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Wirtschaft: "Wir rollen das Feld von hinten auf"

MAGDEBURG .Der Aufschwung Ost wird es noch nicht gerade sein, aber Schlußlicht beim Wachstum des Bruttoinlandsproduktes will Sachsen-Anhalt in diesem Jahr auch nicht mehr sein.

MAGDEBURG .Der Aufschwung Ost wird es noch nicht gerade sein, aber Schlußlicht beim Wachstum des Bruttoinlandsproduktes will Sachsen-Anhalt in diesem Jahr auch nicht mehr sein.Betrug der Zuwachs im vergangenen Jahr gerade mal 0,6 Prozent, so erwartet Wirtschaftsminister Klaus Schucht dieses Jahr einen Zuwachs von 2,9 Prozent.Eine Zahl, die die Nord LB berechnet hat."Und mit diesem Zuwachs dürfte Sachsen-Anhalt im Vergleich gut dastehen", meint Schucht.Denn im Durchschnitt aller neuen Länder erwarten die Nord LB-Banker ein Wachstum von allenfalls 1,9 Prozent.

Eigentlich, meint Schucht, habe Sachsen-Anhalt auch im letzten Jahr gar nicht so schlecht ausgesehen.Die niedrigen Wachstumsraten, verweist der Minister auf Aussagen selbst seines Bonner FDP-Amtskollegen Günter Rexrodt, waren der Sondersituation Sachsen-Anhalts in der Mineralölindustrie geschuldet.Während die alten Raffinerien in Leuna und Zeitz bereits im Sommer abgeschaltet wurden und auch die Schmierölfertigung bei Addinol auslief, nahm die neue vom französischen Konzern Elf Aquitaine errichtete Mitteldeutsche Erdöl-Raffinerie bei Leuna mit beträchtlicher Verspätung den vollen Betrieb auf, lieferte die ersten Raffinerieprodukte erst im Februar 1998 aus."Rechnet man die Mineralölverarbeitung einmal ganz heraus, dann kommen die Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes in Sachsen-Anhalt für 1997 auf einen Zuwachs von 16 Prozent", rechnet Schucht vor.Die Exporterlöse des verarbeitenden Gewerbes seien 1997 im Vergleich zum Vorjahr sogar um 22 Prozent gestiegen."Und schließlich darf man nicht vergessen, daß wir auch in absoluten Zahlen des Bruttosozialproduktes ganz gut abschneiden", sagt Schucht.Im ostdeutschen Ländervergleich liege sein Land hier hinter Sachsen und Berlin immerhin an dritter Stelle.

Daß die CDU im Wahlkampf dem eigenen Land immer die Schlußlicht-Position zugewiesen und dafür die rotgrüne Minderheitsregierung verantwortlich gemacht habe, sei eine nicht ganz redliche Interpretation von Statistiken gewesen."Während Sachsen-Anhalt beim BSP pro Beschäftigten sogar den Spitzenplatz aller neuen Länder einnimmt, liegt es beim BSP pro Kopf der Bevölkerung tatsächlich an letzter Stelle", räumt Schucht ein.Das sei ein Ergebnis der hohen Arbeitslosigkeit im Land.Nur wenn man diesen Wert als Maßstab wirtschaftlicher Entwicklung nehme, sei die Wahlkampfargumentation der Union stimmig.

Nicht nur die Nord LB-Prognosen, sondern auch die realen wirtschaftlichen Eckdaten des ersten Halbjahres 1998 stimmen ihn ausgesprochen zuversichtlich, betont Schucht."Die Auftragseingänge im verarbeitenden Gewerbe sind um neun Prozent gestiegen, die Umsätze sogar um 15 Prozent", sagt er.Eine spürbare Entlastung des Arbeitsmarktes werde sich aber auch durch das für dieses Jahr zu erwartende Wirtschaftswachstum kaum ergeben."Mit solchen Zuwachsraten kann man Arbeitslosigkeit heute wohl kaum noch beseitigen", sagt Schucht.Die Zuwächse würden sich vielfach eher in Produktivitätszuwächsen niederschlagen.Die seien aber auch notwendig.So habe die ostdeutsche Chemie-Industrie erst 1997 wieder das Umsatzvolumen von 1991 erreicht."Allerdings nur noch mit 30 Prozent der damals in dieser Branche Beschäftigten", sagt Schucht.Einer deutlichen Trendwende bei den Erwerbslosenzahlen stehe auch entgegen, daß in Sachsen-Anhalt wie auch anderswo in Deutschland die Entwicklung des Dienstleistungssektors nach wie vor unbefriedigend sei.Dennoch erwartet Schucht von den prognostizierten Wachstumsraten auch arbeitsmarktpolitische Effekte.In spätestens drei Jahren, so glaubt er, werde sein Land die Rote Laterne bei den Arbeitslosenzahlen der Länder endgültig lossein.Dazu beitragen sollen auch weitere Großinvestitionen."Wir verhandeln gerade über rund 15 Großprojekte, die alle bis zum Jahresende genehmigungsreif sein können", sagt er.Dabei geht es um Investitionen bis zu zwei Mrd.DM und bis zu 2000 neue Stellen.

EBERHARD LÖBLICH

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