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Wirtschaft: Wirtschaft 2000: Milliardenpoker um die digitale Wundertechnik

Vier Buchstaben haben in diesem Jahr nicht nur die Telekommunikationsbranche in Atem gehalten. Weil die Preise für die Lizenzen immer Schwindel erregendere Höhen erreichten, interessierte sich plötzlich die ganze Republik für UMTS.

Vier Buchstaben haben in diesem Jahr nicht nur die Telekommunikationsbranche in Atem gehalten. Weil die Preise für die Lizenzen immer Schwindel erregendere Höhen erreichten, interessierte sich plötzlich die ganze Republik für UMTS. UMTS steht für "Universales Mobiles Telekommunikations-System" und ist der Name für den Mobilfunkstandard der dritten Generation. Der soll ab Ende des Jahres 2001 sehr langsam aber sicher den Mobilfunkstandard GSM, in dem die heutigen D- und E-Netze arbeiten, ersetzen. UMTS, so lauten die Versprechen, soll die mobile Kommunikation revolutionieren: Die Hochgeschwindigkeitstechnik kann Daten mit bis zu zwei Megabit pro Sekunde übermitteln. Sie ist damit bis zu 30 Mal schneller als ISDN und bis zu 200 Mal schneller als heutige Handys. Jedenfalls in der Theorie, denn bis heute wird UMTS nur im Testbetrieb gefahren.

Die hohen Übertragungsraten bringen Mobilfunk und Internet zusammen. Aus Handys sollen wahre Multimedia-Wundergeräte werden: unterwegs im Internet surfen, statt einer Postkarte aus dem Urlaub gleich ein Video vom Strand nach Hause schicken, mobil Bankgeschäfte und Einkäufe erledigen, sich die neuesten vom Makler angeboten Wohnungen auf dem Display anschauen und noch vieles mehr. Die Telekommunikationskonzerne wittern das große Geschäft.

Spannend wurde es im August, als die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post in ihrem Gebäude im Mainz die Lizenzen für den Betrieb eines UMTS-Netzes versteigerte. Der Präsident der Behörde, Klaus-Dieter Scheurle, stieg zum Medienstar auf. Sieben Bieter traten in der ehemaligen Kaserne zur Versteigerung an. Sechs waren am Ende erfolgreich: die vier deutschen Mobilfunkbetreiber T-Mobil (die Mobilfunkgesellschaft der Deutschen Telekom), Mannesmann-Vodafone (D2), E-Plus, Viag Interkom und die Neueinsteiger Group 3G (ein Konsortium aus der spanischen Telefongesellschaft Telefónica und der finnischen Sonera) und Mobilcom im Verbund mit France Télécom. Die Gesellschaften zahlten zwischen 16,5 und 16,7 Milliarden Mark pro Lizenz, so dass Bundesfinanzminister Hans Eichel am Ende die unglaubliche Summe von 99,4 Milliarden Mark auf dem Konto des Bundes verbuchen konnte.

Kein Wunder, dass die enormen Einnahmen auch große Begehrlichkeiten weckten. Doch Eichel blieb hart, er folgte weiter seinem Sparkurs. Für ihn stand UMTS nämlich für "Unerwartete Mehreinnahmen zur Tilgung von Staatsschulden". Lediglich die eingesparten Zinsen gab er zur Verteilung frei. 15 Milliarden Mark fließen daher im kommenden Jahr in den Ausbau der Straßen, die Sanierung von Altbauten, in die Förderung der Forschung und die Modernisierung des Bahnnetzes.

Außer in Deutschland wurden in diesem Jahr auch in vielen anderen europäischen Ländern Lizenzen vergeben oder versteigert. Am teuersten waren die Konzessionen in Deutschland und Großbritannien. Am erfolgreichsten beim Lizenz-Poker war der weltgrößte Mobilfunkanbieter: die britische Vodafone. Vodafone hat allein in Europa weit mehr als 40 Milliarden Mark für UMTS-Lizenzen ausgegeben.

Für die Telekommunikationskonzerne hat das Geldausgeben mit dem Erwerb der Lizenzen gerade erst angefangen. Denn im Jahr 2001 stehen ihnen nochmals Milliardenausgaben für den Aufbau der neuen Mobilfunknetze ins Haus. Die Frage ist, ob es ihnen gelingt, die enormen Kosten am Ende auf die Kunden abzuwälzen. Doch dass wissen wir erst im Jahr 2002, wenn UMTS endlich angeboten wird.

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