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Wirtschaft: Wettbewerbsregeln: Die staatliche Regulierung des Gasmarktes rückt näher

Die Wahrscheinlichkeit, dass die Bundesregierung gezwungen wird, den Wettbewerb auf dem deutschen Gasmarkt durch eine Regulierungsbehörde zu befördern, wird immer größer. Der Grund: Noch immer entzweien die Verbände der deutschen Gaswirtschaft und der Deutschen Industrie zu große Gegensätze, als dass sie sich in kurzer Zeit auf eine Verbändevereinbarung einigen können, in der sie selbst die Regeln des Wettbewerbs festlegen.

Von Antje Sirleschtov

Die Wahrscheinlichkeit, dass die Bundesregierung gezwungen wird, den Wettbewerb auf dem deutschen Gasmarkt durch eine Regulierungsbehörde zu befördern, wird immer größer. Der Grund: Noch immer entzweien die Verbände der deutschen Gaswirtschaft und der Deutschen Industrie zu große Gegensätze, als dass sie sich in kurzer Zeit auf eine Verbändevereinbarung einigen können, in der sie selbst die Regeln des Wettbewerbs festlegen. Zwar treffen die Spitzen des Bundesverbandes der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft, des Verbandes kommunaler Unternehmen, des Bundesverbandes der Deutschen Industrie und des Verbandes der industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK) am heutigen Mittwoch in Frankfurt zusammen, um über eine Kompromisslinie zu verhandeln. Der Verhandlungsspielraum der Parteien ist nach Aussagen von Verbandsvertretern allerdings sehr gering.

Streit gibt es zwischen der Gaswirtschaft und der verbrauchenden Industrie vor allem um die Rahmenbedingungen für den Netzzugang. So besteht dem Vernehmen nach der VIK darauf, dass Gasanbieter bei der Durchleitung durch die Gasnetze nur ein einziges Netzentgelt bezahlen müssen. In der ersten Verbändevereinbarung vom Sommer 2000 wurde noch festgeschrieben, dass Nutzungsentgelte sowohl auf der Ferngas-, als auch Regionalversorger- und Endverteilerebene zu zahlen sind. Während die Industrieverbände beklagen, dass die Netzentgelte durch die Verdreifachung in der Praxis oft höher wären als der Gaspreis selbst nd auf diesem Weg überhaupt kein Wettbewerb im Gasnetz erzeugt werde, befürchten vor allem die Regionalversorger der Gaswirtschaft, dass sie ihre Netzkosten nicht mehr erstattet bekommen, wenn es nur noch ein Netzentgelt für alle drei Verteilungsstufen gibt. Wie am Dienstag aus Verbandskreisen zu erfahren war, ist der Verhandlungsspielraum allein in diesem Detailpunkt am heutigen Mittwoch so gering, dass ein nochmaliges Scheitern der Gespräche nicht ausgeschlossen werden kann. Bereits Ende Dezember kam es zum Eklat, weil der VIK Verhandlungen mit der Gaswirtschaft mit dem Vorwurf der bewussten Verögerung abgelehnt hat. Daraufhin hatte Bundeswirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) damit gedroht, eine Regulierungsbehörde einzusetzen, wenn die Branche nicht zu kurzfristigen Kompromissen und damit zu einer Verbändevereinbarung kommt, die zu mehr Wettbewerb in der Gaswirtschaft führt.

Hinderlich für eine Einigung sind offenbar auch Interessenkonflikte innerhalb der Gaswirtschaft. So warnte der Vorstandschef der Wintershall AG, Herbert Detharding, die Mitbewerber im Markt, dass "irgendjemand ausbrechen wird und den Wettbewerb in Schwung bringt". Man könnte ohne weiteres auf "vagabundierendes Erdgas" aus Großbritannien und der Nordsee zurückgreifen und "den Laden fürchterlich stören".

Aus dem Bundeswirtschaftsministerium verlautete am Dienstag, dass den Verbänden nur noch ein kleines Zeitfenster verbleibe, um den Streit beizulegen. Spätestens bis März, wenn die Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes im Bundestag beraten wird, müsse Klarheit darüber herrschen, ob die Branche zur Selbstregulierung bereit sei. Andernfalls werde der Wirtschaftsminister unweigerlich zur staatlichen Regulierung greifen. Entsprechende Verordnungen seien bereits erarbeitet.

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