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Wirtschaft: Wertpapierhandel an Himmelfahrt unter Beschuss - Kirchen und Gewerkschaften befürchten "Dammbruch"

Die Pläne der Frankfurter Börse, an vier Feiertagen in diesem Jahr den Wertpapierhandel zuzulassen, sind bei Gewerkschaften und Kirchen auf massive Kritik gestoßen. Mit dem erstmaligen Börsenhandel in Deutschland an einem gesetzlichen Feiertag werde "um geringfügiger finanzieller Vorteile willen" die Tradition eines christlich geprägten Festtages preisgegeben, beklagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Präses Manfred Kock, am Montag in Hannover.

Die Pläne der Frankfurter Börse, an vier Feiertagen in diesem Jahr den Wertpapierhandel zuzulassen, sind bei Gewerkschaften und Kirchen auf massive Kritik gestoßen. Mit dem erstmaligen Börsenhandel in Deutschland an einem gesetzlichen Feiertag werde "um geringfügiger finanzieller Vorteile willen" die Tradition eines christlich geprägten Festtages preisgegeben, beklagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Präses Manfred Kock, am Montag in Hannover. Die katholische Kirche schloss sich dem Protest an. Auch die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV) kritisierte, aus rein wirtschaftlichen Gründen werde eine Feiertagsarbeit eingeführt, die durch Arbeitszeit- und Grundgesetz nicht hinreichend gedeckt sei. HBV-Gewerkschaftssekretär Herbert Bayer sagte in Frankfurt, der geplante Wertpapierhandel an vier Feiertagen sei "ein neuer Schritt in dieser Republik", dem andere folgen könnten, weshalb ein "Dammbruch" zu befürchten sei, so Bayer, der auch im Aufsichtsrat der Deutschen Börse AG sitzt.

Die Deutsche Börse will nach eigenen Angaben aus Wettbewerbsgründen an den vier Feiertagen Christi Himmelfahrt, Pfingstmontag und Fronleichnam sowie am Tag der Deutschen Einheit den Wertpapierhandel zulassen. Die hessische Regierung hat die Regelung bereits genehmigte. Grundlage für eine Öffnung der Börsen an Feiertagen ist das neu geregelte Arbeitszeitgesetz. Danach ist an allen in Europa uneinheitlichen Feiertagen das Arbeiten in den Bereichen Groß- und Eilbetragszahlungsverkehr sowie im Zahlungsverkehr zulässig. Neben dem Feiertagshandel hat die Börse die Verlängerung der täglichen Handelszeiten bis 20 Uhr ab dem 2. Juni beschlossen.

Die Angestelltengewerkschaften HBV, DAG, ÖTV und DPG sowie die Kirchen fordern eine Änderung des Arbeitzeitgesetzes und ein Verbot des geplanten Feiertagshandels. Das Argument, die Frankfurter Börse wolle international konkurrenzfähig bleiben, wies HBV-Sekretär Bayer zurück. In keinem europäischen Land sei bisher ein nationaler Feiertag dem Aktienhandel geopfert worden. Die Deutsche Börse wolle lediglich Vorreiter beim Feiertagshandel sein, kritisierte er. Zudem warnte er davor, dass nicht nur Aktienhändler, sondern auch Angestellte in nachgelagerten Gewerben und in den Finanzabteilungen von Großunternehmen an den Feiertagen arbeiten müßten. 25 000 der hierzulande etwa 750 000 Bankangestellten, schätzt der Bundesverband Deutscher Banken, werden an jedem der vier Feiertage in Deutschland Dienst schieben müssen. Dazu kommen Mitarbeiter im Sparkassen- und Volksbankensektor, Fondsgesellschaften, Versicherungen und in den Finanzabteilungen der großen Konzerne.

Auch Kirchenvertreter forderten ein Verbot des Aktienhandels an Feiertagen. "Ohne Not" werde ein jahrhundertealtes Kulturgut aufgegeben, sagte Heribert Zingel vom Bischöflichen Ordinariat Limburg. Es werde zu einem Verlust an Lebensqualität für die Arbeitenden kommen. Pröbstin Helga Trösken von der Evangelischen Kirchen Hessen/Nassau sprach von einer falschen Wertehierarchie. Wichtigere Aspekte wie Familie, Freunde, Freiheit würden wirtschaftlichen Interessen untergeordnet.

ro

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