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Wirtschaft: „Wir sind nicht Steigbügelhalter für andere“

Bahn-Vorstand Malmström: Keine Hilfe für Konkurrenten/Noch auf Jahre Bundesgelder für Schienennetz nötig

Stuttgart (hop). Die Bundesregierung wird ihre Zuschüsse für das Bahnnetz nicht so bald einstellen können. Davon geht Bernd Malmström, Vorstand der Deutschen Bahn für Güterverkehr und Chef der BahnTochter Stinnes, aus. Das Netz sei noch nicht voll leistungsfähig. Malmström sagte dem Tagesspiegel: „Ich gehe davon aus, dass es noch einige Jahre brauchen wird.“ Die Kosten werde die Bahn jedoch nicht tragen können. Der Konzern zahle jährlich bereits etwa 750 Millionen Euro Trassen- und Anlagengebühren. „Für Neubau und Substanz-Erneuerung ist der Bund zuständig.“ Bei einem möglichen Börsengang der Bahn im Jahr 2005 sieht Malmström daher als Voraussetzung, „dass die vom Gesetz garantierten Bundesmittel für die Infrastruktur verstetigt und festgeschrieben werden“.

Malmström lehnte eine Abtrennung des Schienennetzes vom Bahnkonzern ab. Das gefährde das Geschäft: „Eine abgetrennte Infrastruktureinheit optimiert das Netz nach eigenen Gesichtspunkten und nicht mehr für seine Kunden.“ So könnte der Gütertransport empfindlich gestört werden, wenn es auf einer Strecke zuviele Baustellen gleichzeitig gebe, die ein unabhängiger Netzbetreiber aber vielleicht für nötig halte.

Malmström widersprach Vorwürfen, Netz und Betrieb müssten getrennt werden, weil die Bahn den Wettbewerb auf der Schiene behindere: „Wettbewerber werden durch die Bahn nicht benachteiligt.“ Niemand könne jedoch erwarten, dass die Bahn Wettbewerbern helfe: „DB Cargo oder der DB Personenverkehr sind nicht die Steigbügelhalter für andere.“

Zum Mitbewerber Connex, der die Aufnahme seiner Zugverbindungen in das Kursbuch der Bahn einzuklagen versuchte, sagte Malmström: „Wieso sollten wir das tun? Wenn Connex seine Kunden informieren will, sollte Connex auch eigenes Marketing betreiben. Im übrigen druckt auch die Lufthansa in ihren Flugplänen keine Verbindungen der Konkurrenz ab.“ Er forderte: „Wenn wir Wettbewerb haben, müssen wir das auch praktizieren.“

Insbesondere beim Wettbewerb mit der Straße – dem Gütertransport per Lkw – sei die Bahn außerdem selber stark benachteiligt. Die Bahn belastet ein hoher Anteil fester Kosten: „Lokomotiven kann man nicht sofort verkaufen, wenn weniger Transporte anfallen.“ Außerdem fielen für Rangierbahnhöfe immer die gleichen Kosten an, egal wie viel die Bahn dort umsetze. Im Gegensatz dazu seien Speditionen zweifach im Vorteil. „Ein Spediteur hat heute keine eigenen Lkw mehr, sondern beschäftigt Subunternehmer.“ In Zeiten mit nur wenigen Aufträgen fallen so zum Beispiel die Kosten für den Unterhalt der Lkw weg. Außerdem tragen nach Ansicht der Bahn die Spediteure nur einen Bruchteil der Kosten, die sie verursachen. Dieses Ungleichgewicht werde langsam beseitigt. Malmström sagte: „Die geplante Lkw-Maut ist schon ein richtiger Ansatz, aber noch nicht ausreichend. Sie muss im Laufe der nächsten Jahre deutlich erhöht werden.“

Trotz aller Probleme rechnet die Bahn jedoch damit, in den kommenden Jahren sowohl mehr transportieren als auch höhere Gewinne machen zu können. Zurzeit schreibt DB Cargo bereits einen kleinen Gewinn. Bereits für 2005 werde aber eine Kapitalrendite von gut zehn Prozent angepeilt. Damit trage DB Cargo seinen Teil dazu bei, den Konzern bereit für einen möglichen Börsengang zu machen, den Bahn-Chef Mehdorn schon 2004 oder 2005 für möglich hält.

Bis 2015 wird ein Zuwachs beim Gütertransport in Deutschland um insgesamt rund 60 Prozent erwartet. Ein ähnliches Wachstum sei auch bei der Bahn möglich, unter bestimmten Bedingungen sogar eine Verdoppelung, sagte Malmström. So könne die Schiene ihren Marktanteil in Deutschland mindestens halten.

Eine wichtige Rolle spiele dabei der Logistikkonzern Stinnes, den die Bahn gerade gekauft hat und mit der DB Cargo zusammenführt. Zu Stinnes gehört auch die Spedition Schenker, mit einem europaweit verzweigten Vertriebsnetz. Die Bahn sei sehr großkundenabhängig, sagte Malmström. Mit den 400 größten mache sie 85 Prozent ihres Umsatzes. Doch zurzeit schreiben immer mehr Großkunden Transportleistungen in Paketen aus. Dabei müssen die Waren von dem ausgewählten Logistiker von der Werksrampe zum Kunden gebracht werden. „Das kann DB Cargo heute noch nicht anbieten“, sagte Malmström. Daher sei Schenker die ideale Ergänzung für die Bahn.

Außerdem könne die Bahn dank Schenker die Auslastung ihrer Güterzüge verbessern. „Schon heute gehen 50 Prozent unserer Verkehre über die Grenzen, und in der Regel kommen die Züge wieder leer zurück“, sagte Malmström. Der Grund: Die Bahn hat keine Vertriebsstruktur im Ausland. Durch den Schenker-Vertrieb werde sich das nun ändern.

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