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Wirtschaft: „Wir wollen keine Amerikanisierung des Arbeitsmarktes“

Herr Schreiner, brauchen wir in Deutschland einen Niedriglohnsektor? Es gibt bereits einen Niedriglohnsektor.

Herr Schreiner, brauchen wir in Deutschland einen Niedriglohnsektor?

Es gibt bereits einen Niedriglohnsektor. Rund 2,6 Millionen Menschen in Deutschland verdienen mit einem Vollzeitjob 1300 Euro brutto im Monat oder weniger. Das sind Armutslöhne.

Aber könnten nicht mehr Arbeitsplätze entstehen, wenn die Löhne sinken?

Wir wollen keine Amerikanisierung des Arbeitsmarktes. Es ist nicht vertretbar, wenn jemand mehrere Jobs annehmen muss, um zu überleben. Das Einkommen sollte die Existenz sichern. Um die Menschen aus der Armutsfalle herauszuholen, brauchen wir einen gesetzlichen Mindestlohn.

Wie hoch müsste der sein?

Ein Mindestlohn sollte sich bei rund acht Euro pro Stunde bewegen – das macht brutto etwa 1300 Euro im Monat. Unsere europäischen Nachbarn – etwa Großbritannien, Frankreich oder Luxemburg – haben auch Mindestlöhne in der Größenordnung.

Die Arbeitgeber kritisieren, dass Mindestlöhne Arbeitsplätze vernichten.

Diese Befürchtungen teile ich überhaupt nicht. In anderen europäischen Ländern gibt es keinen empirischen Beleg dafür, dass Arbeitsplätze verloren gegangen sind, weil Mindestlöhne eingeführt wurden.

Was versprechen Sie sich von staatlichen Lohnzuschüssen im unteren Einkommensbereich – den Kombilöhnen, wie die Union sie fordert?

Ich bin sehr skeptisch. Die Gefahr ist groß, dass daraus dauerhafte Subventionen werden, mit denen Unternehmen ihre Löhne senken. Die Arbeitskosten für geringqualifizierte Arbeitnehmer lassen sich vielleicht auch anders senken. Etwa, indem man über gestaffelte Freibeträge bei den Sozialabgaben für kleine Einkommen nachdenkt.

Das Interview führte Cordula Eubel.

Ottmar Schreiner (59) sitzt seit 1980 für die SPD im Bundestag. Der frühere Bundesgeschäftsführer ist Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA).

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