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Wirtschaft: „Wir müssen bessere Qualität liefern“

Unilever-Chef Johann Lindenberg fordert im Kampf gegen Aldi & Co. mehr Marketing und Innovationen im Einzelhandel

Berlin. Der Chef von Unilever Deutschland, Johann Lindenberg, hat den Handel aufgefordert, sich gegen die „Aldisierung der Gesellschaft“ zu wehren. Gemeinsam mit den Herstellern von Markenartikeln müsse der Einzelhandel sein Marketing verbessern und mehr Innovationen auf den Markt bringen. „Aldi verhält sich hocheffizient“, sagte Lindenberg im Gespräch mit dem Tagesspiegel. „Auf Dauer etabliert sich damit aber ein System mit geringer Wertschöpfung. Das ist dem Wohlstand nicht förderlich.“ 2003 werde der Handel zum Krisenjahr erklären müssen.

Der traditionelle Einzelhandel kämpft seit Jahren mit rückläufigen Umsätzen. Gewinner der Krise sind die Discounter (siehe Lexikon), allen voran Aldi und Lidl. Während der Lebensmitteleinzelhandel stagniert, konnten die Billiganbieter ihren Umsatz in den ersten neun Monaten des Jahres um fünf Prozent ausweiten. Schlecht ist das auch für Unilever, einen der weltgrößten Anbieter von Markenartikeln – unter anderem mit Knorr, Becel, Rama, Langnese, Iglo und Dove. Unilever verkauft seine Marken zwar auch über Discounter. Aldi gehört jedoch nicht dazu.

Mit Handelsmarken beim Discounter bekomme der Kunde gute Standardprodukte zu einem niedrigen Preis. Vielfalt und Innovationen könne dagegen nur der klassische Einzelhandel bieten, sagte Lindenberg. Und dort sieht er Nachholbedarf – etwa bei der Werbung. „Die Discounter geben viel Geld für Werbung aus, deutlich mehr als der übrige Lebensmittelhandel“, sagte Lindenberg. Und der werbe dann auch noch traditionell und eindimensional vor allem mit günstigen Preisen, statt Innovationen herauszustellen. „Der traditionelle Handel wirbt im Prinzip damit, was andere auch tun und unterscheidet sich somit nicht von der Konkurrenz.“

Innovative Brotaufstriche

Das ist ein Ärgernis für den Markenartikelhersteller, der viel Geld in Forschung und Entwicklung neuer Produkte steckt. Ein Beispiel: Der Markt für Brotaufstriche ist rückläufig, mit Rama und Lätta ist kein Wachstum mehr zu erzielen. „Außerordentlich erfolgreich“ sei dagegen „Becel pro-aktiv“, sagte Lindenberg. „Obwohl die cholesterinsenkende Diät-Margarine teurer ist als Butter, ist sie deutlich günstiger als eine Behandlung mit Medikamenten.“ Der Kunde sei offenbar bereit, für den zusätzlichen Nutzen mehr Geld zu bezahlen. „Wenn wir unsere Arbeit gut machen, profitiert auch der Handel.“

Um die Innovationen verkaufen zu können, ist die Industrie aber zugleich auf den Handel angewiesen. Der Handel müsse selbst einen Beitrag leisten, mit den richtigen Preisen, der richtigen Verkaufsförderung, der richtigen Atmosphäre und eben einem eigenen Profil in der Werbung, sagte Lindenberg. Denn es sei keineswegs so, dass alle Supermärkte in der Krise steckten. „Es gibt exzellente Beispiele von einzelnen Händlern, die profitabel wachsen. Jetzt geht es darum, solche Erfolgsmodelle zu multiplizieren.“ Auch die Industrie sei gefordert, mit neuen, besseren Produkten den Markt zu beleben. „Wir müssen erkennbare und erlebbare bessere Qualität liefern“, sagte Lindenberg. Diese Arbeit müsse nicht nur geleistet, sondern auch kommuniziert werden – auch vom Handel.

Zu der Diskussion in vielen Unternehmen, Firmenteile aus Kostengründen ins Ausland zu verlagern, sagte Lindenberg, für sein Unternehmen sehe er dazu keinen Anlass. „In Deutschland sind trotz aller Klagen die effektiven Steuerraten nicht höher als im Ausland.“ Als Markenhersteller sei es wichtig, nahe am Markt und nahe am Konsumenten zu sein. „Wir führen unser Geschäft in Deutschland aus Deutschland“, sagte Lindenberg. Es könnte in Zukunft dazu kommen, die Finanz- oder Personalverwaltung europäisch stärker zu zentralisieren. „Das planen wir aber derzeit nicht“, sagte der Unilever-Chef.

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