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Wirtschaft: Winterreifen werden knapp

Seit dem Kälteeinbruch ist die Nachfrage in die Höhe geschnellt / In Berlin klagen Händler bereits über Lieferprobleme

Berlin - Kaum hat der erste Frost Berlin erreicht, laufen bei Autowerkstätten die Telefone heiß. Beim Reifenhändler Rohrbeck in Berlin-Steglitz schiebt Buchhalterin Susanne Schulz Überschichten. „Wir werden fast überrollt, ich kann nur jede achte Telefonanfrage nach Winterreifen richtig beantworten“, klagt sie.

Grund für die starke Nachfrage ist neben dem Wintereinbruch und der Mehrwertsteuererhöhung eine neue Verordnung von Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD). Denn in diesem Jahr müssen Autofahrer erstmals mit einem Bußgeld von 20 bis 40 Euro sowie einem Punkt in der Verkehrssünderkartei rechnen, wenn sie bei „winterlichen Straßenverhältnissen“ nicht mit passenden Reifen unterwegs sind. Das treibt die Autofahrer in Scharen in die Werkstätten. So meldete der Bundesverband des Reifenhandels (BRV) bereits, dass Winterreifen noch in diesem Jahr Mangelware werden könnten.

Die Werkstattkette Pit-Stop klagt, dass Kunden bis zum letzten Augenblick warten und sich dann wundern, dass die passenden Reifenmodelle nicht vorrätig sind. „Jetzt haben wir die Temperatur, wo die Leute das erste Mal Eis kratzen. Und auf einmal wollen alle neue Reifen“, sagt Pit-Stop-Einkaufsleiter Andreas Laube. Andere Händler freuen sich über den Nachfrageschub: „Die Industrie rechnet mit einer Verkaufssteigerung von zehn bis 17 Prozent in diesem Jahr“, sagt Produktmanager Jochen Haag von Auto-Teile-Unger (ATU).

Ihre Preise wollen die Händler zwar trotz der starken Nachfrage nicht erhöhen. Allerdings könne es in Teilen der Branche zu Lieferproblemen kommen – vor allem kleinere Unternehmen hätten wegen mangelnder Lagerkapazitäten Probleme, erklärt Haag. „Wir haben extreme Schwierigkeiten mit Nachbestellungen“, sagt Martina Müller, Inhaberin eines Reifendienstes aus Berlin-Mitte. Neben Produkten von Pirelli, Dunlop und Goodyear würden vor allem die billigeren No-Name-Reifen knapp.

Beim Reifenhersteller Continental wiederum hatte man sich auf einen größeren Ansturm in diesem Jahr vorbereitet. Winterreifen seien ein dynamisches Marktsegment, sagt Sprecher Alexander Lührs. „Wir schauen, wie wir hinterherkommen, um auf den zweiten Ansturm zu reagieren.“ Der Reifenhersteller rechnet mit einer neuen Nachfragewelle Mitte bis Ende November.

Doch was die Hersteller freut, sorgt bei Autofahrern und Polizei derweil für Verunsicherung. So sei immer noch nicht klar, wann welcher Reifen aufgezogen werden müsse, kritisiert Konrad Freiberg von der Gewerkschaft der Polizei. Die jetzige Regelung sei unzureichend, die vom Verkehrsministerium verordnete Definition „winterlicher Straßenverhältnisse“ sei schwammig interpretierbar.

Die Polizei stelle deshalb folgende Regel auf: In der kalten Jahreszeit seien Reifen mit Schneeprofil Pflicht. Mit M+S Reifen gingen Autofahrer in jedem Fall auf Nummer sicher, empfiehlt Freiberg.

Ina Brzoska

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