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Wirtschaft: Wie der Staat profitiert

100 000 Euro kostet ein Akademiker den Staat vom Kindergarten bis zum Studienabschluss. Für eine duale Berufsausbildung zahlt der Fiskus 60 000 Euro, ein Realschulabschluss schlägt mit gut 43 000 Euro zu Buche.

100 000 Euro kostet ein Akademiker den Staat vom Kindergarten bis zum Studienabschluss. Für eine duale Berufsausbildung zahlt der Fiskus 60 000 Euro, ein Realschulabschluss schlägt mit gut 43 000 Euro zu Buche. Das hat das Berliner Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie (Fibs) errechnet.

Jedes Jahr gibt Deutschland so insgesamt mehr als 100 Milliarden Euro für Bildung aus. Und dennoch sei der deutsche Bildungsbereich immer noch stark unterfinanziert, sagt Dieter Dohmen, Direktor des Fibs. „Nehmen wir zum Beispiel die Hochschulfinanzierung: Wir haben 500 000 Studenten in Deutschland, der Hochschuletat reicht dabei eigentlich nur für 350 000.“

Hinzu kommt: Trotz aller Bemühungen verlassen 20 Prozent aller Jugendlichen die Schule, ohne richtig lesen, schreiben und rechnen zu können. Das geht aus dem diesjährigen Bildungsbericht von Bund und Ländern hervor. 7,5 Millionen Deutsche sind funktionale Analphabeten – sie können einen zusammenhängenden Text weder verstehen noch schreiben. Zwölf Prozent von ihnen sind damit sogar durch das Abitur gekommen, zeigt eine Studie der Universität Hamburg.

Dabei hat Bildung auch aus volkswirtschaftlicher Sicht eine hohe Bedeutung: „Bildung beeinflusst maßgeblich das langfristige Wirtschaftswachstum“, sagt Ludger Wößmann vom Münchner Ifo-Institut. Selbst wenn nicht jeder Akademiker mehr Geld in die Steuerkassen spült als geringer Qualifizierte, ist das in Bildung investierte Geld gut angelegt, bestätigt Harm Kuper, Professor im Fachbereich Erziehungswissenschaft an der Freien Universität Berlin. „Das große Versprechen von Bildung ist, dass Menschen eigenständig werden. Dadurch sind sie weniger auf Sozialleistungen angewiesen und werden produktiver.“ Auch Gesundheit sei ein Bereich, der von Bildung enorm profitiere. Besser gebildete Menschen lebten nachweislich gesünder – und fielen also auch in dieser Hinsicht den staatlichen Kassen seltener zur Last.

Die Bertelsmann-Stiftung berechnet, dass Deutschland bis 2090 ein Wirtschaftswachstum von bis zu 2,9 Billionen Euro entgeht, wenn das Bildungsniveau bis dahin nicht angehoben wird. „Mit der Bildung in Deutschland läuft etwas in die falsche Richtung“, sagt auch Ulla Burchardt, bildungspolitische Sprecherin der SPD im Bundestag. Sie kritisiert eine fehlende Koordination der Bildungspolitik. Es gebe zwar eine Vielzahl an Verantwortlichen auf der Ebene von Bund, Ländern und Kommunen. „Doch die Bildungspolitik in Deutschland erscheint als ein riesengroßes Labor, in dem ganz viele Laboranten an einer Vielzahl von Versuchsanordnungen arbeiten, jeder in seiner Ecke.“ Burchardt fordert deshalb die Einrichtung eines nationalen Bildungsrats, „in dem Politiker und Experten aus den verschiedenen Bereichen des Bildungswesens zusammenarbeiten“. Der sollte genaue Zielvorgaben machen und eine Bildungsstrategie entwickeln.

Aus Sicht ihres Kollegen von der FDP, Patrick Meinhardt, ist nicht ausschlaggebend, wie viel Geld für Bildung ausgegeben wird, sondern wer festlegt, wofür es verwendet wird. „Die Schulen und Universitäten sollten selbst entscheiden können, was sie mit dem Geld vom Staat anfangen wollen“, fordert er. cne/mch

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