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Wirtschaft: „Wir wollten eine schicke Großstadt sein“

Herr Meisner, hat die Berliner Politik zu sehr auf Dienstleistungen gesetzt? Nein.

Herr Meisner, hat die Berliner Politik zu sehr auf Dienstleistungen gesetzt?

Nein. Was man in Berlin tun konnte, um die Industrie zu fördern und in der Stadt zu halten, haben wir getan. Dabei ging es auch darum, Schrumpfungsprozesse zu verlangsamen. Denn ob eine Entwicklung von den Menschen als Katastrophe oder als normaler Prozess wahrgenommen wird, hängt auch vom Zeitfaktor ab.

Mehr als 200000 Industriejobs sind aber mittlerweile weg. Das ist doch eine Katastrophe.

Ja. Im Großen und Ganzen würde ich aber nicht viel anders machen. Womöglich hätten wir lauter gegen die Treuhandpolitik protestieren müssen. Wenn die Treuhand die Entwicklung in den Betrieben stärker gefördert hätte, also etwas mehr Sanierung und weniger schnelle Privatisierung, dann wäre das für die Arbeitsplätze gut gewesen.

Hat der Traum von der Dienstleistungsmetropole nicht zu einer Vernachlässigung der Industrie geführt?

Natürlich wollten wir auch eine schicke Großstadt sein mit vielen kreativen Menschen, die hinter Glasfassaden arbeiten. Weil alle dachten, Berlin würde es jetzt gut gehen, sind die Bundeshilfen für den Berliner Haushalt und die Unternehmen viel zu schnell abgebaut worden.

Haben wir eine Chance auf neue Industriearbeitsplätze?

Ich glaube nicht. Man kann den Strukturwandel hin zu mehr Dienstleistungen vielleicht ein wenig steuern und verlangsamen, aber man kann sich dem nicht entgegenstellen.

Das Gespräch führte Alfons Frese.

Norbert Meisner war in den Jahren 1991 bis 1996

Wirtschaftssenator in Berlin.

Danach arbeitete der SPD-Politiker als Berater.

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