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Wirtschaft: Wie Spinnen im Netz

Google, Ebay, Amazon & Co. sind die Marktführer im Internet-Geschäft Kritiker werfen ihnen zu viel Macht vor – doch auch die Ikonen des E-Commerce sind angreifbar

Von Henrik Mortsiefer

und Maurice Shahd

An den Großen des Internets kommt keiner vorbei: Ebay, Amazon, Google und Co. sitzen wie Spinnen im globalen Netz. Die Plattensammlung verkaufen? Beim Auktionshaus Ebay wird sie binnen Stunden zu Bargeld. Den neuen Mankell-Roman auf schwedisch kaufen? Amazon liefert frei Haus und macht eine Menge Vorschläge, was der Krimifreund sonst noch lesen könnte. Und wer schaltet den Internetzugang zu Ebay und Amazon frei? In Deutschland tut dies vor allem T-Online. Vor allem bei der Suche nach Informationen im Netz fällt den Leuten nur noch ein Name ein: Google.

Die Marktführer haben den Crash der New Economy nicht nur überlebt – sie haben ihn genutzt, um ihre Marktposition auszubauen. Wettbewerber haben sie sich einverleibt, und nun wachsen sie schneller als die verbliebenen Verfolger. So erreicht der im Jahr 1998 gestartete Buchhändler Amazon inzwischen fast 30 Millionen Kunden weltweit. Ebay zählt 45 Millionen registrierte Nutzer. Google wird mit seinem bevorstehenden Börsengang rund 2,7 Millionen Dollar einnehmen und seine Marktmacht weiter festigen.

Die Großen werden größer

Den Vorsprung können Onlinekonzerne wie Ebay halten, weil sich ihre Netzwerke explosionsartig ausdehnen: Jeder neue Kunde macht das Angebot der Großen noch attraktiver und effizienter. „Je größer und vielfältiger das Angebot, desto größer ist der Nutzen für die User“, sagt Michael Hutter, Inhaber des Lehrstuhls für Theorie der Wirtschaft und ihrer Umwelt an der Universität Witten-Herdecke. Doch die Größenvorteile bergen auch eine Gefahr: „Die Marktführer könnten sich zu einer Strategie des Absahnens verführen lassen“, sagt Hutter.

Kritiker fürchten, dass die Konzentrationswelle auf vielen Internet-Märkten schon längst zu einer marktbeherrschenden Stellung der größten Unternehmen geführt hat. Der Weg vom Oligopol einiger weniger zum Monopol eines einzigen Anbieters scheint in einigen Teilmärkten des Netzes nicht mehr weit. Das gibt den Gewinnern des Ausleseprozesses Spielraum – zum Beispiel bei der Festsetzung der Preise. „Immer mehr professionelle Händler klagen, dass Ebay die Gebühren ständig erhöht“, bestätigt Falk Murko von der Stiftung Warentest. Weil aber kaum einer um die Ebay-Plattform herumkommt, wird die Preispolitik des Anbieters hingenommen.

Auch die Google-Nutzer sind nicht immer mit den Ergebnissen ihrer Suche zufrieden. „Google könnte die Qualität der Informationen wesentlich verbessern, wenn die Suchmaschine mehr auf sprachliche und regionale Unterschiede eingehen würde“, sagt der Suchmaschinen-Experte Stefan Karzauninkat. „Als Marktführer kann es Google sich offenbar leisten, darauf zu verzichten.“ Nach Ansicht von Michael Hutter die falsche Strategie: „Wenn die Großen klug sind, bleiben sie beim Service unangreifbar.“ So gilt Amazon in Sachen Benutzerführung, Liefertreue oder innovativen Tools wie den automatisch erscheinenden Empfehlungen als Maßstab für die E-Commerce-Branche.

„Mit einem ständig verbesserten Angebot und zusätzlichen Services machen es die Internetkonzerne den Kunden immer schwerer, zu einem anderen Anbieter zu wechseln“, sagt Detlef Schoder, Professor für Wirtschaftsinformatik an der Uni Köln. E-Mail-Anbieter wie Web.de oder GMX bieten heute nicht nur den Versand von elektronischen Nachrichten, sondern auch Speicherplatz für Fotoalben, Fax-Service oder eine elektronische Geldbörse.

Die Entwicklung der Internet-Wirtschaft belegt: Für die Kunden im Internet ist nicht nur der Preis ausschlaggebend, sondern Vertrauen. Wem die vertrauensbildenden Maßnahmen trotz Dotcom-Crash gelungen sind, kann sich über langfristige Kundenbeziehungen freuen. Die Unternehmensberatung Bain stellt einen „deutlichen Hang zur Treue“ bei Web-Kunden fest. „Entgegen der allgemeinen Ansicht, sie seien von Natur aus wankelmütig und sprunghaft, sind sie in Wirklichkeit sehr beständig.“ Das Beispiel der Marktführer zeigt: Bleiben die richtigen Kunden bei der Stange, zahlen sich die hohen Akquisitionskosten der ersten Jahre am Ende aus. Treue Kunden lassen sich zum Beispiel leichter zum Kauf anderer Produkte bewegen und sie empfehlen „ihren“ Web-Shop eher an Freunde und Bekannte weiter.

Konkurrenz für Google

Doch auch die Ikonen des E-Commerce sind nicht unangreifbar. „Wenn sich Zweifel an der Leistung und Vertrauenswürdigkeit einer Website breit machen, kann es schnell vorbei sein“, sagt Michael Hutter. Besonders unter Druck steht Google. Noch googeln jeden Tag 56 Prozent aller Internetnutzer weltweit. Experten glauben, dass es mit der Dominanz bald vorbei sein könnte. Yahoo folgt mit 21 Prozent noch abgeschlagen auf Platz zwei. „Die Qualität der Suchergebnisse bei Google lässt aber mehr und mehr nach“, sagt Stefan Karzauninkat, der die Webseite Suchfibel.de betreibt. Grund: Die Betreiber von Webseiten haben herausgefunden, wie sie ihre Seiten bei der Suche nach einem bestimmten Stichwort weit oben platzieren können.

Gleichzeitig wird die Konkurrenz schärfer. Yahoo hat die Suchmaschinenfirmen Overture, Inktomi und Altavista aufgekauft und Microsoft wird eine eigene Suchfunktion in die nächste Generation des Betriebssystems Windows integrieren. Auch Amazon stieg vor gut drei Wochen in den Wettbewerb ein und startet seine eigene Suchmaschine. Amazon profitiert von einem besonderen Synergieeffekt: Die Suchmaschine durchwühlt nicht nur das Internet, sondern dehnt – für registrierte Kunden – die Suche auch auf die im Amazon-Shop angebotenen Bücher aus.

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