wenigen Wochen sollen die Verhandlungen beginnen.

Das Gezerre um die WestLB zeigt, wer bei der Konsolidierung der Landesbanken den Ton angibt: die Landesväter. „Da geht es weniger um Vernunft, sondern mehr um politische Interessen“, sagt einer der beteiligten Banker. Als wichtigste Daten für die Zukunft der Landesbanken gelten deshalb auch Wahltermine. Und davon gibt es in 2008 einige. Vor der Hessen-Wahl im Februar rechnet niemand mit Entscheidungen über ein Zusammengehen von WestLB und Helaba. Die Wahlen in Niedersachsen und Hamburg im Januar und Februar wiederum könnten den Startschuss für einen Zusammenschluss von NordLB und HSH Nordbank geben. „So etwas halte ich noch in 2008 für möglich“, sagt Bankenexperte Gerke. Unwahrscheinlicher sei dagegen die baldige Bildung der vieldiskutierten Südschiene – der Verbindung von LBBW und BayernLB. Die Bayern wählen nämlich erst im Herbst. „Danach könnte das wieder ein Thema werden“, heißt es in Landesbanken-Kreisen.

Zusätzlichen Schwung ins Fusionskarussell könnten die Veröffentlichungen der Geschäftszahlen für 2007 bringen. Bisher haben sich die meisten Landesbanken ziemlich bedeckt gehalten, was ihre Risiken aus der US-Immobilienkrise angeht. Neben SachsenLB und WestLB hat bisher nur die LBBW größere Belastungen von 800 Millionen Euro gemeldet. Experten erwarten durchaus noch Überraschungen. „Ich kann mir gut vorstellen, dass noch weitere Landesbanken in Schwierigkeiten kommen“, sagt Wolfgang Gerke. „Es gibt keine Bank, die nicht betroffen ist“, prophezeit ein Insider. Wer als nächstes schwächelt, gilt als Übernahmekandidat. „Fusionen gibt es dann, wenn es einem Partner schlecht geht“, sagt Gerke. „Der Fitteste wird überleben“, meint NordLB-Chef Hannes Rehm.

Die Landesbank Berlin (LBB), die im Sommer vom Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV) übernommen worden war, hat in all dem Fusionsfieber bisher noch niemand auf der Rechnung. Die neuen Eigentümer haben bisher stets betont, die LBB solle eigenständig bleiben und als Landesbank aller deutscher Sparkassen fungieren. Branchenexperten können sich jedoch vorstellen, dass DSGV-Präsident Heinrich Haasis die LBB irgendwann ins Spiel bringt, wenn es dem höheren Ziel der Landesbanken- Konsolidierung dient. „Die LBB könnte zur Manövriermasse werden“, heißt es in der Branche.

Stefan Kaiser

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