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Wirtschaft: „Wir zahlen gerne hohe Löhne“

Der traditionsreiche Maschinenbauer IKS Klingelnberg hat das beste Jahr seiner Geschichte hinter sich – und will weiter expandieren

Waidenhof bei Linz - Im nächsten Jahr geht es in die Metropole. Statt in Hückeswagen (Bergisches Land), Geringswalde (Sachsen) oder Waidenhof (Österreich) versammeln sich die Führungskräfte der IKS Klingelnberg GmbH zu ihrer Jahresklausur erstmals in Paris. Das hat Firmenpatriarch Diether Klingelnberg versprochen – wenn die Umsatzrendite vor Steuern im zu Ende gehenden Jahr mindestens 10,3 Prozent erreicht. Die teure Reise ist kaum noch zu verhindern. Die Klingelnberg-Gruppe, die seit fast hundert Jahren Messer und Werkzeuge produziert, hat das beste Jahr ihrer Geschichte hinter sich. Die Erfolgsgrundlage benennt der 61-jährige Klingelnberg grinsend: „Ich bin seit einem Jahr pensioniert.“ Das Familienunternehmen führt nun, in siebter Generation, der 34-jährige Sohn Jan.

Der Alte ist ein Schlitzohr. Er gehört zu den vielen mittelständischen deutschen Maschinenbauern, die mit ihren Produkten an der Weltspitze stehen. Und die gerne mal rumpoltern. Klingelnberg, von 2001 bis 2004 Präsident des deutschen Maschinenbaus, hat nach eigenem Bekunden „1996 gemerkt, dass der Kohl Mist macht und sich nicht für die Wirtschaft interessiert“. Er trat aus der CDU aus und verlegte seinen Wohnsitz nach Belgien, um später, ohne lästige Erbschaftssteuern, den Betrieb in Hückeswagen bei Remscheid seinem Sohn zu übergeben. Der wohnt in der Schweiz, wo auch die Holding des Bereichs Maschinenbau sitzt. Die Holding für die Messerfertigung ist in Luxemburg ansässig. Der Pensionär Klingelnberg pendelt zwischen Wohn- und Feriensitzen in Belgien, der Schweiz und den USA sowie, inzwischen seltener, den vielen Fertigungsstandorten in aller Welt.

„Jeden Tag haben Sie mit einem Produkt zu tun, das von einem unserer Messer geschnitten worden ist“, sagt Thomas Meyer, Geschäftsführer der IKS Klingelnberg. Das betrifft Klopapier, furnierte Holzflächen oder Gummireifen. In Waidhofen, eine Autostunde von Linz entfernt, hat das Unternehmen zur Betriebsbesichtigung eingeladen. Vor fünf Jahren hat der alte Fuchs Klingelnberg die IKS übernommen – die er erst 1996 mit ordentlichem Gewinn an amerikanische Finanzinvestoren verkauft hatte. 160 Mitarbeiter schleifen, fräsen und härten in Waidhofen alle möglichen Messer und Werkzeugteile – für das hauchdünne Schneiden von Holzfurnieren zum Beispiel oder für die Enthäutung von Fischen.

Waidhofen ist ein schöner Standort, denn es gibt nur einen Körperschaftsteuersatz von 25 Prozent und keine Gewerbesteuer. Und Verluste von Töchtern in EU-Ländern können hier mit Gewinnen verrechnet werden. Ansonsten sind die Unterschiede zu den deutschen Standorten nicht sehr groß. Die Arbeitskosten pro Stunde liegen am Stammsitz Remscheid mit 23,53 Euro zwar über denen in Österreich (21,75 Euro); im schleswig-holsteinischen (18,97 Euro) und im sächsischen Standort Geringswalde (16,39 Euro) aber deutlich darunter. Die wöchentliche Arbeitszeit ist mit 38,5 Wochenstunden in Österreich sogar unter dem deutschen Niveau von 40 Stunden. Die drei deutschen Werke gehören keinem Tarifverband an, können also Löhne und Arbeitszeiten frei festlegen. In Österreich dagegen gibt es eine Zwangsmitgliedschaft im Arbeitgeberverband; die dort vereinbarten Tariferhöhungen müssen gezahlt werden.

In sieben Fabriken in Europa und einer weiteren in Schanghai produziert der Weltmarktführer IKS Klingelnberg mit gut 1000 Mitarbeitern Messer für die Industrie mit einem Umsatz von 110 Millionen Euro in diesem Jahr. Die vielen Standorte erleichtern die Präsenz in den jeweiligen Märkten. Da die einzelnen Betriebe höchstens 200 Mitarbeiter haben, gibt es keine freigestellten Betriebsräte und „keinen Ärger mit Gewerkschaften“, wie Klingelnberg sagt. Er will mit der Belegschaft kooperieren, nicht mit der Gewerkschaft.

In den drei deutschen Messerfabriken kommt die IG Metall nicht vor, Lohnerhöhungen setzt die Geschäftsführung fest. 2005 gab es eine Einmalzahlung, 2006 gibt es zwei Prozent mehr, das Weihnachts- und Urlaubsgeld hängt vom Betriebsergebnis ab. Das Geld spielt für Klingelnberg nicht die entscheidende Rolle, obwohl die Lohnkosten gut ein Drittel der Herstellungskosten ausmachen. „Wir zahlen gerne hohe Löhne, Zuschläge und Prämien. Für uns ist die Flexibilität aber viel wichtiger.“ Die Möglichkeit, rund um die Uhr und am Wochenende zu arbeiten.

In Österreich geht das, in Deutschland nicht. Auch in Frankreich ist es schwierig. Die Übernahme einer französischen Messerfirma scheiterte, was Klingelnberg nicht von weiteren Akquisitionen abhält. In Nordamerika, Asien und Deutschland sind schon Übernahmekandidaten identifiziert. Der Umsatz könnte in den nächsten drei bis fünf Jahren um 50 Millionen Euro steigen. „Wir kaufen weiter zu“, kündigt der Patron an, und als „letzten Baustein“ hat er eine Firma in Japan im Blick.

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