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Wirtschaft: „Wir verkaufen Cola jetzt auch in Blumenläden“

Beatrice-Giullaume Grabisch, neue Deutschland-Chefin von Coca-Cola, über die WM, Dosenoffensiven und dicke Verbraucher

Frau Guillaume-Grabisch, kostet es eine Französin eigentlich große Überwindung, die uramerikanische Marke Coca-Cola zu verkaufen?

Nein, überhaupt nicht. Ich arbeite schon lange für amerikanische Firmen und trinke seit 20 Jahren Cola light. Für mich war es eher merkwürdig, damals aus den USA nach Frankreich zurückzukehren und festzustellen, dass es bestimmte Getränke hier noch nicht gab. Die musste ich mir immer aus den USA mitbringen.

Als Sie im Mai Deutschland-Chefin von Coca-Cola wurden, schrieb ein Branchenblatt, das sei der härteste Job der Branche. Wie wollen Sie das Geschäft wieder in Schwung bringen?

Zunächst einmal haben wir auf jeden Fall unsere WM-Ziele von drei Millionen Litern zusätzlich verkauften Getränken deutlich überschritten. Allein die Besucherzahlen der Fanmeilen haben die Erwartungen übertroffen und in Verbindung mit dem guten Wetter und der guten Stimmung für gute Umsätze gesorgt. Wir wollen die Nummer eins auf dem deutschen Markt bleiben. Wir werden versuchen, noch schneller zu sein und künftig noch mehr neue Produkte auf den Markt zu bringen, um aktuelle Verbraucherwünsche zu erfüllen.

Die vergangenen Geschäftsjahre haben Sie mit positiven Schlagzeilen nicht verwöhnt. Wie sind die aktuellen Erwartungen?

Sehr ermutigend. Insgesamt hatten wir einen eindeutig positiven Trend mit guten Verkäufen im dritten Quartal, ich bin auch für das vierte Quartal optimistisch.Wir haben Anfang des Jahres gesagt, dass wir eine Verdoppelung in den nächsten zehn Jahren anpeilen, unter anderem durch neue Geschäftsfelder.

Als das Dosenpfand eingeführt wurde, hat Coca-Cola sich geweigert, die Brause in Einwegflaschen der Discounter abzufüllen. Der Handel hat Coca-Cola aus den Regalen geräumt, seitdem gilt das Deutschland-Geschäft als Problemfall.

Die Entscheidung bestand darin, unsere weltbekannte Konturflasche nicht für kurzfristige Gewinnerwartungen einfach aufzugeben. Mittlerweile sind wir mit eigenen Packungen flächendeckend in die Discounter zurückgekehrt und haben dort im laufenden Jahr unseren Absatz um mehr als 60 Prozent auf rund 300 Millionen Liter gesteigert. Hier sehen wir weiteres Potenzial.

Sie haben inzwischen neue Dosen eingeführt und während der WM mit den Spielern der Nationalelf geschmückt, um die Sammelleidenschaft der Fans zu wecken. Ist die Dosenoffensive gelungen?

Aufgrund des Dosenpfandes waren Dosen vorübergehend aus den Regalen verschwunden. Inzwischen haben wir unseren Dosenanteil am Gesamtabsatz von rund einem Prozent im vergangenen Jahr auf aktuell über drei Prozent gesteigert.

Kaum drei Wochen nach dem Großereignis WM haben Sie Coke Zero auf den deutschen Markt gebracht, eine zuckerfreie Limo, gedacht für Männer zwischen 18 und 29. Warum die Eile?

Wir wollten den Motivationsschub, den die WM gebracht hat, für die Markteinführung des neuen Produkts nutzen. Das hat auch funktioniert. Wir haben mit Coke Zero in unserem Kernmarkengeschäft etwas Neues gebracht, das zusätzliche Kunden gewinnt, ohne dass Coke oder Coke light darunter leiden. Wir sind mit dem Start sehr zufrieden.

Wie viele Flaschen verkaufen Sie von der neuen Limo?

Über Zahlen reden wir nicht gern. Die bisherigen Daten belegen, dass Zero langfristig das Potenzial hat, ähnlich erfolgreich zu werden wie Coke light.

