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Wirtschaft: "Wir senken die Kosten in allen Bereichen"

TAGESSPIEGEL: Stimmt es, daß die Gasag den Berlinern ein Weihnachtsgeschenk macht?SCHULTEN: Ja.

TAGESSPIEGEL: Stimmt es, daß die Gasag den Berlinern ein Weihnachtsgeschenk macht?

SCHULTEN: Ja.Zumindest ein kleines: Wir senken die Preise im Westteil der Stadt Mitte Dezember um fünf Prozent und erreichen damit ein einheitliches Preisniveau in ganz Berlin.Ein Vier-Personen-Haushalt spart dadurch gut 90 DM.Wir haben die Gaspreise in den letzten dreieinhalb Jahren um 20 Prozent gesenkt.Ein durchschnittlicher Haushalt gibt pro Jahr heute mehrere hundert Mark weniger für Gas aus als noch 1995.

TAGESSPIEGEL: Kann sich die Gasag solche Wohltaten überhaupt leisten?

SCHULTEN: Eigentlich nicht.Aber Preissenkungen sind ein wichtiges Wettbewerbselement.Wir müssen unser Preisniveau an das der konkurrierenden Energieträger anpassen.Es ist eine Gratwanderung zwischen dem Ausbau der Marktposition und dem wirtschaftlich Vertretbaren.Sechs Monate nach der Privatisierung beginnen wir deshalb jetzt mit einer grundlegenden Neu-Strukturierung der Gasag.

TAGESSPIEGEL: Wie soll das Unternehmen umgebaut werden?

SCHULTEN: Wir werden die Gasag in zehn bis 15 Profit-Center aufteilen.Etwa fünf davon sollen als selbständige GmbH geführt werden.Wir wollen Bereiche wie Verteilung, Speicherung, Handel/Vermarktung, Service, Informationsverarbeitung, Ablesung und Abrechnung näher an den Markt, näher an den Kunden heran bringen.Ziel der Umstrukturierung ist es, die Verantwortlichkeiten innerhalb des Konzerns deutlicher zu machen und mehr Transparenz zu schaffen.

TAGESSPIEGEL: Das hört sich an, als stünden die 2550 Gasag-Mitarbeiter vor großen Veränderungen.

SCHULTEN: Die Mitarbeiter werden sich tatsächlich vollkommen umstellen müssen.Die Gasag war bisher eine Behörde.Sie ist jetzt relativ schnell an private Aktionäre verkauft worden.Unsere Hauptaufgabe besteht nun darin, unsere Mitarbeiter vom Beamtendenken wegzubringen und zu Unternehmern zu machen.Dem einzelnen Bereichsmanager muß künftig ein bestimmtes Ergebnis direkt zurechenbar sein.Deshalb bilden wir Center-Strukturen: Sie zeigen, wo im Konzern Geld verdient, wo Geld verloren wird.Noch konsequenter ist es, rechtlich eigenständige Unternehmen auszulagern.Dazu gehört auch, daß wir Bereiche, die nicht zum Kerngeschäft gehören, künftig mit externen Firmen gemeinsam betreiben.

TAGESSPIEGEL: Und was sagen die Mitarbeiter dazu?

SCHULTEN: Zugegeben: Unsere Ideen klingen revolutionär für einen Industriesektor, der traditionell konservativ ist.Nachdem aber klar ist, daß sich bei der Gasag was ändern muß, warten unsere Mitarbeiter zu Recht darauf, daß konkret gesagt wird, was und wie es sich für jeden einzelnen auswirkt.Wir haben da eine Bringschuld und sind fest entschlossen, diese einzulösen.Wenn einiges davon unpopulär ist, müssen wir uns dafür eben die faulen Eier an den Kopf schmeißen lassen.Wir können aber nicht zulassen, daß alle sagen: Jawohl, es muß sich was ändern, aber bitteschön nicht bei mir.Dann kämen wir nämlich nie vom Fleck.

TAGESSPIEGEL: Wird es im Zuge des Konzernumbaus zu Entlassungen kommen?

SCHULTEN: Der Interessenausgleich mit den Gewerkschaften sieht einen Personalabbau auf 2100 Stellen bis Ende 2000 vor.Selbstverständlich halten wir diese Absprachen ein.Auch künftig versuchen wir, Stellen nur sozialverträglich abzubauen.Aber wir müssen über ein Gesamtpaket für die Zukunft verhandeln.Ich möchte betonen, daß sich die Mitbestimmung sehr kooperativ und verantwortungsbewußt verhält.

TAGESSPIEGEL: Wieviel Arbeitsplätze muß die Gasag langfristig abbauen?

SCHULTEN: Nach Benchmarking-Vergleichen mit Großstadt-Versorgern in Westdeutschland kann man sagen, daß der Personalbestand der Gasag um mindestens 50 Prozent überhöht ist.Nur möchte ich nicht, daß das so verstanden wird, daß das unsere neuen Personalpläne sind.Ziel unserer Neustrukturierung ist es ja, im Kerngeschäft weiter zu wachsen - um neue Arbeit schaffen und die Produktivität erhöhen zu können.

TAGESSPIEGEL: Kommt die Gasag mit dem Umbau endlich aus den roten Zahlen?

SCHULTEN: Unser Ziel war es, unseren Jahresverlust von rund 100 Millionen Mark in diesem Geschäftsjahr zu halbieren.Das werden wir trotz der Erfolge bei der Kostensenkung nicht schaffen.Zur Zeit gehen wir von einem Jahresverlust von 70 Mill.DM aus.Den Erfolg unserer Umstrukturierung werden wir zwar schon 1999 spüren.Voll wirksam wird sie aber erst in zwei bis drei Jahren sein.Wir haben uns vorgenommen, bis dahin Kosten von rund 100 Millionen Mark einzusparen und die Erlöse um 50 Millionen Mark zu steigern.Insgesamt müssen wir also das Ergebnis um 150 Mill.DM verbessern.Im Geschäftsjahr 2000 wollen wir erstmals schwarze Zahlen schreiben.

TAGESSPIEGEL: Welche weiteren Möglichkeiten zur Kostensenkung sehen Sie?

SCHULTEN: Wir werden die Kosten in allen Bereichen senken.Investitionen und die Abschreibungen werden überprüft, ohne aber Abstriche an der Qualität und der Sicherheit unseres Versorgungssystems zu machen.Wir werden auch die Gasbeschaffungskosten mit Hilfe von Gaz de France reduzieren.Bei der Zählerablesung, der Abrechnung und der Leitungsverlegung können wir mit unserem Partner Bewag Synergie-Effekte verwirklichen.Wir prüfen beispielsweise, ob wir unsere Datenverarbeitung zusammenlegen können.

TAGESSPIEGEL: Kann der Energieträger Gas gegen Heizöl und Kohle gewinnen?

SCHULTEN: Er kann nicht nur, er wird.In Berlin hat Erdgas einen deutlich niedrigeren Marktanteil als in vergleichbaren Städten.Und das, obwohl Erdgas mit dem heutigen Preisniveau absolut wettbewerbsfähig ist.Das liegt daran, daß das Thema Umweltschutz ein wenig aus der Mode gekommen ist und sich die Heizölpreise auf einem historisch niedrigen Niveau befinden.Viele Verbraucher haben vergessen, daß Heizöl ein preislich unberechenbarer Energieträger ist.Wir sind davon überzeugt, daß Gas das beste Produkt im Wärmemarkt ist.Wir gehen davon aus, daß wir unseren Marktanteil gegen die anderen Energieträger Heizöl, Kohle, Fernwärme ausbauen können.

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