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Wirtschaft: Wieder abwärts

Dax verliert erneut mehr als vier Prozent – die Bundesregierung will von einer Rezession aber nichts wissen

Berlin - Einen Tag nach der außerplanmäßigen Zinssenkung in den USA sind die Aktienmärkte am Mittwoch erneut eingebrochen. Der Deutsche Aktienindex (Dax) verlor zeitweise 5,7 Prozent an Wert und notierte kurz vor Börsenschluss bei 6483Punkten (minus 4,2 Prozent). Auch in New York lag der Dow Jones mehr als ein Prozent im Minus. Auslöser waren neue Gerüchte um Milliardenbelastungen der Banken sowie Furcht vor einer Rezession in den USA. Die Bundesregierung gab sich trotz der Kursverluste optimistisch.

Der Dax hat seit Jahresbeginn knapp 20 Prozent verloren und damit den gesamten Gewinn des Vorjahres eingebüßt. Am Mittwoch hatte der Handel zunächst deutlich im Plus begonnen. Danach drückten neue Gerüchte um Abschreibungen bei europäischen Großbanken wie Société Générale, ABN Amro oder Deutsche Bank die Kurse. Selbst Industriewerte wie MAN, Thyssen-Krupp oder BASF, die bislang als relativ stabil gegolten hatten, verloren mehr als fünf Prozent. Hinzu kamen Äußerungen von EZB-Präsident Jean-Claude Trichet, der Zinssenkungen in Europa momentan offenbar ausschließt. „Derzeit sollten wir uns anschauen, was mit der realen Wirtschaft passiert“, sagte Trichet. Er rechne mit einem robusten Wachstum im Euro-Raum von rund zwei Prozent. Die Konjunkturrisiken hätten aber zugenommen. Die US-Notenbank Fed hatte am Dienstag überraschend ihren Leitzins von 4,25 auf 3,5 Prozent gesenkt, um eine Rezession in den USA zu verhindern. Die Erleichterung über diesen Schritt war aber nur von kurzer Dauer. Experten rechnen nicht damit, dass damit die Talfahrt der US-Wirtschaft gestoppt werden kann.

Die Bundesregierung würde im Fall einer Wirtschaftsabschwächung vor allem die Investitionen der Unternehmen im Inland stärken. Das kündigte Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) am Mittwoch in Berlin an, als er den Jahreswirtschaftsbericht vorstellte. Man solle sich „für die Schubladen Gedanken machen“, wenn die Entwicklung schlechter laufe, als bislang abzusehen ist, regte er an. Derzeit gebe es aber keine Pläne. „Wir registrieren natürlich, dass die Risiken deutlich gestiegen sind.“ Die Koalition senkte ihre Wachstumsprognose 2008 von 2,0 auf 1,7 Prozent, die Zahl der Arbeitslosen soll um 330 000 zurückgehen. Im vergangenen Jahr hatte das Bruttoinlandsprodukt um 2,5 Prozent zugelegt.

Angesichts der Lage an den Börsen sagte Glos, er sehe „keinen Grund zur Panik“. Die Turbulenzen seien absehbar gewesen. Man dürfe nicht vergessen, dass der Dax in den vergangenen fünf Jahren kräftig zugelegt habe. „Vor diesem Hintergrund sollte man die derzeitige Korrektur nach unten nicht überbewerten“, sagte er. Zudem seien die Auftragsbücher der Unternehmen gut gefüllt und die deutsche Wirtschaft weniger anfällig für Störungen von außen als noch vor einigen Jahren.

Experten forderten derweil auch in Europa Zinssenkungen. „Eigentlich müsste die EZB auf die konjunkturelle Lage mit Zinssenkungen reagieren“, sagte Henrik Enderlein, Professor für Politische Ökonomie an der Hertie School of Governance in Berlin, dem Tagesspiegel. „Ich würde ihr dazu raten, etwas mehr Risiko einzugehen.“ Enderlein befürchtet, dass auch in Europa schlechtere Zeiten kommen. „Es ist eine Illusion zu glauben, das sich die Rezession auf die USA beschränkt.“ Wenn die Verbraucher dort weniger ausgäben, treffe dies auch deutsche Exporteure. Unzufrieden mit der Politik von Fed und EZB war der Großinvestor George Soros. „Die Zentralbanken haben die Kontrolle verloren“, sagte er beim Weltwirtschaftsforum in Davos.

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