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Ölpreis sinkt: Wird jetzt das Tanken wieder billiger?

Die Ölpreise sinken, weil die Industrieländer ihre Reserven anzapfen wollen. So soll eine durch den Libyenkrieg bedingte Versorgungslücke verhindert werden.

Ob Autofahrer mit billigerem Sprit an den Zapfsäulen rechnen können, hängt davon ab, wie lange der Ölpreis auf einem niedrigeren Niveau bleibt. Das ist die Prognose von Claudia Kemfert, Energieexpertin am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. Allein aufgrund des größeren Angebots an Öl auf den Märkten, dürfte der Preis durchaus niedrig bleiben. Da zudem die Nachfrage nach Öl und Benzin bisher nicht stark angestiegen sind, sollte der Benzinpreis nun ebenfalls sinken, schätzt Kemfert.

In den USA dagegen rechnet der Think Tank Center for American Progress, der dem Präsidenten Barack Obama nahesteht, mit einem deutlich sinkenden Benzinpreis. Zwischen 25 und 35 Dollar-Cent pro Gallone (rund 3,7 Liter) könnten die Konsumenten sparen, rechnet Daniel J. Weiss vor.

Rainer Wieck, Chefredakteur des Energie Informationsdienstes (EID), erwartet auch für Deutschland sinkende Benzinpreise. „Es ist ein so starker Rückgang, dass der Verbraucher das merken muss“, meint er. Zumindest im Netz der Total-Tankstellen sei der Benzinpreis am Donnerstag bereits gesunken, ließ der Konzern mitteilen. Im Schnitt koste der Sprit im Vergleich zum Vortag einen Cent pro Liter weniger. ADAC-Sprecher Jürgen Albrecht aber hält es für „keineswegs sicher“, dass die Preissenkung merklich an allen Zapfsäulen zu spüren sein wird.

Und ob die Preissenkung von Dauer sein wird, kann niemand sagen. Auch Total-Sprecher Manuel Fuchs will keine Prognosen für die weitere Zukunft anstellen. In erster Linie hängt der Preis davon ab, ob der Ölpreis so niedrig bleibt. Das ist nach Einschätzung des Energie-Experten Wieck deshalb so schwer vorher zusagen, weil zur Ölpreisentwicklung nicht nur Marktmechanismen wie Angebot und Nachfrage gehören, sondern auch eine Menge Psychologie. „Eigentlich hätte der Markt das zusätzliche Öl nicht gebraucht“, ist er sich sicher. Auch Karin Retzlaff, Sprecherin des Mineralölwirtschaftsverbandes (MWV) erkennt „weiche Faktoren, wie Ankündigungen, Einschätzungen und Befürchtungen“ einen großen Einfluss auf den Ölpreis zu. Die aktuelle Entwicklung des Preises stützt ihre These. Denn bisher ist das Öl noch gar nicht auf dem Markt. Trotzdem haben die Börsen schon mit sinkenden Preisen darauf reagiert.

Die Kosten für Rohöl sind allerdings nicht der einzige wichtige Einfluss auf den Benzinpreis. „Preise werden einfach am Markt gemacht“, sagt Fuchs. Und dazu gehört vor allem der Preis des bereits raffinierten Produkts. Das wird in Europa an der Rotterdamer Ölbörse gehandelt. Und der Preis dort muss nicht immer direkt vom Rohölpreis abhängen, sagt die MWV-Sprecherin.

Weitere Bestandteile des Benzinpreises an den Tankstellen sind Angebot und Nachfrage. Die können nach Angaben von Fuchs auch regional sehr unterschiedlich sein, je nachdem wie viele Tankstellen es gibt. Das dürfte in Berlin in der kommenden Woche zu beobachten sein, wenn die Sommerferien beginnen. Unter anderem wegen der höheren Nachfrage zu solchen Terminen steigen die Preise an den Tankstellen zu Ferienbeginn regelmäßig. Fuchs argumentiert dagegen, Deutschland habe grundsätzlich aber ein dichtes Tankstellennetz, weshalb es einen scharfen Wettbewerb auf dem Benzinmarkt gebe. Das führe zu den viertniedrigsten Spritpreisen in Europa — vor Steuern allerdings. Und die betragen nach ADAC- Angaben rund 90 Cent pro Liter.

Immerhin waren die Rohölpreise an den internationalen Märkten am Donnerstag um mehr als fünf Prozent eingebrochen, nachdem die Internationale Energieagentur (IEA) angekündigt hatte, dass 28 Staaten ihre Ölreserven anzapfen wollen. Vor allem die USA, deren Wirtschaft in der Krise steckt, sollen Druck gemacht haben. Der Grund liegt auf der Hand. Weiss argumentiert, dass das Bruttoinlandsprodukt in den USA um 0,1 bis 0,2 Prozent steige, wenn der Ölpreis zehn Dollar niedriger liege. Außerdem ist der Verkauf von 30 Millionen Barrel (159 Liter) ein Segen für den klammen Haushalt der US-Regierung. Das Center for American Progress rechnet mit Einnahmen von rund 2,5 Milliarden Dollar. Die USA und Deutschland hatten zuletzt 2005 nach der Katrina-Katastrophe in New Orleans ihre strategischen Ölreserven angezapft.

Im Rahmen der international abgestimmten Aktion gibt die deutsche Regierung 4,2 Millionen Barrel für den Markt frei. Die 28 IEA-Mitgliedsstaaten wollen im kommenden Monat Förderausfälle in Libyen mit insgesamt 60 Millionen Barrel ausgleichen, hieß es in der IEA-Erklärung. In Libyen ist wegen des Krieges die Produktion zusammengebrochen.

Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums führte jedoch auch eine steigende Nachfrage nach Öl und Benzin zu der Entscheidung. Dazu habe beigetragen, dass das Ölkartell Opec entschieden hat, nicht mehr Öl zu fördern, um den Ausfall aus Libyen zu kompensieren. „Für Deutschland ist natürlich klar gewesen, dass wir uns im Sinne internationaler Solidarität an dieser koordinierten Maßnahme beteiligen“, sagte Ministeriumssprecher Holger Schlienkamp. mit deh/dpa

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