zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Widerstand gegen Mobilfunkantennen wächst

Der Bundesverband gegen Elektrosmog wirft dem Umweltministerium Verzögerung und Verharmlosung vor. Das sagte Manfred Fritsch, Präsident des Verbands, in dem sich etwa 100 Organisationen und Initiativen zusammengeschlossen haben, dem Tagesspiegel.

Der Bundesverband gegen Elektrosmog wirft dem Umweltministerium Verzögerung und Verharmlosung vor. Das sagte Manfred Fritsch, Präsident des Verbands, in dem sich etwa 100 Organisationen und Initiativen zusammengeschlossen haben, dem Tagesspiegel. Die Grenzwerte, mit denen Mobilfunkantennen in Deutschland strahlen dürfen, sind nach Meinung des Verbandes viel zu hoch. Und der Widerstand gegen die Anlagen in der Bevölkerung wächst. In etwa jeder zweiten Gemeinde in der Bundesrepublik gebe es bereits Initiativen gegen die Antennen. In Deutschland seien etwa zehn Prozent der Bevölkerung elektrosensibel, "und es werden immer mehr", sagte Fritsch. "Ich möchte Handys nicht verbieten, aber der Gebrauch soll möglichst gesundheitsverträglich für alle werden."

Im September hatte die Strahlenschutzkommission im Auftrag des Bundesumweltministeriums zur Vorbereitung der Novellierung der 26. Verordnung zum Bundesimissionsschutzgesetz eine Empfehlung vorgelegt, wonach es keine wissenschaftlich fundierten Argumente gebe, die eine Senkung der Grenzwerte nötig mache. "Seither ist nichts mehr passiert", sagt Fritsch.

In der Bundesimmissionsschutzverordnung werden Grenzwerte für die elektromagnetische Strahlung festgelegt. Die bisherigen Grenzwerte sind lediglich darauf ausgerichtet, Erwärmungen des Organismus aufgrund der thermischen Wirkung auf ein verträgliches Maß zu senken. Nicht berücksichtigt sind dagegen biologische Wirkungen, kritisiert Fritsch. "Biologische Wirkungen treten schon bei weniger als einem Millionstel der bestehenden Grenzwerte auf", sagt er. "Es gibt keine Grenzwerte, die niedrig genug sind, dass sie einen 100-prozentigen Schutz bieten."

Der Bundesverband verweist auf Studien, in denen biologische Wirkmechanismen weit unter den heute geltenden Grenzwerten zu beobachten seien. Eine Studie aus Hannover etwa fand Hinweise auf eine krebsfördernde Wirkung, eine Beeinflussung des zentralen Nervensystems, des Hormon- und Immunsystems bis hin zu Chromosomenschäden. Die Strahlenschutzkommission hält dagegen, es gebe zwar wissenschaftliche Hinweise auf Gesundheitsbeeinträchtigungen, aber durch voneinander unabhängige Untersuchungen bestätigte Hinweise gebe es eben nicht - also auch keinen Grund, die Grenzwerte zu senken.

Der Bundesverband gegen Elektrosmog fordert vor allem drei Dinge: Jede Sendestation brauche eine baurechtliche Genehmigung, was den Anwohnern ein Einspruchsrecht einräumt. Bisher sind Sendemasten unter zehn Metern in der Regel genehmigungsfrei. Zweitens sollen die Grenzwerte dringend gesenkt werden, "und zwar nach und nach je nach dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis", sagt Fritsch. "Das ist bisher nicht passiert." Drittens: Ein Verbot, Sendemasten dort aufzustellen, wo Menschen sich dauerhaft aufhalten, also in Wohngebieten und vor allem in der Nähe von Kindergärten und Schulen.

Die Stadt München ist schon einmal vorangeprescht. Der Stadtrat hat im Juli beschlossen, wer immer eine neue Mobilfunkantenne auf einer städtischen Liegenschaft errichten will, der muss die Schweizer Grenzwerte einhalten. Die liegen um den Faktor zehn unter den in Deutschland geltenden Werten. Umgesetzt ist der Beschluss allerdings noch nicht. Die Konsequenzen sind jedoch absehbar: "Auf dieser Basis werden wir keine Verträge mit der Stadt mehr machen", sagt eine Sprecherin von D2-Vodafone. "Für die Entwicklung Münchens ist das ein Unding. Der weitere Ausbau der Mobilfunknetze in der Stadt ist damit eklatant gefährdet." So sieht das auch der in München ansässige Betreiber Viag Interkom (künftiger Name: O2). "Für die Senkung der Grenzwerte gibt es keine Rechtsgrundlage", sagt ein Sprecher.

vis

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false