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Wettbewerb: Klage gegen Zementkartell zugelassen

Die benachteiligten Kunden von Wirtschaftskartellen haben vom Düsseldorfer Oberlandesgericht Rückenwind erhalten. Das Gericht ließ am Mittwoch eine 150-Millionen-Euro-Klage gegen die sechs bundesweit führenden Zementhersteller zu.

Die meist mittelständischen Zementabnehmer hatten ihre Forderungen an die belgische Cartel Damage Claims (CDC) abgetreten und damit das Verbot der Sammelklage umgangen. Nach Angaben von CDC-Direktor Ulrich Classen belaufen sich die Schadenersatz-Forderungen samt Zinsen inzwischen auf mehr als 350 Millionen Euro.

Damit drohen bei illegalen Preisabsprachen künftig auch in anderen Fällen nicht nur Bußgelder der Kartellbehörden, sondern auch gebündelte Regressansprüche derjenigen, die überhöhte Preise zahlen mussten. Ob die Forderungen, für die die CDC 300.000 Rechnungen ins Feld führt, begründet sind, muss nun das Düsseldorfer Landgericht entscheiden.

Bei illegalen Preisabsprachen drohten den Kartellen in Deutschland bislang so gut wie nie Schadenersatz-Forderungen der Kunden, weil die Prozesskosten und das Prozessrisiko meist über den Beträgen lagen, die durch überhöhte Preise zu Unrecht kassiert worden waren. Durch die Bündelung der Ansprüche auf einen Prozessführer könnte dies nun anders werden.

"Die Europäische Kommission hat die Höhe der nicht geltend gemachten Schadenersatz-Ansprüche gegen Kartelle auf 25 Milliarden Euro im Jahr beziffert. Wir hoffen, dass hier nun ein Markt entsteht", sagte Classen. Das Verfahren gegen die Zementhersteller habe bereits 2,5 Millionen Euro gekostet. "Die NRW-Justiz akzeptiert zum Beispiel keine CDs. Allein dadurch hatten wir 250.000 Euro Kopierkosten und mussten 1,8 Tonnen Papier verwenden."

Verfahren mit Modellcharakter

Das Verfahren habe "einen gewissen Modellcharakter". "Man braucht aber hinreichend große Einzelforderungen." Auch im Fall eines Erfolgs sei der Schadenersatz dabei eigentlich unzureichend: "Es sind eine Reihe unabhängiger Beton-Hersteller aus dem Markt gekegelt worden. Die kommen da auch nicht wieder rein. Die Marktstrukturen wurden irreparabel verändert", sagte Classen. Die wenigen ähnlichen Verfahren hätten in Deutschland bislang mit einem Vergleich geendet. "Wir wollen diesmal Fakten schaffen und das Ding durchziehen."

Das Bundeskartellamt hatte gegen das Zementkartell im Frühjahr 2003 ein Rekordbußgeld von 661 Millionen Euro verhängt. Die sechs Zement-Unternehmen mit bis zu 90 Prozent Marktanteil sollen in Deutschland jahrzehntelang überhöhte Zementpreise durchgesetzt haben. Nach dem Eingreifen der Wettbewerbshüter waren die Zementpreise nach CDC-Angaben um ein Drittel gesunken.

Die CDC macht 300.000 Rechnungen als Belege für überhöhte Preise geltend. Beklagt sind die Unternehmen Cemex (vormals Readymix), Dyckerhoff, HeidelbergCement, Holcim, Lafarge und die Schwenk-Gruppe. Die Zement-Hersteller können gegen das Zwischenurteil vom Mittwoch noch Beschwerde beim Bundesgerichtshof einlegen. Ob dies geschehe, sei noch nicht entschieden, sagte ein Prozessvertreter der Schwenk-Gruppe. (kj/dpa)

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