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Wirtschaft: „Wir profitieren von der Flaute“

Ebay-Deutschlandchef Philipp Justus über Online-Auktionen per Handy, Risiken für Profiverkäufer und sicheren Handel im Netz

Herr Justus, hatte im heißen Sommer überhaupt jemand Lust, zu Hause vor dem Computer zu sitzen und bei Ebay zu handeln?

Wir haben tatsächlich gemerkt, dass die Kunden auch anderes machen, als bei Ebay zu kaufen und zu verkaufen. Die Internetnutzung ist insgesamt im Sommer leicht zurückgegangen. Für viele Menschen gehört Ebay aber inzwischen zum täglichen Leben, und sie wollen deshalb nicht darauf verzichten.

Denken Sie darüber nach, den Handel per Handy zu ermöglichen, damit die Nutzer auch am Strand oder im Biergarten bei Auktionen mitbieten können?

Es ist bereits jetzt möglich, mit einem gewöhnlichen Handy und unserem Telefon Bieten-Service sich vor Ende einer Auktion anrufen zu lassen und mitzubieten. Auch per WAP können die Nutzer bei Ebay schon jetzt nach Artikeln suchen und Gebote abgeben. Mit neuen Techniken wie UMTS erweitern sich die Möglichkeiten.

Spürt Ebay die allgemeine Konsumflaute?

Wir waren in den letzten Jahren relativ unabhängig von konjunkturellen Schwankungen. Trotz der Wirtschaftsflaute steigen unsere Nutzerzahlen und damit die Umsätze. Vielleicht kam uns die Krise sogar zugute. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten achten die Menschen stärker aufs Geld. Und Ebay ist eine Möglichkeit, um Geld zu sparen. Einerseits können die Verbraucher hier günstig einkaufen, andererseits können sie Dinge, die sie nicht mehr brauchen, zu Geld machen.

Welche Produkte verkaufen sich bei Ebay am besten?

Der Ursprung von Ebay liegt bei elektronischen Produkten wie Computern, Fernsehern oder Handys und bei allem, was sich sammeln lässt: Briefmarken, Münzen, Überraschungseier oder Antiquitäten. Das sind nach wie vor die größten Produktkategorien. Neu hinzugekommen sind zuletzt zum Beispiel Autos und Autozubehör oder alles, was sich rund um den Haushalt dreht wie Kühlschränke oder Waschmaschinen. Das Spektrum der Waren, die bei Ebay gehandelt werden, wird immer größer.

Sind die Deutschen besonders sammelfreudig und deshalb besonders eifrige Ebay-Nutzer?

Die Deutschen sammeln fast alles, nicht nur Briefmarken oder Münzen. Zurzeit ist die japanische Trickfilmserie Yu-Gi-Oh total angesagt, was dazu geführt hat, das aktuell bei Ebay rund 7000 Yu-Gi-Oh-Sammelkarten im Angebot sind. Ebenfalls in Mode sind Erinnerungsstücke aus der DDR. Nachdem der Film „Good Bye Lenin“ in die Kinos kam, hat es einen regelrechten Boom gegeben. Innerhalb weniger Wochen ist da eine neue Sammelleidenschaft entstanden. Das kann aber nach einigen Monaten schon wieder vorbei sein.

Wie viele Menschen leben inzwischen vom Handel bei Ebay?

Wir gehen davon aus, dass rund 10 000 Menschen in Deutschland ihren Lebensunterhalt mit Ebay verdienen. Verkäufer, die bestimmte Kriterien erfüllen, laden wir zum Powerseller-Programm ein. Viele dieser Großverkäufer haben sogar schon eigene Angestellte. In Bayern gibt es zum Beispiel einen 25-Jährigen, der sich auf den Verkauf von Kameras und Fotozubehör spezialisiert hat und 30 Mitarbeiter beschäftigt.

Sind die Powerseller alles private Verkäufer?

Nein. Viele Großverkäufer haben ein Fachgeschäft und nutzen Ebay als zusätzlichen Vertriebsweg. Mit dem Online-Marktplatz haben sie die Chance, ihre Produkte deutschlandweit zu verkaufen.

Ist das noch legal?

Das ist bei Ebay nicht anders als bei der Eröffnung eines echten Ladens. Sobald die Verkäufer ein Geschäft gewerblich betreiben, müssen sie es anmelden und die Einnahmen versteuern. Vielen ist das gar nicht bewusst. Besonders, wenn sie klein anfangen und erst langsam ein größeres Umsatzvolumen erreichen. Deshalb bieten wir Kurse an, um die Nutzer in rechtlichen und steuerlichen Fragen zu schulen. Zusätzlich arbeiten wir mit den Industrie- und Handelskammern zusammen. In den Kursen geht es dann auch um Fragen der Finanzierung. Wie schreibe ich einen Businessplan oder wie bekomme ich einen Kredit, wenn ich mir bei Ebay eine neue Existenz aufbauen will? Wir wollen das Unternehmertum bei Ebay fördern. Deshalb ist dieses Training extrem wichtig.