„Null Fett, null Kalorien, null Zucker“ verspricht die Zero-Werbung. Warum sollen ausgerechnet Männer Gefallen an dieser Limonade finden?

Wenn man ein Produkt nur für eine bestimmte Zielgruppe lanciert, hat man eine viel größere Chance auf dem Markt. Männer haben Coke light in der Vergangenheit nicht gut angenommen, weil sie sich nicht an Figurdiskussionen beteiligen wollten. Aber wir haben natürlich nichts dagegen, dass auch Frauen Coke Zero trinken.

Viele Verbraucher machen Konzerne wie Coca-Cola dafür verantwortlich, dass sie immer dicker werden, und greifen immer öfter zu Mineralwasser. Haben Sie die Gesundheit der Verbraucher nicht ernst genug genommen?

Doch. Wir haben uns früh auch auf andere Getränke wie Wässer, Säfte und Schorlen konzentriert.

Ihr Erzfeind Pepsi, der Sie inzwischen an Börsenwert überholt hat, war wieder schneller und besitzt unter anderem die größte Mineralwassermarke der USA.

In Deutschland ist Pepsi lange nicht so stark. Wir haben gerade die Marke Apollinaris gekauft und besitzen damit sechs Wassermarken in einem noch sehr fragmentierten Markt. Wir erwarten weiterhin ein deutliches Wachstum. Aber wir gehen auch davon aus, dass wir bei den Softdrinks weiter zulegen.

Was macht Sie so zuversichtlich?

Das liegt nicht nur am heißen Sommer. Wir werden auch immer stärker präsent sein – auch da, wo man es vielleicht gar nicht erwartet. So haben wir Tausende neuer Kühlgeräte in den Markt gebracht und bieten unsere Getränke mittlerweile auch in Blumengeschäften, Zeitungsläden oder Bekleidungsketten an. Damit setzen wir auf den Trend, dass Getränke immer häufiger unterwegs nachgefragt werden.

In Indien heißt Cola nur noch Pesti- oder Killer-Cola, weil der gemessene Pestizidgehalt viel höher war als erlaubt. Wütende Menschen haben Coca-Cola-Plakate vor laufender Kamera zerrissen. Spüren Sie die Folgen in Deutschland?

Nein, das war ein Untersuchungsfehler einer indischen Bürgerinitiative. Wir haben inzwischen nachgewiesen, dass wir in Indien sorgfältig produzieren und die Qualität einwandfrei ist. Unsere Marktforschung zeigt, dass der Markenwert in den letzten Monaten eher gestiegen ist.

Sie sind gerade dabei, Ihre bisher selbstständigen Abfüller unter dem Dach von Coca-Cola in Berlin zu vereinigen. Mit Ihrer Zentrale sind Sie schon vor drei Jahren von Essen in die Berliner Mitte gezogen. Was haben Sie vom neuen Zentralismus?

Wir profitieren sehr davon, weil Entscheidungen besser abgestimmt werden können, und hoffen, ein noch besserer Partner für den Handel zu werden. Mit schnelleren Managemententscheidungen und derselben Präsenz in der Fläche wie jetzt. Wir haben vor wenigen Wochen eine Absichtserklärung mit allen acht Abfüllern unterzeichnet, die für uns ein wichtiger Meilenstein war.

Ihren 9300 Mitarbeitern in den Abfüllbetrieben haben Sie zugesagt, bis 2009 auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten, im Tausch gegen flexiblere Arbeitszeiten und eine Nullrunde in diesem Jahr. Was wird nach der Restrukturierung mit den Arbeitsplätzen passieren?

Derzeit laufen die Verhandlungen für einen Abfüller in Deutschland. Sie werden verstehen, dass ich mich dazu nicht äußern kann. Berlin wird aber auch danach ein wichtiger Standort für uns bleiben.

Pepsi verdient viel Geld mit Snacks. Gibt es Chips und Müsliriegel demnächst auch von Coca-Cola?

Nein. Wir hatten immer eine andere Philosophie. Wir wollten uns immer nur auf nichtalkoholische Getränke konzentrieren, und dabei bleiben wir. Ich könnte mir eher vorstellen, dass wir neue Getränke für ältere Menschen entwickeln. Da gibt es sicher einen wachsenden Bedarf.

Das Gespräch führte Maren Peters.

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