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Wirtschaft: Wieder Streit um teuren Cholesterin-Senker Forscher: Pfizer-Präparat ist nicht besser als andere

Köln - Die Überraschung ist gelungen: Ohne Vorwarnung veröffentlichte das Kölner Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (Iqwig) am Samstag eine Nutzenbewertung für blutfettsenkende Medikamente (so genannte Statine) – und hat damit den weltgrößten Pharmakonzern Pfizer aufs Höchste verärgert. Denn die Wissenschaftler haben besonders den therapeutischen Wert des Pfizer-Präparats Sortis begutachtet, mit dem das Unternehmen 2004 weltweit über zehn Milliarden US-Dollar umsetzte.

Köln - Die Überraschung ist gelungen: Ohne Vorwarnung veröffentlichte das Kölner Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (Iqwig) am Samstag eine Nutzenbewertung für blutfettsenkende Medikamente (so genannte Statine) – und hat damit den weltgrößten Pharmakonzern Pfizer aufs Höchste verärgert. Denn die Wissenschaftler haben besonders den therapeutischen Wert des Pfizer-Präparats Sortis begutachtet, mit dem das Unternehmen 2004 weltweit über zehn Milliarden US-Dollar umsetzte. Es ist die am häufigsten verschriebene Arznei der Welt.Von dem darin enthaltenen Wirkstoff Atorvastatin behauptet der Konzern, er senke den Cholesterinwert am wirksamsten von allen Statinen und verhindere so zum Beispiel Herzinfarkte am besten.

Doch die IqwigForscher sind nach der Auswertung von fast 500 Publikationen und Studien zu Statinen anderer Ansicht: Eine Überlegenheit von Sortis sei wissenschaftlich nicht belegt. Und in klinischen Studien habe die Therapie mit Sortis in der höchsten zugelassenen Dosierung wegen Nebenwirkungen häufiger abgebrochen werden müssen als bei einem Konkurrenzprodukt. Bei einer Studie, die zugunsten von Sortis ausging, sei sogar regelrecht geschlampt worden, sagt Institutschef Peter Sawicki.

Diese Bewertungen dürften Pfizer sehr missfallen, befindet sich das Unternehmen doch mitten in einem Gerichtsprozess um die Frage, welchen Preis die gesetzlichen Krankenkassen für das Medikament erstatten dürfen. Wie berichtet, ist Sortis vom Gemeinsamen Bundesausschuss der Krankenkassen und Kassenärzte in eine Festbetragsgruppe mit anderen Statinen eingeordnet worden. Für eine solche Gruppe gilt ein Höchstbetrag, bis zu dem die Kassen die Kosten der Arzneien erstatten. Der Preis für Sortis liegt aber um 38 Prozent darüber. Die Differenz von rund 50 Euro pro Hunderter-Packung muss der Patient privat zahlen. Pfizer senkte den Preis nicht ab – die Arznei sei eben mehr wert – sondern klagt gegen die Eingruppierung vor dem Berliner Sozialgericht. Das Gericht will noch in diesem Jahr entscheiden. Und es ist anzunehmen, dass die Richter das Papier des Iqwig, das unter anderem Analysen für das Bundesgesundheitsministerium und den Gemeinsamen Bundesausschuss fertigt, genau lesen werden.

Es geht um viel Geld. Durch die Festbeträge erwartet Pfizer in Deutschland einen Umsatzrückgang bei Sortis von bis zu 130 Millionen Euro. Noch 2004 wurde das Medikament hierzulande 1,5 Millionen Patienten verschrieben. Der Umsatz lag bei 400 Millionen Euro.

Entsprechend heftig fällt die erste Reaktion des Unternehmens aus: Das Iqwig widerspreche weltweit anerkannten Herz-Kreislauf-Spezialisten und internationalen Fachgesellschaften. „Tatsache ist, dass die Datenlage bei akutem Koronarsyndrom (kritische Durchblutungsstörungen des Herzens) für kein anderes Statin so positiv ist wie für Atorvastatin“, teilte Pfizer mit. Man bedauere, dass die Nutzenbewertung „ohne den international üblichen wissenschaftlichen Diskurs zustande gekommen ist.“

Das Iqwig-Papier im Internet unter:

www.iqwig.de

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