Welche Gefahren lauern, wenn man sich mit dem Handel bei Ebay selbstständig macht?

Es kommt immer wieder vor, dass sich Gründer übernehmen. Zum Beispiel, wenn jemand schon beim Start ein großes Lager mit Waren anlegt und dann feststellt, dass er sie nicht zu den gewünschten Preisen verkaufen kann. Die erfolgreichen Verkäufer kalkulieren ein, dass sie nicht immer den erhofften Preis erzielen. Das ist typisch für Auktionen.

Immer mehr Verkäufer sichern sich ab, indem sie zu Festpreisen verkaufen. Widerspricht das nicht der eigentlichen Idee von Ebay?

Dieser Markt wächst und hat uns ganz neue Produkte erschlossen. Inzwischen werden mehr als ein Viertel der angebotenen Artikel zu festen Preisen verkauft. Das gilt besonders für Waren, deren Preis relativ leicht abschätzbar ist. Zum Beispiel, weil es die gleichen Produkte in großer Zahl gibt und das einen Preisvergleich erleichtert.

Nutzen auch große Unternehmen Ebay?

Viele Unternehmen nutzen Ebay, um Preise zu ermitteln. Mit einer Auktion lässt sich sehr gut feststellen, welcher Preis für ein bestimmtes Produkt gerechtfertigt ist. Außerdem verkaufen viele Unternehmen Restposten oder Überschussproduktion bei Ebay. Der Marktplatz ist für die Firmen eine elegante Möglichkeit, diese Ware ohne große Aufmerksamkeit loszuwerden. 95 Prozent unseres Umsatzes machen wir aber mit Privatleuten und Kleingewerbetreibenden.

Was darf bei Ebay nicht verkauft werden?

Es darf nichts gehandelt werden, was gesetzlich verboten ist. Aber auch über den gesetzlichen Rahmen hinaus gibt es Produkte, die wir nicht zum Handel zulassen, zum Beispiel lebende Tiere. Wir durchsuchen unsere Webseiten täglich nach verbotenen Produkten und löschen die Angebote dann.

Kontrollieren Sie jedes Angebot?

Nein. Jeden Tag werden mehrere hunderttausend Produkte neu angeboten. Deshalb kann sich die Kontrolle nur auf Stichproben beschränken. Gesetzlich sind wir dazu auch nicht verpflichtet. Das Angebot wird vom Verkäufer gemacht, und dieser ist verantwortlich für dessen Rechtmäßigkeit.

Machen Sie es sich da nicht zu einfach? Immerhin findet auf Ihren Seiten der Handel statt.

Wir haben natürlich ein Interesse daran, dass der Marktplatz sauber bleibt. Deshalb beschäftigen wir in Deutschland in unserem Sicherheitsteam mehr als 100 Mitarbeiter. Ihre einzige Aufgabe ist es, die Einhaltung der Regeln beim Handeln zu überwachen. Das gilt sowohl für die Zulässigkeit der angebotenen Artikel, als auch für Probleme zwischen Käufer und Verkäufer. In diesem Bereich stellen wir übrigens auch in den nächsten Monaten neue Mitarbeiter ein.

Immer wieder kommt es zu Betrugsfällen bei Ebay. Wie wollen Sie das in Zukunft verhindern?

Für Ebay hat die Sicherheit beim Handel auf dem Online-Marktplatz oberste Priorität, denn jeder Betrugsfall ist einer zu viel. Allein in den letzten 18 Monaten haben wir weltweit zehn Millionen US-Dollar in die Infrastruktur unserer Systeme für Sicherheit und Vertrauen investiert. Jedes Mitglied kann bei Ebay sicher handeln, wenn ein paar einfache Regeln befolgt werden, die wir auf dem Marktplatz veröffentlicht haben.

Im Gang steht noch ein Kicker – wie früher fast in jeder New-Economy-Firma. Benutzt den noch jemand?

Natürlich! Wir haben uns aus der Zeit der New Economy einiges bewahrt: Offenheit, flache Hierarchien und die Möglichkeit, Spaß und Arbeit miteinander zu verbinden.

Das Gespräch führten Maurice Shahd und Corinna Visser.

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