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Bald ganz geschlossen. Doch noch immer haben sich rund 40 000 der 136 000 Mitglieder der City BKK keine neue Kasse gesucht. Foto: picture alliance/dpa

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Wirtschaft: Willkommen sind sie nicht

Wo die Mitglieder der Pleitekasse City BKK untergekommen sind und wie es weitergeht

Berlin - Lange Schlangen vor der AOK- Servicestelle in Berlin-Weißensee, Rentner mit Rollatoren auf der Suche nach einem Ansprechpartner – gern gesehene Kunden waren die Mitglieder der Pleitekasse City BKK bei den meisten anderen Kassen anfangs nicht. Denn viele der Versicherten sind alt, krank und leben in Hamburg und Berlin, wo die Gesundheitskosten höher sind als auf dem Land. Inzwischen klappt der Wechsel reibungslos. Auch bei der AOK Nordost, zu der Berlin gehört, können City-BKK-Mitglieder inzwischen in allen Servicestellen ihre Aufnahmeanträge abgeben. Doch das Interesse ist begrenzt. „Wir werden zum 1. Juli 10 000 Mitglieder der City BKK aufgenommen haben“, sagte die Sprecherin der AOK Nordost, Gabriele Rähse, dem Tagesspiegel. Zum Vergleich: Zur Techniker Krankenkasse sind bereits 46 000 Ex-City-BKK-Mitglieder gewechselt.

„Verglichen mit der Schwarzmalerei aus den ersten Tagen hat die AOK verblüffend wenig City-BKK-Mitglieder bekommen“, meint Dörte Elß, Gesundheitsexpertin der Verbraucherzentrale Berlin. „Die Menschen hatten nicht das Gefühl, willkommen zu sein.“ Das sieht auch City-BKK-Sprecher Torsten Nowak so: „Die Taktik der AOK ist aufgegangen.“

Gemessen an der TK sind die beiden AOKen in Berlin und Hamburg glimpflich davongekommen. In Hamburg zählt die AOK, die mit der AOK Rheinland fusioniert ist, gerade einmal 5200 neue Mitglieder, die von der City BKK zu ihr gekommen sind – und das seit Jahresanfang. Bei der Barmer GEK sind es bereits 10 100 Neuaufnahmen, „allerdings gibt es noch unzählige Mitgliedsanträge, die bearbeitet werden müssen“, berichtet Sprecher Kai Behrens. Die DAK hat bislang rund 3400 Mitglieder, die früher bei der City BKK waren, aufgenommen.

Die City BKK ist pleite und wird zum 1. Juli geschlossen. Doch noch immer haben sich rund 40 000 der 136 000 Mitglieder keine neue Kasse gesucht. Die Zeit drängt. „City-BKK-Versicherte sollten jetzt so schnell wie möglich eine neue Kasse wählen. Je schneller das passiert, umso eher können Übergangsprobleme vermieden werden“, rät Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes. Das gilt vor allem für Menschen, die Kranken- oder Pflegegeld beziehen. Aber auch wer im Juli zum Arzt will, dürfte Probleme bekommen, wenn er in der Praxis die Chipkarte der City BKK zückt (siehe Kasten).

Wer sich jetzt eine neue Kasse sucht, entgeht solchen Problemen. „Sobald die von Ihnen gewählte Krankenkasse Sie als neuen Versicherten in ihre EDV-Systeme aufgenommen hat, wird die Belieferung mit der neuen Krankenversicherungskarte ausgelöst“, verspricht Heinz Kaltenbach, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Betriebskrankenkassen. Praktisch heißt das: Nach rund einer Woche bekommt man die neue Chipkarte zugeschickt, also vor dem 1. Juli. Wer bis zum 14. Juli nicht aktiv geworden ist, wird über seinen Kopf hinweg bei einer neuen Kasse angemeldet. Bei Arbeitnehmern erledigt das der Arbeitgeber, bei Erwerbslosen die Bundesagentur für Arbeit und bei Rentnern die Rentenversicherung.

Nach den anfänglichen Querelen arbeiten die Kassen jetzt Hand in Hand. Alle noch säumigen Mitglieder werden von der City BKK angeschrieben. Dem Brief ist ein Antragsformular beigefügt, bei dem nur noch die gewählte Krankenkasse eingetragen werden muss. Dieser Antrag sollte dann schnellstmöglich an die gewählte Kasse gehen. Zudem schicken viele Kassen jetzt auch eigenes Personal in die Filialen der City BKK. Wegen Personalmangels seien in den Servicestellen der City BKK „tausende Briefe“ liegen geblieben, kritisiert TK-Sprecher Hermann Bärenfänger. „Wir helfen mit, die Rückstände abzubauen.“ Die AOKen haben ebenfalls ihre Hilfe angeboten.

Den Kassen, die Mitglieder der City BKK übernehmen, steht eine finanzielle Durststrecke bevor. „Der Gesundheitsfonds zahlt erst nach zwei Monaten für die neuen Mitglieder“, gibt Marie-Luise Dittmar, Sprecherin von Berlins Gesundheitssenatorin Katrin Lompscher (Linke), zu bedenken. Mit einer Bundesratsinitiative wollte Berlin der Bundesregierung Dampf machen, eine Lösung für die Fälle von Kassenschließungen zu finden und die Liquidität sicherzustellen. Doch am Freitag scheiterte der Antrag in der Länderkammer. Die Techniker sieht das gelassen. „Das erschüttert uns nicht“, betont TK-Sprecher Bärenfänger. Seine Kasse habe im vergangenen Jahr ein Plus von 558 Millionen Euro gemacht, im ersten Quartal dieses Jahres seien es 200 Millionen Euro gewesen. „Wir werden auch 2011 ohne Zusatzbeitrag auskommen“, sagt Bärenfänger – trotz der Neuzugänge aus der City BKK.

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